Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Bevor es zur Gründung der Sporthilfe kam, glückte Willi<br />
Daume mit der (Er-)Findung von Josef Neckermann als<br />
Vorsitzender ein Geniestreich. Der erfolgreiche Versandhauschef<br />
war damals eine der Symbolfiguren des bundesdeutschen<br />
Wirtschaftswunders. Am 12. Mai, genau zwei Wochen<br />
vor der Geburt der Sporthilfe, gelang es "Eisen-Daume" am<br />
Rande des Wiesbadener Reitturniers in einer turbulenten<br />
Nachtsitzung, den anfangs widerstrebenden Würzburger<br />
weich zu klopfen. Der hoch dekorierte Dressurreiter übertrug<br />
den Erfolgsslogan "Neckermann macht's möglich" auf die<br />
Sporthilfe. "Necko", wie er liebevoll genannt wurde, identifizierte<br />
sich mit der ihm eigenen Mischung aus Perfektionismus,<br />
Arbeitseinsatz und Beharrlichkeit mit der neuen Aufgabe.<br />
Im Interesse der Sache schonte er weder seine Mitarbeiter<br />
noch die Vorstandsmitglieder der Stiftung. Seine nächtlichen<br />
Anrufe waren gefürchtet.<br />
Josef Neckermann war sich nicht zu schade, persönlich bei<br />
den Großen der Wirtschaft Klinken zu putzen, um möglichst<br />
viele Spenden zu sammeln. Leicht kokettierend nannte er sich<br />
"Bettler der Nation". <strong>Von</strong> 1970 an machte er die Idee des<br />
Wiesbadener Sporthilfeklubs für einen "Ball des Sports" zur<br />
Sache der Sporthilfe. Alsbald wurde daraus das renommierteste<br />
gesellschaftliche Ereignis der Bundesrepublik. Und bis<br />
heute hat der Ball bei seinem Streifzug durch die Jahrhunderthalle<br />
und Festhalle in Frankfurt, die Rheingoldhalle in<br />
Mainz und die Rhein-Main-Halle in Wiesbaden trotz mancher<br />
Schwankungen seine Spitzenstellung gehalten. Zwischen<br />
einer Million und zwei Millionen D-Mark und zuletzt 800.000<br />
Euro kamen als Erlös einer meist gut bestückten Tombola der<br />
Sporthilfe zugute.<br />
Wichtiger noch als<br />
der pekuniäre Ertrag<br />
aber war das<br />
Renommee, das mit<br />
der swingenden<br />
Nacht verbunden<br />
war. Denn bei aller<br />
massenhaften<br />
Begeisterung, wie<br />
sie sich nach dem<br />
Kriege vor allem<br />
1954 beim Fußball-<br />
Wunder von Bern<br />
und 1972 bei den<br />
<strong>Olympische</strong>n Spielen<br />
von München Bann<br />
brach, war es um<br />
die gesellschaftliche<br />
Anerkennung des<br />
Sports in den fünfziger<br />
und sechziger<br />
Jahren schlecht<br />
bestellt. Der Ball des<br />
Sports, bei dem sich<br />
die Hautevolee der<br />
Bonner Republik<br />
vom Bundespräsidenten<br />
über den<br />
Bundeskanzler bis<br />
Josef Neckermann und Willi Daume<br />
hin zu Ministern,<br />
von Konzernchefs<br />
über Showstars bis<br />
hin zu Sportassen vergnügte, sorgte für einen Durchbruch<br />
zum Besseren.<br />
Nicht zu übersehen war eine konservative Tönung des Balls.<br />
Wer Geld für die Sporthilfe gab, handelte nicht selten aus<br />
einem antikommunistischen Impuls heraus. Auch wenn es in<br />
der alten Bundesrepublik verpönt war, dies zuzugeben, konnte<br />
sich der Sport im Westen Deutschlands dem Wettstreit der<br />
politischen Systeme nicht entziehen. Auffällig war, wie gerade<br />
Verfechter einer entschiedenen Haltung gegenüber dem<br />
Ostblock wie Franz Josef Strauss beim Ball stürmisch gefeiert<br />
39