75 Jahre Sozialdemokraten in Paderborn - SPD Paderborn
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Die Wiederbegründung der <strong>Paderborn</strong>er<br />
Jungsozialisten (1968/69)<br />
Galerie-Club<br />
Daß die <strong>Paderborn</strong>er Jungsozialisten,<br />
die etliche <strong>Jahre</strong> nicht mehr<br />
existent gewesen waren, gerade im<br />
<strong>Jahre</strong> 1968 wiederbegründet wurden,<br />
ist sicherlich ke<strong>in</strong> Zufall. Dieses<br />
Jahr bezeichnet den Höhepunkt<br />
der se<strong>in</strong>erzeitigen Studentenrevolte,<br />
und so nimmt es nicht wunder,<br />
daß dies auch <strong>in</strong> <strong>Paderborn</strong><br />
gewisse Nachwirkungen zeitigte.<br />
Der eigentliche Gründungsort der<br />
Jungsozialisten war allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />
das <strong>SPD</strong>-Büro, sondern der<br />
Anfang 1968 <strong>in</strong>s Leben gerufene<br />
Galerie-Club. Dieser Club war<br />
nach dem Vorbild diverser Republikanischer<br />
Clubs entstanden, er<br />
sollte außer politischen Aktivitäten<br />
aber auch künstlerische Ziele verfolgen.<br />
Haupt<strong>in</strong>itiatoren dieser<br />
E<strong>in</strong>richtung waren der Glasmaler<br />
He<strong>in</strong>z Röper und der Soziologiestudent<br />
Ra<strong>in</strong>er Girndt, der schon<br />
als Schüler bei den damals noch<br />
aktiven Jungsozialisten mitgearbeitet<br />
hatte.<br />
Während der ersten beiden Monate<br />
funktionierte die Arbeitsteilung des<br />
Clubs: es gab auf der e<strong>in</strong>en Seite<br />
politische Aktionen, z.B. anläßlich<br />
des Attentats auf Rudi Dutschke,<br />
es fand andererseits e<strong>in</strong>e Ausstellung<br />
des renommierten Berl<strong>in</strong>er<br />
Malers Eduard Franoszek statt.<br />
Doch dann kam, was vielleicht<br />
70<br />
nicht zu vermeiden war: „Künstler"<br />
und „Politiker" gerieten sich<br />
<strong>in</strong> die Haare, und der Konflikt<br />
endete damit, daß sich die Kunst<strong>in</strong>teressenten,<br />
die sich auch f<strong>in</strong>anziell<br />
<strong>in</strong> besonderem Maße engagiert<br />
hatten, durchsetzten. In der Folgezeit<br />
übrigens entspannte sich das<br />
zunächst arg gestörte Verhältnis<br />
zwischen beiden Gruppierungen,<br />
und der Galerie-Club stand,<br />
solange er existierte, weiterh<strong>in</strong> als<br />
Kommunikationszentrum und auch<br />
Ort für politische Veranstaltungen<br />
zur Verfügung.<br />
Gründung der Jusos<br />
Ende April 1968 allerd<strong>in</strong>gs war die<br />
Lage so, daß etliche der politisch<br />
<strong>in</strong>teressierten Mitglieder des Clubs<br />
nach e<strong>in</strong>er neuen Organisationsform<br />
für ihr Engagement suchten.<br />
Es stellte sich schnell heraus, daß<br />
fast alle der <strong>SPD</strong> angehörten oder<br />
ihr zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> h<strong>in</strong>reichendem<br />
Maße nahestanden. Und so ergriffen<br />
Ra<strong>in</strong>er Girndt und Helmut<br />
Funke, der seit zwei <strong>Jahre</strong>n <strong>in</strong> der<br />
<strong>SPD</strong> war und <strong>in</strong> dem älteren<br />
Genossen e<strong>in</strong>e Art Mentor gefunden<br />
hatte, die Initiative: sie luden<br />
zu e<strong>in</strong>er Gründungsversammlung<br />
der Jungsozialisten des Kreises<br />
<strong>Paderborn</strong> e<strong>in</strong> — und hatten<br />
Erfolg. In der ersten Sitzung<br />
wurde Ra<strong>in</strong>er Girndt — wie zu<br />
erwarten war — zum Vorsitzenden<br />
gewählt, die erste politische Aussage<br />
der Gruppe bestand <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Sympathieerklärung für 53<br />
<strong>SPD</strong>-Bundestagsabgeordnete, die<br />
nicht — wie <strong>in</strong> der Großen Koalition<br />
vere<strong>in</strong>bart — den Notstandsgesetzen<br />
zugestimmt hatten (vgl.<br />
Faksimile des Zeitungsartikels über<br />
die Gründungsversammlung).<br />
DDR-Woche<br />
E<strong>in</strong> Höhepunkt <strong>in</strong> der Arbeit der<br />
neugegründeten Gruppe war die<br />
Beteiligung an e<strong>in</strong>er DDR-Woche,<br />
die im Juni 1968 <strong>in</strong> <strong>Paderborn</strong><br />
stattfand. Hierzu muß man wissen,<br />
daß zu diesem Zeitpunkt die Beziehungen<br />
zwischen der BR Deutschland<br />
und der DDR alles andere als<br />
entkrampft waren. Es wurde noch<br />
bestritten, daß die DDR überhaupt<br />
e<strong>in</strong> Staat sei, der CDU-Kanzler der<br />
Großen Koalition, Kurt-Georg Kies<strong>in</strong>ger,<br />
hatte den unvergeßlichen<br />
Ausdruck von dem „Phänomen"<br />
geprägt, das östlich der Elbe zu<br />
f<strong>in</strong>den sei. In dieser Situation wollten<br />
Jungsozialisten, SHB und<br />
Jungdemokraten — wie es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Presseerklärung formuliert wurde<br />
— „e<strong>in</strong>er kritischen Öffentlichkeit<br />
Informationen aus erster Hand<br />
geben".<br />
Rückwirkend betrachtet, ist es<br />
wohl das Erstaunlichste, daß die<br />
DDR-Woche damals überhaupt<br />
zustande kam und relativ hochka-