75 Jahre Sozialdemokraten in Paderborn - SPD Paderborn

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der SPD, die noch Volksvertretungen und Gemeindevertretungen angehören, sind von der weiteren Ausübung ihrer Mandate ausgeschlossen." Dies traf in gleicher Weise auch den anderen Mandatsträger der Partei, Karl Denkner. Er wurde damit gleichzeitig aus dem Kreistag des Kreises Paderborn ausgeschlossen. Kündigungsschreiben des Reichsbahnausbesserungswerks an Heinrich Lücking Leben unter den Nazis Was taten die Mitglieder der Partei nun weiter? Darüber gibt es fast keine schriftlichen Quellen. Aber einige alte Genossen konnten einen Eindruck vom Leben während dieser Zeit geben: Die Nazis hätten, von einigen „Hausdurchsuchungen", bei denen sie dann Bebel-Bilder zerschlagen hätten, abgesehen, den Paderborner Sozialdemokraten „nichts weiter getan". Ab und zu sei es wohl auch zu Festnahmen gekommen, aber nur für jeweils kurze Zeit, zu Verhören, ob noch etwas mit der Parteiarbeit sei. Immerhin hielten die Sozialdemokraten weiter zusammen. In „Port Arthur" wohnten fast nur ehemalige Sozialdemokraten, die es ihrem Herzen nach weiterhin waren. Manchmal „vergaß" man dann das Flaggen am 20. April, Hitlers Geburtstag. Dafür wurde zwei Tage später „Schwarz-Weiß-Rot" gezeigt, nicht 40
die Hakenkreuz-Fahne. Am 22. April aber war Heinrich Lückings Geburtstag. Ein wenig Ironie, versteckte Opposition. Arbeitslos waren viele Sozialdemokraten vor 1933, und mehr noch die Kommunisten. Nach 1933 ging es dann langsam wieder „aufwärts", und z.T. bekamen SPD- Mitglieder erst nur schlechte Stellen. Beim Ausbau des Flughafens sei es dann anders geworden. Und die Arbeitervereine, was wurde aus ihnen? Der Arbeitersportverein wurde aufgelöst wie alle sozialdemokratischen Vereine. Vorher aber nahm man Bälle, Trikots und anderes mit und schloß sich dann anderen Vereinen an. Einige, die vorher mitgemacht hatten, mehr des Spiels als der Partei wegen, gingen auch zur SA. Als dem Mandolinen-Club ein Nazi vorgesetzt wurde, hat man sich alles „geschnappt" und „ist weg". Der Verein hörte auf zu bestehen. So ähnlich ist es fast überall gelaufen; die Kassen wurden noch ordnungsgemäß abgeschlossen und übergeben. Oft genug an die Vertreter der NSDAP oder an staatliche Stellen. Für das alles gab es Verordnungen, Erlasse, Gesetze. Das Leben ging also weiter; zwar gab es wieder Arbeit, aber die soziale Lage der meisten änderte sich nicht viel. Wie überall in Deutschland wurde die jüdische Bevölkerung auch aus Paderborn verschleppt und kam in den Konzentrationslagern der Nazis um. Auch in Paderborn brannte im November 1938 die Synagoge. Auch hier wurden die politischen Gegner der Nazis verfolgt, aber eigentlicher Widerstand bildete sich hier kaum; auch nicht aus den Reihen der Sozialdemokraten. Wäre mehr Widerstand möglich gewesen? Die Antwort ist schwierig. Die Rolle einer sozialen, politischen und oft konfessionellen Minderheit, die die SPD in Paderborn spielte, die Eingebundenheit in ein Milieu aus Untertanengeist und provinzieller Enge, Staats- und Autoritätsgläubigkeit, verhaftet dem nationalen Gedanken, ließ vielleicht kaum etwas anderes zu als Stillehalten. Man rang wohl vor 1933 immer noch eher um die soziale Anerkennung des Arbeiters als gleichberechtigten Bürgers, suchte die Lage der Arbeiter und der vielen anderen Bedürftigen zu bessern, aber man dachte sicherlich nicht an die Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Der Nationalsozialismus realisierte propagandistisch und demagogisch die Ansprüche der Arbeiterschaft auf Gleichberechtigung und zerschlug gerade darum alle ihre selbständigen Organisationen. Dies wurde mehr oder minder erbittert hingenommen, wobei sich auch kaum Sozialdemokraten den Nazis zuwendeten und viele Verweigerungshaltung zeigten, wo es eben ging. Heute wird oft diskutiert, ob und warum es gegen die NS- Herrschaft keinen massiven Widerstand gab, auch nicht von der Basis der Sozialdemokratie. Aber muß man sich nicht fragen, ob wir Nachgeborenen unter den Bedingungen der damaligen Zeit, der miserablen wirtschaftlichen Lage, den großen Versprechungen Hitlers und den Terrordrohungen von SA und SS in der Lage gewesen wären, Widerstand zu leisten? Wir dürfen im nachhinein nicht verurteilen, müssen aber in unserer heutigen Welt aufmerksam sein für Gewalt und Unterdrückung und ein solches oder ähnliches Gewaltregime rechtzeitig zu verhindern suchen. Als der Faschismus endlich von außen niedergerungen war, ging man daran, all das wieder aufzubauen, was die Nazis zerschlagen hatten. Aber war es dasselbe, konnte so unmittelbar an das wieder angeknüpft werden, was 1933 aufgegeben werden mußte? 41
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