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75 Jahre Sozialdemokraten in Paderborn - SPD Paderborn

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Die <strong>Paderborn</strong>er <strong>Sozialdemokraten</strong> am Ende der Weimarer<br />

Republik und <strong>in</strong> der Zeit des Nationalsozialismus<br />

Nach Aufzeichnungen, Zeitungsberichten und Gesprächen mit alten Genoss<strong>in</strong>nen und Genossen<br />

<strong>Sozialdemokraten</strong> <strong>in</strong> der Krisenzeit<br />

Bei den letzten freien Kommunalwahlen<br />

am 20. Dezember 1929<br />

konnte die sozialdemokratische<br />

Partei noch e<strong>in</strong>mal erfolgreich<br />

se<strong>in</strong>. Mit 16,8% und damit 6<br />

Stadtverordneten hatte die Partei<br />

e<strong>in</strong> lokal hervorragendes Ergebnis<br />

erzielt. Lück<strong>in</strong>g, Brockmann, Harbarth,<br />

Schniedermeier, Gruber und<br />

Denkner zogen <strong>in</strong> die Stadtverordnetenversammlung<br />

e<strong>in</strong>. Da Harbarth<br />

bald darauf wieder unbesoldetes<br />

Magistratsmitglied wurde,<br />

rückte für ihn Ahrendt nach. Für<br />

Brockmann, der versetzt wurde,<br />

nahm der Eisenbahnschlosser<br />

Behrens dessen Platz im Rat e<strong>in</strong>.<br />

Im September 1931 schied Ahrendt<br />

aus, und von der Reserveliste kam<br />

der Arbeiter Puls zu den anderen.<br />

In dieser Zeit zunehmender sozialer<br />

Not war es e<strong>in</strong>e Hauptaufgabe<br />

der <strong>Sozialdemokraten</strong>, diese Not<br />

zu l<strong>in</strong>dern zu suchen. Die Partei<br />

versuchte dies im Rat der Stadt, <strong>in</strong><br />

eigens durchgeführten Erwerbslosenversammlungen<br />

und durch Aufklärungsarbeit<br />

vor dem Arbeitsamt<br />

und der Rentenzahlstelle der Post.<br />

Wie die Lage gerade auch der<br />

Rentner zu dieser Zeit aussah,<br />

zeigt e<strong>in</strong> Zeitungsbericht:<br />

„Zwei Frauen kommen, sie sprechen<br />

über die neue Kürzung; e<strong>in</strong>er<br />

r<strong>in</strong>nen Tränen durch die Furchen<br />

ihres Gesichts. Ich tröste, so gut<br />

ich kann, doch ihre Sorgen kann<br />

ich nicht nehmen. ,Nun müßten<br />

doch auch die Mieten gesenkt werden,<br />

wenn man uns was abzieht;<br />

die kann man doch jetzt gar nicht<br />

mehr zahlen!' sagt sie zu mir mit<br />

trostloser Stimme. ,Ja, liebe Frau',<br />

gebe ich zur Antwort, ,die Freiherren<br />

und Barone zahlen ke<strong>in</strong>e<br />

Miete, die wissen nicht, was das<br />

heißt, die wissen nicht, wie es uns<br />

Armen zumute ist.' Ich blicke <strong>in</strong><br />

hoffnungslose Augen, unendliches<br />

Mitleid mit dieser alten Frau ...<br />

E<strong>in</strong>er hat das Flugblatt schnell<br />

überflogen; er kommt auf mich<br />

zu, legt se<strong>in</strong>e Hand auf me<strong>in</strong>e<br />

Schulter und spricht zu mir mit<br />

blitzenden Augen: ,So ist's recht!<br />

Was ich vor 40 <strong>Jahre</strong>n schon<br />

gewählt habe, wähle ich auch dieses<br />

Mal wieder. Wir lassen uns<br />

nich' an de Wimpern klimpern!'<br />

Dieser Alte weiß, um was es<br />

geht ..."<br />

Auf Erwerbslosenversammlungen<br />

g<strong>in</strong>g es darum, der Partei den<br />

Rücken für ihre Arbeit im Rat und<br />

den Ausschüssen der Stadt zu stärken.<br />

Auf e<strong>in</strong>er solchen überfüllten<br />

Versammlung im Juli 1932 bei<br />

Lohmann wurde z.B. e<strong>in</strong>e Entschließung<br />

gefaßt, wonach die<br />

Pflichtarbeiter — das s<strong>in</strong>d die<br />

arbeitsverpflichteten Wohlfahrtsempfänger<br />

— aus dem städtischen<br />

Fuhrpark herausgenommen werden<br />

sollten, für andere Arbeiten der<br />

Tariflohn gezahlt werden sollte,<br />

alle auf gerechte Weise zur Pflichtarbeit<br />

herangezogen werden und<br />

die über 50jährigen davon ausgenommen<br />

werden sollten. In dieser<br />

Versammlung sprachen auch Mitglieder<br />

der KPD, die „ihre altbekannten<br />

Sprüche an den Mann<br />

br<strong>in</strong>gen" wollten, wie die sozialdemokratische<br />

„Volkswacht" schrieb.<br />

Aber, so weiter die „Volkswacht",<br />

sie „mußten sich vom Genossen<br />

Lück<strong>in</strong>g sagen lassen, daß die<br />

Situation zu ernst sei, um alten<br />

Brei aufzuwärmen und daß er ke<strong>in</strong>en<br />

Bruderkampf dulde!" Am<br />

Ende sprachen sich dann auch die<br />

Kommunisten für die Annahme<br />

der genannten Entschließung aus,<br />

damit denen, die „sich für die<br />

Erwerbslosen e<strong>in</strong>setzen, der<br />

Rücken gestärkt wird und der<br />

Magistrat sieht, was los ist!"<br />

Diese Sorgen bedrückten die<br />

<strong>Paderborn</strong>er <strong>Sozialdemokraten</strong><br />

sehr. Das Ausmaß der Gefahr, die<br />

von den Nazis ausg<strong>in</strong>g, wurde<br />

ihnen zunächst nicht so deutlich<br />

wie <strong>in</strong> den nächsten <strong>Jahre</strong>n.<br />

Dennoch wurde Anfang der 30er<br />

<strong>Jahre</strong> e<strong>in</strong>e Abteilung des „Reichsbanner"<br />

vor allem auf Initiative<br />

von Karl Behrens gegründet. Sie<br />

sollte die Veranstaltungen und Versammlungen<br />

vor Angriffen der SA<br />

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