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Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Und über Betreuer und Trainer, die häufig überfordert sind.<br />

"Viele Heranwachsende erleben beim Sport so was wie<br />

Geborgenheit. Oder einen Wohlfühlfaktor. Erfahren Gemeinschaft<br />

und Anerkennung. Und lernen gleichzeitig, mit Enttäuschungen<br />

und Niederlagen umzugehen, und dass sie<br />

Rücksicht nehmen und anderen Respekt entgegen bringen<br />

müssen, um ein Teamplayer zu bleiben", sagt Jan.<br />

Und nur saubere Leistung ist "cool", erzählt Mel. "Wir hatten<br />

hier mal einen Jungen, der war vorher mit seinen Kumpels in<br />

so einer Mucki-Bude. Dort hat er auch irgendein Pulver<br />

eingepfiffen. Dann tauchte er hier auf, wollte mit Handball<br />

spielen. Und im Hantelraum hat er sein Pülverchen<br />

geschluckt. Das haben wir ihm aber schnell abgewöhnt - und<br />

er spielt auch ohne super gut." Drogen nein danke - egal in<br />

welcher Form. "Wie passen denn auch Sport, Gesundheit und<br />

Fitness mit Tabletten zusammen?", fragen die Jugendlichen<br />

und finden die ganze "Dopingproblematik zum Kotzen".<br />

Das sei genau der Punkt, wo "wir hingetrieben werden",<br />

meint Lukas. "Es muss immer alles super sein. Es werden<br />

keine Grenzen akzeptiert. Druck von allen Seiten. Es muss<br />

immer noch eins drauf gesetzt werden", sagt der 15-Jährige<br />

und beklagt außerdem, "dass man sich doch auch auf niemanden<br />

mehr verlassen, ja keinem vertrauen kann". Vorbilder?<br />

"Na, da braucht man ja nur jemanden wie Jan Ullrich<br />

anschauen. Oder Sänger wie Robbie Williams." Life is a<br />

Cabaret. Oder nur im Rausch zu ertragen? Immer nur Jubel<br />

und Party, wie es die zweifelhaften Promi-Leitwölfe vorleben?<br />

Ja, Vorbilder: Schwimmerin Nele erzählt von der Freundin,<br />

die sich nur noch von Cola und Aspirin ernährt hat, weil<br />

sie sich zu dick fühlte. Niemand zu Hause hat es mitbekommen,<br />

auch in der Schule keiner. Die Trainerin der Kinderschwimmgruppe<br />

hat gemerkt, dass etwas nicht stimmt und<br />

dann Alarm geschlagen. Probleme, die auch bei Jan ankommen.<br />

Oberflächlichkeit, Ellenbogen-<strong>Gesellschaft</strong>, Konsumverblödung,<br />

Mediensteuerung, Macht, Image, Disziplinlosigkeit,<br />

Zwänge, Druck sind Wörter, die in einer Diskussionsrunde<br />

mit Berliner Jugendlichen immer wieder auftauchen. Sie<br />

fühlen sich im Stich gelassen, allein. Das kommt dann<br />

manchmal im Gespräch wieder hoch, auch wenn es lange<br />

zurückliegt. "Ich wurde immer zu Kindergeburtstagen eingeladen,<br />

durfte aber nie selbst einen feiern. Meiner Mutter war<br />

das zu viel Stress, dabei hätte ich auf alle Geschenke verzichtet,<br />

wenn ich nur einmal eine Party hätte geben dürfen",<br />

sagt der 16-jährige Alexander bitter. Zuwendung gab es nur<br />

in Form von Geld und Präsenten. Die Runde hat gut zugehört.<br />

Für Alex wird es demnächst im Klubhaus eine Überraschung<br />

geben: Alle in dem kleinen Verein sind dabei, um<br />

seinen ersten Kindergeburtstag zu organisieren mit Topfschlagen,<br />

Süßkram und Girlanden - auch wenn er dann<br />

schon 17 wird.<br />

"Manche von uns erleben hier beim Sport zum ersten Mal,<br />

dass wir alle füreinander Zeit haben und sie uns nehmen",<br />

sagt Linda, die sich wie die meisten in dieser Jugendtruppe<br />

nicht über mangelndes Interesse ihrer Eltern beschweren<br />

kann. Aber einige eben schon. Und dann doch noch Glücks-<br />

Momente - etwa für Tobias: Beim Finale um die Stadtmeisterschaft<br />

tauchte unerwartet sein Vater auf, der bis dato nie<br />

für seinen Sohn viel Zeit hatte. Er schließt den neuen Tennis-<br />

Champion in die Arme. Kleine Geste, große Wirkung... Willkommen<br />

in einer verlässlichen, emotionalen Lebensumwelt<br />

mit glücklichen Kindern.<br />

OF<br />

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