Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
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ewegende Bilder:<br />
Illusion durchaus entgegen zu kommen scheint. Vielleicht<br />
auch aus diesem Grunde sind "bewegte Bilder" inzwischen so<br />
beliebt, dass sie oft sogar der Wirklichkeit vorgezogen werden.<br />
Der Sport im deutschen Film hat ein recht ansehnliches Alter.<br />
Schon in den 1920er Jahren hat dieses Thema Einzug in den<br />
deutschen Spielfilm gehalten. So war etwa der erste Filmauftritt<br />
jener später zu zwiespältigem Sportfilm-Ruhm gelangten<br />
Leni Riefenstahl in einem Lichtspiel, das - "Der heilige<br />
Berg" geheißen - im Skifahrer- und Bergsteigermilieu des<br />
Jahres 1924 spielte. Und auch in "Der große Sprung", einer<br />
sportlichen Filmkomödie aus dem Jahre 1927, mimte Frau<br />
Riefenstahl eine Ziegenhirtin, deren Geißen zum großen<br />
Gaudi des Publikums Ski fahren konnten.<br />
Dass sich diese Art der sportlichen Betätigung von Ziegen in<br />
der Wirklichkeit nicht hatte durchsetzen können, bestätigt<br />
nur die große Illusionsfähigkeit des Films; anderenfalls<br />
bestünden heute vielleicht die <strong>Olympische</strong>n Winterspiele aus<br />
ganz anderen Teilnehmergruppen, was dem Selbstbewusstsein<br />
des sportlichen Homo sapiens durchaus nicht förderlich<br />
wäre. Denn welche menschliche Mannschaft verlöre leichten<br />
Herzens eine 4x10 Kilometer-Skilanglauf-Staffel ausgerechnet<br />
gegen ein Ziegenbock-Quartett?<br />
Auch die Popularität von Sportidolen wurde schon früh für<br />
den Film genutzt. Denn schon 1930 durfte der damalige<br />
Meisterboxer Max Schmeling in dem Lichtspiel "Liebe im Ring"<br />
auftreten. Da spielte er einen treuherzigen Burschen, der Box-<br />
Meister wird und von einer jungen "Lebedame", repräsentiert<br />
durch die äußerst ansehnliche Olga Tschechowa, so becirct<br />
wird, dass er seine Verpflichtungen als Faustkämpfer sträflich<br />
zu vernachlässigen beginnt. Aber seine alte und treue Liebe,<br />
gespielt von der damals sehr bekannten Filmschauspielerin<br />
Renate Müller, holt ihn mit ihrer Anhänglichkeit wieder dahin<br />
zurück, wo ein Boxer dieses Formats hingehört: in den Ring<br />
nämlich. Eine Geschichte also wie im richtigen Leben ...<br />
Aber dann kommt "Reitet für Deutschland". Man schreibt das<br />
Jahr 1941, und Willi Birgel, in Gestalt eines Freiherrn von<br />
Langen, trabt gekonnt über die großdeutsche Leinwand.<br />
"Reitet für Deutschland"<br />
erzählt die Filmgeschichte<br />
eines deutschen Herrenreiters,<br />
der sein altes Kriegspferd<br />
wieder gefunden hat<br />
und zum ersten Mal<br />
Deutschland auf einem<br />
Turnier im Ausland vertritt - und im Kriegsjahr 1941, natürlich<br />
zum Siegen verurteilt ist! Doch nun wollen wir uns<br />
jenem Film zuwenden, der wie kein zweiter Sportfilm noch<br />
über Jahrzehnte hinaus die Gemüter erregte. Es ist Leni<br />
Riefenstahls Film über die <strong>Olympische</strong>n Spiele 1936.<br />
Die ausgebildete Tänzerin Riefenstahl hatte sich in einem<br />
relativ kurzen Zeitraum, "mit den Waffen einer Frau", wie<br />
manche behaupten, von einer filmischen Anfängerin zur<br />
Lieblings-Regisseurin des Diktators Adolf Hitler hochgearbeitet.<br />
Mit dem Monumentalfilm "Triumph des Willens", der den<br />
Nürnberger Parteitag 1934 der Nationalsozialisten in ungewöhnlichen<br />
Bildern spiegelte, hatte sie bereits neue Wege der<br />
Aufnahmetechnik beschritten. So setzte sie beispielsweise<br />
Kameraleute auf Rollschuhen ein, um Massenszenen noch<br />
dynamischer zu gestalten.<br />
Den Vorschlag Adolf Hitlers, sie sollte einen Film über die<br />
<strong>Olympische</strong>n Spiele in Berlin fertigen, nahm sie mit anfänglicher<br />
Skepsis entgegen. Ihr Hauptargument, die Fertigstellung<br />
eines so großen Werkes würde etwa zwei Jahre dauern,<br />
erledigte Adolf Hitler mit dem Satz: "Und wenn Sie zehn<br />
Jahre brauchen, die Hauptsache ist, dass es ein Kunstwerk<br />
wird!"<br />
<strong>Von</strong> höchster Stelle so beauftragt, machte sie sich daran, das<br />
von Hitler verlangte Kunstwerk zu realisieren. Um dieses Ziel<br />
zu erreichen, ging sie rücksichtslos vor. Sie "überschwemmte"<br />
die <strong>Olympische</strong>n Spiele mit einem Heer von Kameraleuten<br />
und Technikern. Und es war ihr gleich, ob diese die Sportler<br />
störten oder nicht. Sie wollte möglichst viele hervorragende<br />
Aufnahmen haben, denn die Spiele dauerten nur 14 Tage, ihr<br />
Film jedoch sollte noch in Jahrzehnten sehenswert sein.<br />
Aus den Erfahrungen des Reichsparteitags-Films "Triumph<br />
des Willens" hatte sie gelernt, möglichst viele Aufnahmen aus<br />
möglichst verschiedenen Blickpunkten und Perspektiven zu<br />
machen und Gegensätze herauszuarbeiten. Temposzenen<br />
wurden gegen Zeitlupe gesetzt, volle Zuschauerränge gegen<br />
einsame Läufer, um möglichst viel Spannung zu erzeugen<br />
und die ursprüngliche Atmosphäre künstlich nachzugestalten.<br />
in Deutschland <strong>Von</strong> Herbert Somplatzki<br />
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