75 Jahre Sozialdemokraten in Paderborn - SPD Paderborn

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10 beim 1. Deutschen Demokratenkongreß im Juni 1848 in Frankfurt auf. Rempel gründete 1848 in Bielefeld die Wochenzeitschrift „Der Volksfreund", die sich als Organ der „sozialen Demokratie" verstand, engen Kontakt mit den damals zum ersten Mal entstehenden Arbeitervereinigungen hielt und ihrem Programm nach einen Vorläufer für die Sozialdemokratie der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bildete. (Der Paderborner Verlag Junfermann hat 1983 einen Reprint der Zeitschrift herausgebracht.) Der erste Westfälische Demokratenkongreß fand im September 1848 auf Einladung Lünings und Rempeis in Bielefeld statt. Der zweite Westfälische Demokratenkongreß tagte am 18./19. 11. 1848 in Münster. Initiatoren waren die Demokraten-Vereine in Bielefeld und Paderborn. Auf dem Kongreß in Münster trat neben Rempel vor allem Franz Löher hervor, Gerichtsreferendar in Paderborn und Vorsitzender des Paderborner Demokratischen Volksvereins. Löher war auch der erste Redakteur der „Westfälischen Zeitung", die — gleich nach Verkündung der Pressefreiheit in Preußen — ab April 1848 in Paderborn im Verlag von Wilhelm Crüwell erschien. Diese Zeitung war in den Jahren 1848 bis 1851 das führende
aktuelle Blatt der demokratischen Bewegung in Westfalen, ab Anfang 1849 erschien sie als Tageszeitung. Der Westfälische Demokratenkongreß in Münster erklärte den Bielefelder „Volksfreund" und die Paderborner „Westfälische Zeitung" zu den offiziellen Presseorganen der Demokraten Westfalens. Im Herbst 1848 hatte das reaktionäre Ministerium Preußens mit Hilfe der Truppen Wrangeis das Berliner Parlament auseinandergetrieben. Die westfälischen Demokraten, Löher und Rempel an der Spitze, hatten zum Widerstand hiergegen (u. a. durch SteuerverWeigerung) aufgerufen. Rempel entfloh der drohenden Verhaftung nach Frankreich; Löher wurde am 10. 12. 1848 in Paderborn verhaftet. Die Paderborner Demokraten setzten sich der Verhaftung entgegen; es kam, wie es damals hieß, zum „Aufruhr". Zwar behielten die preußischen Regierungstruppen die Oberhand, aber die Paderborner Bevölkerung wählte Löher noch während der Haft zum Abgeordneten für das Berliner Parlament. Ende Februar 1849 wurde Löher entlassen und in Paderborn triumphal empfangen. Im Dezember 1849 wählten die Paderborner Löher zum Bürgermeister; indessen wurde er von der preußischen Regierung nicht ins Amt gelassen und auch aus dem Justizdienst verdrängt. Noch 1852, nach dem Sieg der Reaktion über die demokratische Bewegung, sagte im berühmten Kölner „Kommunistenprozeß" der berüchtigte Berliner Polizeirat Stieber aus, daß in Ostwestfalen und speziell in Paderborn „kommunistische Zellen" tätig seien. Gemeint war damit offenbar die Popularität, die der entschiedene Demokrat Löher immer noch bei den Paderborner Bürgern hatte. Das Scheitern der 48er Revolution zerschlug alle Ansätze der demokratischen und frühsozialistischen Bewegung, die gerade in Ostwestfalen hoffnungsvoll sich entwickelt hatten. Auch die im Vormärz und in den Jahren 1848/49 entstandene demokratische Presse wurde unterdrückt oder mußte — wie die „Westfälische Zeitung" — ihren Kurs verändern. Löher ging nach Bayern und machte sich dort als wissenschaftlicher Schriftsteller einen guten Namen. An seine frühere Heimat erinnerte sein Werk „Geschichte des Kampfes um Paderborn 1597-1604". Verdrängte Erinnerung Der Sieg der Obrigkeitsstaaten in Deutschland über die revolutionäre Bewegung von 1848/49 verdrängte die Erinnerung an die ostwestfäli- schen Demokraten und Frühsozialisten aus dem öffentlichen Bewußtsein. Die Sieger schrieben die Geschichte, und dem heimischen Geschichtsbewußtsein schien es so, als hätten Löher und Lüning, das „Dampfboot" und die Paderborner „Westfälische Zeitung" gar nicht existiert. Als in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Sozialdemokratische Partei sich herausbildete, hatte sich die Position Paderborns in der politischen Landschaft verändert. Die 1848/49 noch mögliche Verbindung radikalbürgerlicher und sozialistischer Richtungen schien historisch überholt. Sozialdemokratie und politischer Katholizismus organisierten sich als gegensätzliche politische Lager, was gerade für die Paderborner Verhältnisse nicht ohne Folgen blieb. Zudem lag der Paderborner Raum in der industriellen Entwicklung zurück. Drei Säulen waren es, auf denen in den letzten Jahrzehnten des auslaufenden 19. Jahrhunderts das wirtschaftliche Leben in Paderborn basierte: auf der geistlichen und weltlichen Verwaltung, auf der Landwirtschaft und auf den mittleren und kleinen bürgerlichen Produktions- und Handelsbetrieben. Die starken sozialen Umwälzungen in den Industriezentren waren fast 11
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