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Antike Philosophie: Platon - Mathematik ... - Griechische Antike

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EUTHYPHRON: Fromm ist also das den Göttern Angenehme, aber das ihnen nicht<br />

Angenehme ist gottlos.<br />

SOKRATES verweist (zu recht) darauf, dass die Götter der griechischen Mythologie<br />

untereinander in Vielem uneins sind und dass deswegen diese Erläuterung nicht wirklich<br />

klärend sei. Nach einem entsprechenden Vorschlag von SOKRATES verbessert sich<br />

EUTHYPHRON darauf hin zu:<br />

EUTHYPHRON: Ich möchte sagen: Fromm ist das, was alle Götter lieben, und das Gegenteil<br />

davon, das, was alle Götter hassen, gottlos.<br />

SOKRATES: Wollen wir nun nicht auch erwägen, lieber Euthyphron, ob dieser Satz richtig ist,<br />

oder wollen wir ihn auf sich beruhen lassen und so ohne weiteres mit uns und mit anderen<br />

zufrieden sein, indem wir einfach Ja dazu sagen, wenn einer nur behauptet, etwas<br />

verhalte sich so und so? oder sollen wir näher zusehen, wie es mit dem steht, was einer<br />

sagt?<br />

EUTHYPHRON: Wir müssen näher zusehen; doch glaube ich, daß das jetzt Gesagte richtig ist.<br />

Man hat jetzt eine (halbwegs) befriedigende lexikalische Definition gefunden. Aber damit<br />

gibt sich SOKRATES nicht zufrieden. Wenn man genauer hinschaut, war dies gar nicht sein<br />

eigentliches Problem. Es war SOKRATES selbst, der EUTHYPHRON die obige Definition<br />

vorschlug. Zum Beleg: Kurz vor der oben zitierten Passage lesen wir nämlich:<br />

SOKRATES: (...) Doch wollen wir jetzt unsere Erklärung dahin berichtigen, daß was alle<br />

Götter hassen, gottlos ist, was sie aber lieben fromm, was aber die einen lieben und die<br />

anderen hassen, keines von beiden ist oder beides? Willst du, daß dies jetzt unsere<br />

Definition von Fromm und Gottlos sein soll?<br />

Auch an einer filigraneren Ausgestaltung dieser lexikalischen Definition hat SOKRATES kein<br />

Interesse. Er wechselt vielmehr im unmittelbaren Anschluss an EUTHYPHRONS Zustimmung<br />

zur von ihm vorgeschlagenen lexikalischen Definition deutlich die Diskussionsebene. Jetzt,<br />

mit Kapitel zwölf, findet der wirklich interessante Teil des Dialogs statt. Worauf SOKRATES<br />

hinaus will, wird bereits zu Beginn des Kapitels zwölf deutlich.<br />

SOKRATES: (...) Wird das Fromme von den Göttern geliebt, weil es fromm ist, oder ist es<br />

fromm, weil es geliebt wird?<br />

SOKRATES verlässt nun den Rahmen einer rein lexikalisch orientierten Definitionsdiskussion.<br />

Er markiert dabei den wunden Punkt naiv religiöser Begründungen von ethischen Normen: Sind diese<br />

Normen nur dadurch begründet, dass sie von einer/allen Gottheit(en) für erwünscht erklärt werden,<br />

oder gibt es für die Geltung dieser Normen tiefere Gründe? Sind die religiös vermittelten Normen nur<br />

Geschmacksurteile der Götterwelt oder offenbart uns die Götterwelt ethische Wahrheiten? Wenn es<br />

solche ethischen Wahrheiten gibt, warum können/sollen Menschen sie dann nicht selbst erkennen?<br />

Wie sich später (Kapitel dreizehn) ganz deutlich zeigt, ist für SOKRATES die Beantwortung<br />

der Frage, warum die Götter das lieben, was sie lieben, ein entscheidender Teil der<br />

Begriffsklärung von fromm. Weil diese Klärung nicht gelingt, gilt der Definitionsversuch als<br />

gescheitert. Zurück zu Kapitel zwölf: Nachdem SOKRATES EUTHYPHRON das Zugeständnis<br />

entlockt hat, dass die Götter das, was sie lieben, eben deswegen lieben, weil dieses<br />

Göttergeliebte fromm ist, erklärt SOKRATES dieses Zugeständnis schon wenige Zeilen später<br />

für unverträglich mit der von EUTHYPHRON gebilligten Definition von fromm und sieht den<br />

Definitionsversuch als gescheitert an.<br />

Leider ist die Argumentation hierzu nicht wirklich klar ausgeführt. Bevor ich die<br />

entsprechenden Passagen zitiere, werde ich deswegen eine kurze Rekonstruktion des<br />

entscheidenden Arguments anbieten. Diese Rekonstruktion enthält ein Stück durchaus<br />

riskanter Interpretation. (Ohne riskante Interpretationen kommt man halt selbst bei frühen<br />

<strong>Platon</strong> Dialogen nicht weit.) Ich hoffe nur, diese Interpretation ist wenigstens hilfreich.<br />

● Vor der unten angeführten Stelle lässt sich SOKRATES von EUTHYPHRON bestätigen,<br />

dass das Geliebte und das Lieben zwei verschiedene Dinge sind.<br />

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