Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
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teil von "Quittern", die wiederum Menschen sind, die beim Marathon<br />
vorzeitig aussteigen. Beide zusammen gehören ins sich ausbreitende<br />
Reich des Anglizismus, der unsere Sprache unterwandert<br />
wie die Italiener das Münchner Oktoberfest. Andererseits: Soll man<br />
von "Beendern" reden oder umständlich von Läufern, die das Rennen<br />
durchgestanden haben? Knackig-kurz ist angesagt. Und klingt<br />
Finisher nicht viel sportlicher als ein adäquater deutscher Begriff?<br />
Sei`s drum.<br />
Kommen wir zur Sache. Die deutschen Marathonfreunde haben<br />
leicht irritiert registriert, dass die Zahl der Finisher 2006 rückläufig<br />
war, 17.000 weniger als im Vorjahr, bei einzelnen Rennen bis zu 19<br />
Prozent (in den USA dagegen legten die bis zum Schluss Standhaften<br />
um 3,7 Prozent zu). Und überhaupt: Weniger Marathonrennen<br />
insgesamt und Anstieg der Durchschnittszeit aller Finisher. Demnach<br />
wechselt der sportive <strong>Deutsche</strong> auf die Kriechspur zurück, ist der<br />
Boom schon wieder beendet? Die Wahrheit, so hat es den Anschein,<br />
liegt in der Mitte. Gelaufen wird immer noch, bis die Socken qualmen,<br />
nur offenbar nicht mehr so lang, nicht mehr 42,195 Kaemm.<br />
Das Motto der Bewegungsfreaks heißt jetzt: Macht mal halblang.<br />
Halbmarathons liegen im Trend, ebenso Straßen- und Volksläufe<br />
über noch kürzere Distanzen. 4.000 solcher "Sprints" (im Vergleich<br />
zum Marathon) führt der <strong>Deutsche</strong> Leichtathletik-Verband im<br />
Angebot. Knapp zwei Millionen nehmen es wahr.<br />
Bei der Ursachenforschung für diese Entwicklung zum Nachteil des<br />
Marathonlaufs stößt man auf die Konkurrenz Walking, die ältere<br />
Sportfreunde und frustrierte Langsamläufer anzieht, sowie die<br />
Faktoren Aufwand und Gesundheit. Will meinen: Wer den "langen<br />
Kanten" bei ansprechender körperlicher und seelischer Verfassung<br />
beenden und Folgelasten vermeiden will, muss sich Zeit lassen, nicht<br />
im Rennen, aber in der Vorbereitung. Die Überlegung, Freizeit aber<br />
nicht mehr ausschließlich, weil medizinisch notwendig, in das<br />
Hobby Marathon zu stecken, findet offenbar in zunehmendem<br />
Maße Anhänger. Das ist angesichts der deutlich weniger aufwändigen,<br />
gesünderen und vergnüglicheren Beschäftigung mit<br />
Rennen/Läufen über kürzere Strecken nicht verwunderlich. Und<br />
welche Rolle gelegentliche Todesmeldungen vom Marathon auf die<br />
Streckenwahl der Hobbyläufer spielen, ist ja wohl noch nicht untersucht<br />
worden.<br />
Wenn der Reiz des Marathons sich tatsächlich zu verflüchtigen<br />
beginnt, müssen Organisatoren von kommerziellen Laufveranstaltungen<br />
reagieren, rechnet sich ihr Geschäft (und das der Sportartikelindustrie)<br />
doch vor allem durch üppige Starterfelder. Heißt die<br />
Gleichung künftig also: Kleine Strecken großer Umsatz.<br />
Michael Gernandt<br />
<strong>Von</strong> schmerzenden Wahrheiten<br />
uch im Sport ist es so wie in manchen Familien: gewisse<br />
Wahrheiten werden, weil sie schmerzliche Gefühle auslösen,<br />
verschwiegen oder nur diskret angesprochen. Im Sport schmerzen<br />
die Enthüllungen über Stasi-Verstrickungen. Sie enden oft mit der<br />
Standardausrede, niemandem geschadet zu haben, obwohl alle<br />
Berichte von den MfS-Schergen willkürlich ausgebeutet werden<br />
konnten und wurden.<br />
OF-KOMMENT<br />
OF-KOMMENTARE<br />
ARE<br />
A<br />
Nach über 60 Jahren auftauchende Enthüllungen über NS-Lebensläufe<br />
können schmerzen, aber wie jede Wahrheit auch frei machen.<br />
So hat Bernd Wedemeyer-Kolwe die nicht immer lupenreine NS-<br />
Vergangenheit von Funktionären des LSB Niedersachsen, die nach<br />
1945 wieder im Sport, aber nicht alle im früheren Beruf tätig waren,<br />
offengelegt. Zwei Beispiele: Fritz Becker, dank Fürsprache von Carl<br />
Diem 20 Jahre LSB-Geschäftsführer, war schon 1931 Parteimitglied<br />
und hat im Reichssportamt Führungsfunktionen bekleidet (sein LSB-<br />
Vorgänger Harry Domke gehörte seit 1932 der NSDAP an). Hans-<br />
Joachim Benecke, zwölf Jahre stellvertretender LSB-Vorsitzender<br />
und Turnerfunktionär, hat in seiner Dissertation über das Dietwesen<br />
"fanatisch für nationalsozialistische Erziehungsmethoden Stellung"<br />
bezogen und als Hochschuldozent Karriere gemacht.<br />
Jüngere Historiker scheuen sich nicht, bisher Verschwiegenes ans<br />
Licht zu bringen. Nils Havemann enthüllte die Verstrickungen des<br />
DFB-Präsidenten Felix Linnemann bei der Judenverfolgung. Der<br />
hundertjährige Ruderclub am Wannsee (RAW) Berlin verwies in<br />
seiner die NS-Zeit kritisch beleuchtenden Festschrift, dass Wolfgang<br />
Freyeisen, Parteimitglied seit 1931, die Ruderer der SS-Leibstandarte<br />
Adolf Hitler als eigene Ruderriege im RAW "mit ganzjährigem<br />
Gehalt" betreute. Der Vater der ARD-Sportschau, Hugo Murero, von<br />
1936-1942 Reichstrainer im Basketball, gehörte seit 1933 der Partei<br />
an; er scheint nach 1945 als nicht belastet eingestuft worden sein,<br />
was seine Karriere beim NWDR und als erster Sportchef im WDR-<br />
Fernsehen erklärt. Bereits 1995 hat Karl Adolf Scherer - ohne<br />
spürbares Echo - auf die NS-Vergangenheit von Ritter von Halt,<br />
Guido von Mengden, Gerd Abelbeck, Georg Xandry oder Carl Koppehel<br />
hingewiesen.<br />
Wer von den Helfershelfern der roten Diktatur zu Recht Aufrichtigkeit<br />
verlangt, darf sich bei der Aufarbeitung der braunen Vergangenheit<br />
nicht um unangenehme Wahrheiten drücken. Nur - wer in<br />
den Medien und der Wissenschaft eine solch späte Gewissenserforschung<br />
verlangt, muss sich hüten, sich zu weit aus dem Fenster zu<br />
lehnen, denn eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Sportjournalismus<br />
im Dritten Reich steht noch immer aus.<br />
Hans-Dieter Krebs<br />
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