Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Aus fünf- bis sechshundert Stunden Filmmaterial wurden<br />
dann jene beiden Teile zusammengeschnitten, die diesen Film<br />
zu einem Welterfolg werden ließen - und den Nazis jenen<br />
erwünschten Prestige-Erfolg bescherten, der mitgeholfen hat,<br />
ihre Terrorherrschaft nach außen zu übertünchen.<br />
Trotz aller berechtigten Einschränkungen hat dieser Film<br />
durch manche filmtechnische Neuerung Maßstäbe gesetzt. Er<br />
hat aber auch dazu beigetragen, dass nach Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges das monumentale filmische Pathos vermieden<br />
wurde und der Sportfilm nach neuen, bescheideneren Wegen<br />
suchte.<br />
Erst in der Aufbruchzeit der 1960er Jahre begann sich der<br />
Sport dann wieder intensiver dem Film zuzuwenden. In der<br />
Lehrarbeit des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen<br />
beispielsweise wurden damals bereits Grundlagen der praktischen<br />
Filmarbeit vermittelt. So reiste etwa eine Gruppe der<br />
Sportjugend NRW 1968 nach Berlin, um dort, in der Zusammenarbeit<br />
mit dem Jugendfilmstudio Berlin, einen Film über<br />
das <strong>Deutsche</strong> Turnfest zu drehen. Es entstand: "Sechs Tage -<br />
vier F - und eine halbe Stadt", ein Film, der bei den "Interna-<br />
62<br />
tionalen Sport- Amateurfilm-Tagen 1968" in Duisburg die<br />
Silbermedaille und das Prädikat "Bester sozialkritischer Film"<br />
erhielt.<br />
Dieses Filmfestival in Duisburg war als Idee des Landessportbundes<br />
NRW entstanden und sollte Impulsgeber für die<br />
Entwicklung des Sportfilms in Deutschland werden. Unter der<br />
Führung seines Präsidenten Willi Weyer, im Hauptberuf<br />
Innenminister des Landes, war der LSB-NRW damals für neue<br />
Ideen "ein offenes Feld". Und so entwickelte sich in den<br />
Folgejahren auch eine intensive Zusammenarbeit mit dem<br />
international renommierten Filmfestival "Oberhausener Kurzfilmtage",<br />
die bis über die <strong>Olympische</strong>n Spiele München 1972<br />
hinaus anhielt und immer mehr Internationalität erlangte.<br />
Die Gründe, warum die angestrebte Entwicklung eines eigenständigen<br />
"Sportfilm-Festivals" dann doch nicht zustande<br />
kam, sind nicht mehr zu eruieren. Eine Manifestation wäre<br />
sicherlich eine gute Chance gewesen, Sport und Film zusammen<br />
zu führen, zum Vorteil beider.<br />
Dann hat es doch ziemlich lange gedauert, ehe sich eine neue<br />
Generation von Regisseuren wieder dem Thema Sport in<br />
großem Rahmen filmisch näherte. In diesem Zusammenhang<br />
muss der Name Sönke Wortmann genannt werden. Denn erst<br />
mit seinem Film über die Fußballweltmeisterschaft 1954 -<br />
"Das Wunder von Bern" - ist wieder ein deutscher Sportfilm<br />
von Rang entstanden. Sönke Wortmann, schon durch Spielfilme<br />
mit anderer Themensetzung bekannt, hatte die besten<br />
Voraussetzungen für diesen Film mitgebracht. Denn über sein<br />
handwerkliches "Know how" hinaus brachte er die Erfahrungen<br />
eines langjährig praktizierenden Sportlers in dieses Filmwerk<br />
mit ein und verlieh durch sein Wissen den gestalteten<br />
Spielszenen gesteigerte Authentizität - und brachte darüber<br />
hinaus jungen Zuschauern auch ein Stück deutscher Nachkriegsgeschichte<br />
näher.<br />
Sein zweiter großer Sportfilm, "Deutschland - ein Sommermärchen",<br />
konzentrierte sich dann gänzlich auf die Authentizität<br />
des Dokumentarischen. Mit seinen Filmaufnahmen zu<br />
Spielbeginn, in der Halbzeitpause oder nach Spielende in der<br />
Umkleidekabine brachte uns Sönke Wortmann in eine vom<br />
Zuschauer sonst nicht wahrnehmbare Nähe von Spielern und<br />
Trainer. Mit dieser Innensicht, durch das Medium Film kanalisiert,<br />
blieb eine emotionale Nähe zur deutschen Nationalmannschaft<br />
auch nach dem Ende der Weltmeisterschaft 2006<br />
dem Filmzuschauer erhalten.<br />
Der deutsche Sportfilm ist wieder im Gespräch. Und es wäre<br />
dem Kulturgut Sport durchaus angemessen, sich dieses<br />
künstlerischen Mediums mehr als bisher zu nähern. Vielleicht<br />
sogar durch ein eigenes internationales Sportfilm-Festival,<br />
das den Anspruch des Sports, ein Kulturgut unserer Zeit zu<br />
sein, auch mit Blick in die Zukunft bestätigt.<br />
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