Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Wo sind die Sternstunden?<br />
D<br />
eutschland, ein Wintersportmärchen. Wer wollte das schließlich<br />
noch hören? Bis Ende März ging der Sendemarathon des<br />
Fernsehens, erschienen sattsam vertraute Bilder, wenn wir ARD oder<br />
ZDF einschalteten. Holmenkollen Oslo und Evi Sachenbacher, Lahti<br />
und Ronny Ackermann und Magdalena Neuner, Lillehammer und<br />
Martin Schnitt, Zwiesel und Maria Riesch und Lenzerheide, Monika<br />
Bergmann-Schmuderer, Kathrin Hölzl, Planica, Kuopio, Orte und<br />
Personen verschwammen vor unseren Augen, die Begriffe schwirrten<br />
im Kopf umher, vertraut wurden uns die Strafrunden und der<br />
Telemark, mal wieder eingefädelt und zu spät am Tisch, zu viel<br />
Anstellwinkel in der ersten Flugphase, und der Startläufer hatte<br />
einen schnellen Ski. Preisfrage: Wie viele Weltmeisterschaften<br />
hatten die Eisschnellläufer schon in dieser Saison? Sind in Bob und<br />
Rodeln wirklich schon alle Entscheidungen gefallen? Wie oft schießen<br />
die Biathletinnen eigentlich bei einem Massenstartrennen?<br />
Der Show- und Mediensport bewegt sich durch die Welt wie Andre<br />
Hellers Traumtheaterinszenierungen, hochprofessionell organisiert<br />
an jedem Ort, perfekt in Szene gesetzt von der Fernsehregie, ein<br />
Rennen wie das andere, uniform und verwechselbar; die Werbebanner<br />
stets am selben Fleck, der Biathlon-Bundestrainer unbeirrt<br />
hinter seinem Fernrohr, der Arm des Skisprung-Trainers wie fest<br />
betoniert am Fahnenstiel; lediglich kleine Filme, in denen die jeweiligen<br />
Schauplätze in einer Art und Weise vorgestellt werden, die<br />
jeden Tourismusmanager beglücken sollte, sorgen für einen Rest<br />
Unterscheidbarkeit.<br />
Was soll das Lamento eigentlich? Es geht darum, wovon der Sport<br />
lebt, was den Athleten antreibt, die Zuschauer genauso fesselt wie<br />
Medien und Sponsoren, es geht um den besonderen Augenblick, das<br />
einzigartige Ereignis, das unwiederbringliche Erlebnis. Das geht<br />
verloren. Wo sind diese Sternstunden, von denen jeder spricht? Jede<br />
Woche Siegerehrung, Nationalhymne, Sportler auf dem Podium.<br />
Wer zählt die Titel, Plaketten und Pokale, die Gesamtweltcupgewinner,<br />
die Disziplinbesten, die Tagessieger? Der Winterspitzensport<br />
unserer Tage ist ein breiter, emotionaler Strom, der jede Erinnerung<br />
an Details mit sich reißt. Wer hat noch mal in Antholz so herzlich<br />
geweint nach dem Triumph, wer in Sapporo?<br />
Die Sportverbände und die Fernsehsender sorgen für Masse, die<br />
Klasse aber verliert sich in der allwöchentlichen Wintersport-Soap.<br />
Wer erkennt im Weltcup-Winter-Wust noch die Weltmeisterschaften,<br />
die über den Tag hinaus bedeutende Leistung? Diese Nivellierung<br />
bedeutet auch eine Geringschätzung der Athleten.<br />
Jörg Hahn<br />
Beim Zeus: Wie werden wir Europa?<br />
W<br />
er Europa zur Herzensangelegenheit erheben möchte, mag<br />
sich von einer jungen, liebreizenden Dame gleichen Namens<br />
inspirieren lassen. Wie in einer der berühmten Sagen des klassischen<br />
Altertums überliefert, fiel besagte Tochter eines guten Hauses dem<br />
wohl größten Egomanen seiner Zeit ins Auge, der im Zuge amourösen<br />
Überschwanges weder Kosten noch Mühen scheute, die holde<br />
Unschuld für sich einzunehmen. Dass es sich jenseits mildernder<br />
24<br />
Umstände letztlich doch um einen Fall von Entführung handelte,<br />
muss der Liebesgeschichte eine unschöne Note verleihen, doch<br />
immerhin bescherte sie der Leidtragenden neben drei Söhnen einen<br />
Platz im großen Buch der Überlieferung - und dem von uns<br />
bewohnten Teil der Erde einen Namen.<br />
Nach einer langen wechselvollen Geschichte ist aus dem geographischen<br />
Raum ein politisches Gebilde geworden, das nach wie vor<br />
große Hoffnungen weckt, aber auch Skepsis hervorruft. Sechs<br />
Staaten haben sich vor genau fünfzig Jahren zu einer Union zusammengefunden,<br />
um Europa eine neue Perspektive, ja eine möglichst<br />
glorreiche Zukunft zu geben - eine Vision, der sich bis heute 21<br />
Visionäre angeschlossen haben. Zunächst stand die angestrebte<br />
Gemeinschaft im Zeichen ökonomischer Interessen, dann wurde<br />
verstärkt auch um einen Schulterschluss in politischen Fragen<br />
gerungen. Inzwischen zielt das Bemühen nicht zuletzt auf die<br />
Schaffung einer verbindenden Identität, die freilich nicht am Reißbrett<br />
herausgebildet werden kann, sondern allein in den Köpfen und<br />
Herzen der Menschen zu entstehen vermag. Nur dort lässt sich der<br />
Stier bei den Hörnern packen, nur dort können wir Europa werden.<br />
Hat die Einführung einer gemeinsamen Währung sicher das ihre<br />
getan, muss die Kultur ein Übriges leisten, um damit auch den Sport<br />
ins Spiel zu bringen. Diesem aber wohnt der europäische Gedanke<br />
seit langem inne, während er zugleich auch dessen Grenzen verkörpert.<br />
Schließlich ist die Begegnung ebenso Programm der Bewegung<br />
wie die Konfrontation in der Natur der Sache liegt. Denn will man<br />
sich messen oder vergleichen, muss es ein "wir" und "die Anderen"<br />
geben, so wie Identifikation mit Abgrenzung einhergeht. Ansonsten<br />
würden Sportlerinnen und Sportlern letztlich die Gegnerinnen und<br />
Gegner ausgehen. Man stelle sich nur eine Fußball-WM ohne<br />
Deutschland und Holland, Italien und Spanien, England und Frankreich,<br />
stattdessen mit "Europa" vor. Dies dürfte kaum gemeint sein,<br />
wenn im Blick auf eine europäische Integration das Potenzial des<br />
Sports in Rede steht. Was aber dann? Vielleicht sollten wir die Frage<br />
für den Augenblick einmal im Raum stehen lassen, um stattdessen<br />
die Laufschuhe zu schnüren oder uns aufs Fahrrad setzen. Soviel<br />
nämlich scheint gewiss: Geht es den Menschen allerorten gut, kann<br />
es mit Europa so schlecht nicht bestellt sein.<br />
Andreas Höfer<br />
Halblang mit Marathon<br />
D<br />
en <strong>Deutsche</strong>n gehen die "Finisher" aus. Wie das denn? Hat der<br />
Klimaschutz schon wieder versagt? Keineswegs. Nicht alles ist<br />
Ozonloch und Ceozweiausstoß geschuldet. Finisher sind, klar doch,<br />
Menschen, die einen Marathlonlauf beenden, demnach das Gegen-<br />
OF-KOMMENT<br />
OF-KOMMENTARE<br />
ARE