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Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Was as macht eigentlich ...?<br />

Martin Lauer<br />

<strong>Von</strong> <strong>Steffen</strong> <strong>Haffner</strong><br />

Der Ortsname Lauf könnte symbolischer kaum sein. Hier, in der<br />

Kleinstadt an der Pegnitz unweit Nürnbergs, wohnt Martin<br />

Lauer, Weltrekordläufer im Hürdenlauf und Olympiasieger in<br />

der Sprintstaffel. Das Autokennzeichen vor dem properen Haus weist<br />

auf seinen Besitzer hin: LAU-ER. Hier hat sich das Idol der späten<br />

fünfziger Jahre gemeinsam mit seiner Frau, einer Nürnbergerin, ein<br />

geschmackvolles Domizil eingerichtet. "Ich bin ein heimatvertriebener<br />

Kölner. Das Kölsch darf nicht ausgehen, das schmuggeln wir bei<br />

Nacht und Nebel über die bayrische Grenze." Die Lauers haben sich<br />

nicht in der fränkischen Provinz vergraben. "Die Kinder sind gut auf<br />

die Schiene gesetzt." Der Sohn wohnt mit seinen zwei Jungen gegenüber,<br />

die Tochter mit ihrem dreijährigen Töchterchen in Frankfurt.<br />

"Wir sind mobil." Reisen gehört zum Lebensstil. Auf den Seychellen<br />

haben sie sich gerade Neid erregende Bräune geholt.<br />

Doch Strandurlaub ist weniger<br />

ihre Sache. Zu zweit haben sie<br />

die abenteuerlichsten Reisen<br />

überstanden. "Das verbindet. Das<br />

Wichtigste ist mir meine Frau",<br />

mit der er seit vierzig Jahren<br />

verheiratet ist. Sie haben Australien<br />

nach allen Himmelsrichtungen<br />

durchquert. Sind durch die<br />

Wüste Atacama und dann die<br />

Anden entlang nach Süden<br />

gefahren, wurden ausgeraubt<br />

und verfehlten so ihr Traumziel<br />

Feuerland. Ein Schock. Dennoch<br />

werden China-Pläne geschmiedet,<br />

diesmal im Schutz einer<br />

Gruppe. Der Totempfahl an der<br />

Tür zum lichten Wohnzimmer ist<br />

ein sperriges Mitbringsel aus Nordamerika. Erstmals sind sie 1968 zu<br />

zweit losgezogen, mit dem Auto von San Francisco nach Mexiko zu<br />

den <strong>Olympische</strong>n Spielen. Mit 31 hätte er dort als Athlet noch voll auf<br />

der Höhe sein können. Doch war er "nur" als Journalist dabei. Das<br />

Schicksal hatte ihn acht Jahre vorher aus der (Lauf-)Bahn geworfen.<br />

Warum das so kam, das ist Anfang des Jahres zum 70. Geburtstag in<br />

den Medien ausgebreitet worden.<br />

Martin Lauer war so etwas wie ein Liebling der Götter. Einer, dem<br />

reiche Begabungen in die Wiege gelegt wurden. Als Junge war er im<br />

50<br />

Dreikampf unschlagbar. Denn er warf den Schlagball oft doppelt so<br />

weit wie der Nächstbeste. "Ohne Schlagball wäre ich vielleicht Fußballer<br />

geworden." Verblüffend seine Vielseitigkeit: "Ich musste mich in<br />

allem versuchen." Schon mit siebzehn wurde er deutscher Meister im<br />

Fünfkampf. "Ich habe zwei Mal die Woche konsequent trainiert. Ich<br />

habe alles in anderthalb Stunden reingepackt. Denn mein Bestreben<br />

war immer, möglichst wenig Zeit auf dem Platz zuzubringen." Denn<br />

es gab ja sonst so viel zu erleben, so viel zu tun. "Mit 14, 15 war für<br />

mich klar: Ich wollte Diplom-Ingenieur werden. Das war mein Ziel…<br />

Ich habe studiert wie ein Besessener, um schnell fertig zu werden.<br />

Den Zehnkampf habe ich mir aufgespart für die Zeit danach." Dennoch<br />

wurde der Neunzehnjährige schon 1956 in Melbourne Olympiafünfter<br />

im Zehnkampf, dazu Olympiavierter im Hürdensprint. Drei<br />

Jahre später hätte er in Düsseldorf um ein Haar den Zehnkampf-<br />

Weltrekord gebrochen. Da lief er gleich einmal die 100 Meter in 10,2<br />

Sekunden, das war Weltbestzeit.<br />

Doch den Diskus warf er nach<br />

zwei ungültigen Versuchen statt<br />

der möglichen 52 nur 36 Meter<br />

weit, aus dem Stand. Die Chance<br />

war vertan. Das wurmt ihn noch<br />

heute.<br />

Das war im Jahr 1959, an dessen<br />

Ende er zum "Welt-Leichtathleten"<br />

gewählt wurde. Eine Auszeichnung,<br />

die kein deutscher<br />

Athlet vor ihm und nach ihm<br />

erreicht hat. Und das lag an<br />

jenem legendären 7. Juli. Da<br />

stürmte er im Zürcher Letzigrund<br />

bei kalifornischen Bedingungen<br />

zum seiner Zeit sagenhaften<br />

Weltrekord von 13,2 Sekunden über 110 Meter Hürden. Und eröffnete<br />

damit die kaum enden wollende Serie von Weltrekorden an dieser<br />

Kultstätte der Leichtathletik. 45 Minuten später ließ er gleich den<br />

zweiten Streich über 200 Meter Hürden folgen. Wer darin eine<br />

besondere physische Anstrengung sieht, wird von Lauer belehrt:<br />

"Dieser Lauf passte einfach gut in mein Belastungsprogramm. Wenn<br />

an diesem Tag nur ein einziges Rennen gewesen wäre, hätte ich das<br />

Ganze ohnehin noch zu einem richtigen Training ausgebaut. So<br />

konnte ich wenigstens einen kompletten Trainingstag sparen." An<br />

diesem zweiten Weltrekord in 22,5 Sekunden "bissen sich Leute wie

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