Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Als Italiens Meister Inter Mailand zuletzt im<br />
Viertelfinale der Champions League beim<br />
FC Valencia scheiterte, flogen die Fäuste<br />
der Profis. Nach den spanischen Jagdszenen sprach<br />
Valencia-Coach Quique Sanchez Florez offen von<br />
"Krieg". Zeitgleich erklärte der neue Präsident der<br />
Europäischen Fußball-Union UEFA, Frankreichs<br />
ehemaliger Mittelfeldregisseur Michel Platini, den<br />
Kampf gegen die Gewalt zu den Hauptaufgaben<br />
seiner Amtszeit. "Wenn wir uns jetzt schon selbst<br />
wie Hooligans aufführen, dann addio Glaubwürdigkeit",<br />
fiel Inter-Präsident Massimo Moratti zu<br />
den Unglaublichkeiten von Valencia ein.<br />
Wochen zuvor machten wütende Hools in Dresden<br />
nach dem Regionalligaspiel zwischen Dynamo und<br />
dem VfL Osnabrück Jagd auf die eigenen Profis,<br />
mit dessen Leistungen im Stadion sie nicht mehr<br />
zufrieden waren. Ein derartiges Szenario gab es<br />
auch in der Zweiten Bundesliga in Köln. Früher<br />
hielt das legendäre Marathontor den Mob noch<br />
vom Sturm auf ihre Lieblinge ab. "Wir sind Kölner<br />
und ihr nicht", hörte man dann. Und wenn die<br />
millionenschweren Idole in ihren Badelatschen<br />
zum Gespräch ausrückten, beruhigte sich die<br />
Szene. Am Ende wurden Autogramme geschrieben.<br />
Als in Catania der Polizist Filippo Raciti nach<br />
gewalttätigen Auseinandersetzungen starb, erreichten<br />
die gewalttätigen Auseinandersetzungen eine<br />
neue Ebene. Der internationale Aufschrei war<br />
heftig, jeder halbwegs kundige Politiker in Europa<br />
drängte sich ins Kameralicht, um mit harschen<br />
Forderungen an die Öffentlichkeit zu treten. Dass<br />
einer bestimmten Kategorie von Krawallmachern<br />
nur mit repressiver Gewalt zu begegnen ist, zweifelt<br />
auch Deutschlands führender Fan-Forscher Gunter<br />
A. Pilz nicht mehr an. Die Blicke des Soziologie-<br />
Professors aus Hannover sind aber dennoch nicht<br />
so kurzsichtig wie die mancher Politiker, die nur<br />
Forderungen aufstellen, wenn Kameras in der Nähe<br />
sind, in der politischen Umsetzung dann aber zu<br />
umständlichen Kleingeistern werden.<br />
In Italien fand die politische Klasse heraus, dass nur wenige<br />
Stadien den Sicherheitsanforderungen entsprechen, die<br />
allerdings ein früherer Innenminister als verbindlich entwickelt<br />
hatte. Mit "Geisterspielen" wurden die Klubs nach den<br />
Ausschreitungen von Catania bestraft. Inzwischen sind in den<br />
Arenen Spruchbänder, Fahnen, Lautsprecher, Trommeln und<br />
Sirenen verboten. Ultras, die rassistische und nationalistische<br />
Symbole tragen, können zukünftig rechtlich verfolgt werden.<br />
Bei Verletzung von Sicherheitsbeamten drohen bis zu zehn<br />
Jahre Haft.<br />
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Die Gewalt im<br />
Stadion ist ein<br />
vielschichtiges<br />
Problem, das<br />
sich nicht mit<br />
Gewalt lösen<br />
lässt<br />
<strong>Von</strong> Christoph Fischer<br />
Pilz fordert für Deutschland einen Solidaritätsfonds der<br />
finanzkräftigen Bundesliga. Der <strong>Deutsche</strong> Fußball-Bund<br />
müsse nicht nur Fan-Projekte unterstützen, viel wichtiger sei,<br />
"die Vereine in den unteren Ligen finanziell in die Lage zu<br />
versetzen, in ihren Stadien in die Sicherheit zu investieren".<br />
Neu ist es nicht, dass sich die gewalttätigen Auseinandersetzungen<br />
aus den streng bewachten Multifunktionsarenen der<br />
Bundesliga in die maroden Stadien in Regional- und Oberliga<br />
verlagert haben. Weil dort der Mob nicht damit rechnen<br />
muss, von Sicherheitskräften an Schlägereien gehindert zu<br />
werden. Nicht nur im Osten der Republik sind diese Tenden-