Georg Steller: Rückersdorf Krs. Sprottau - Familie Spiegel in Radeberg
Georg Steller: Rückersdorf Krs. Sprottau - Familie Spiegel in Radeberg
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her festgehalten. 49 Die Zeichnung zeigt den Gutshof aus der Vogelschau.<br />
Auf e<strong>in</strong>em hohen Mast war e<strong>in</strong> Taubenhaus. E<strong>in</strong>e L<strong>in</strong>denallee<br />
führte zum Schloß, das mit Wallgraben und Zugbrücke versehen war.<br />
Beim Umbau 1759 wurden die Wappentafeln der von Knobelsdorff<br />
entfernt, die Nordseite des Zentralbaues erhielt e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Turm.<br />
Die <strong>in</strong> den Turmknopf e<strong>in</strong>gelegten Urkunden von 1759 fand man 1922<br />
beim Öffnen der Kapsel. Es wird zwar 1764 von Bau und Reparatur<br />
des Schlosses gesprochen (Codex 31,11), aber diese Jahreszahl ist<br />
zweifelhaft.<br />
2. Der Gutsherr wohnte <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>; Amtsleute verwalteten das<br />
Rittergut. Diese Amtsleute, u. a. Oberamtmann Karger, versuchten,<br />
die Untertanen zu erhöhten Diensten zu zw<strong>in</strong>gen. Mehrfach<br />
haben die Bauern geschlossen gestreikt. Wurde e<strong>in</strong> Bauer wegen<br />
Ungehorsamkeit zur Strafe <strong>in</strong> den Stock gelegt — der Stock bestand<br />
aus zwei übere<strong>in</strong>andergelegten, an den Enden geschlossenen Balken<br />
mit zwei Löchern, durch die die Be<strong>in</strong>e gesteckt wurden — so verweigerten<br />
die übrigen Bauern tagelang die Hand- und Spanndienste.<br />
Im Schloßarchiv Rückersdorf gaben die Berichte der Verwalter an<br />
den Grafen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Bild von den Spannungen<br />
zwischen der Gutsherrschaft und der Bauernschaft. 50 Die Bauern erreichten<br />
dadurch, daß sie nur viermal <strong>in</strong> der Woche auf dem Gutshof<br />
ersche<strong>in</strong>en mußten (2 Tage Fuhrdienste, 2 Tage Handdienste), im<br />
Gegensatz zu den Nachbardörfern Hartau, Wittgendorf, Herwigswaldau,<br />
deren Bauern wöchentlich sechsmal auf dem Rittergut<br />
Robotdienste tun mußten (Quelle vgl. Anm. 12). Im Jahre 1763 wurde<br />
e<strong>in</strong>e Dorf- und Gutsübersicht angelegt: Beschaffenheit des Dorfes,<br />
Umstände der E<strong>in</strong>wohner und Untertanen, der Müller und der Fischerei,<br />
Verordnungen betr. Brau- und Branntwe<strong>in</strong>brennerei (Codex<br />
31, 11). Der Verfasser hatte e<strong>in</strong>e (jetzt verlorene) Abschrift angefertigt;<br />
diese Dorfbeschreibung hätte e<strong>in</strong>e besondere Veröffentlichung<br />
verdient. Vermutlich wurde sie angelegt, um Unterlagen für e<strong>in</strong>e<br />
neue Verpachtung des Rittergutes zu haben. Sehr aufschlußreich war<br />
u. a. die Beköstigung des Gutsges<strong>in</strong>des, für das der Speiseplan für<br />
jeden Tag der Woche angegeben war. Fleisch gab es nur viermal im<br />
Jahre, bei den großen kirchlichen Festen und bei der Kirmes. Dann<br />
wurden aber ungeheure Mengen vertilgt. Sonst gab es täglich bei<br />
den drei Mahlzeiten nur Mehlsuppen, Hirsebrei, Erbsen, Graupen,<br />
49<br />
Die Zeichnung des Schlosses R. enthielt das Exemplar der Breslauer<br />
Stadtbibliothek (Foto bis 1945 im Laubemuseum <strong>Sprottau</strong>). — E<strong>in</strong> Bild des<br />
Schlosses von 1935 <strong>in</strong> HB 1957/4 S. 13.<br />
50<br />
<strong>Steller</strong>, Die Rückersdorf er Bauern kämpfen (<strong>Sprottau</strong>er Tgbl. v. 1. u.<br />
6. 1. 1935).<br />
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