30.10.2012 Aufrufe

Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das obige Bordt Zitat fasst das Sonnengleichnis, sowie die im Anschluss von SOKRATES<br />

selbst gelieferte Interpretation knapp und bündig zusammen. Was können wir aus dem<br />

Gleichnis lernen? Jemand, der sich für die antike Geschichte der Optik interessiert, kann<br />

dem Gleichnis zunächst einmal entnehmen, dass es <strong>Platon</strong> noch für angemessen hielt,<br />

zwischen Sichtbarkeit der Objekte und dem Sehen der Objekte durch unser Auge zu<br />

unterscheiden. Das ist aber sicherlich nicht der Typus von Information, der hier vorrangig<br />

interessiert.<br />

Es werden durch das Gleichnis drei gleichermaßen steile, wie begründungsfrei<br />

vorgetragene Behauptungen präsentiert:<br />

● Die Idee des Guten ist der Grund für die Erkennbarkeit der Dinge;<br />

● Die Idee des Guten aktiviert unser Denken (die Vernunft);<br />

● Die Idee des Guten ist die Ursache des Seins bzw. Soseins alles Existierenden.<br />

Durch Verwendung der Metapher Sonne – ein Ursymbol für Göttlichkeit – und die<br />

(absichtlich eingesetzte?) Dreiheit der Behauptungen bekommt das Ganze einen etwas<br />

religiösen Beigeschmack. 112 Wir sind jetzt aber zumindest deutlich über die Bedeutung die<br />

der platonische SOKRATES der Idee des Guten beimisst informiert.<br />

Man kann das Sonnengleichnis dazu benutzen, um einige für den platonischen SOKRATES<br />

typische Grundüberzeugungen zu beleuchten:<br />

Die Idee des Guten ist die höchste aller Ideen.<br />

Die Welt der Ethik (der nach moderner Sicht die Idee des Guten wohl zuzurechnen<br />

ist) dominiert alle Aspekte des Seins und des Erkennens.<br />

Es gibt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Ethischem und Nicht-Ethischem.<br />

Wir sind dieser Sichtweise schon im Dialog Menon begegnet. Die Seele hat die<br />

Welt der Ideen geschaut und kann sich deswegen (angemessenes Bemühen<br />

vorausgesetzt) gleichermaßen an mathematische Tatsachen (Wie verdoppelt man<br />

die Fläche eines Quadrats?) wie ethische Tatsachen (Was ist das Wesen der<br />

Tugend?) erinnern.<br />

Mit etwas Großzügigkeit kann man das Sonnengleichnis auch als Beleg dafür<br />

heranziehen, dass nur das Denken (und nicht der Gebrauch der Sinne) den Weg zu<br />

echter Erkenntnis ebnet. Schließlich wird nur das Denken, nicht aber der Gebrauch<br />

der Sinne, durch die Idee des Guten aktiviert.<br />

Die Radikalität, mit der der platonische SOKRATES die Idee des Guten zur Grundlage<br />

jedweder Art von Erkenntnis macht, ist für uns heute etwas befremdlich.<br />

Wie läßt sich die Behauptung verständlich machen, daß ohne die Idee des<br />

Guten überhaupt keine Erkenntnis möglich ist und die Idee des Guten insofern<br />

noch über dem Wesen und dem Sein steht? Daß jemand wissen muß, was das<br />

Gute ist, um wissen zu können, was eine bestimmte Tugend ist, ist<br />

unproblematisch (...). Problematisch ist aber die These, daß jemand zur<br />

Erkenntnis von Dingen, die mit Ethik und Moral gar nichts zu tun haben,<br />

wissen muß, was das Gute ist. Spätestens seit Immanuel Kants Unterscheidung<br />

zwischen theoretischer und praktischer Vernunft unterscheidet man zwischen<br />

objektiven Tatsachen und Wertvorstellungen. 113<br />

Man wird hier daran erinnert, dass auch die für uns heute selbstverständlichsten Unterscheidungen<br />

erst einmal gefunden werden mussten.<br />

Kommen wir zum nächsten Gleichnis, dem Liniengleichnis.<br />

112 Die Dreiheit als Ausdruck von Heiligkeit war in der <strong>Antike</strong> bei religiösen Kulten schon lange vor der Erfindung der<br />

Heiligen Dreieinigkeit durch das Christentum gebräuchlich.<br />

113 M. Bordt: <strong>Platon</strong>. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder. S. 91<br />

-57-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!