Von Steffen Haffner - Deutsche Olympische Gesellschaft
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In Deutschland gibt es zahlreiche und zum Teil anspruchsvolle<br />
Veröffentlichungen zur <strong>Olympische</strong>n Idee. Carl Diem<br />
zum Beispiel hat Beachtliches dazu beigesteuert, und<br />
auch von Willi Daume gibt es bemerkenswerte Vorträge und<br />
Aufsätze, in denen er sich zu Fragen des Olympismus und der<br />
<strong>Olympische</strong>n Spiele äußert. Beide haben sich dabei an Coubertins<br />
Grundaussagen orientiert und versucht, sie zeitgemäß<br />
zu interpretieren und praktisch umzusetzen: Diem 1936 als<br />
Generalsekretär des Organisationskomitees der <strong>Olympische</strong>n<br />
Spiele in Berlin - das für die Spiele verantwortliche Organisationskomitee<br />
wurde schon vor 1933 gewählt, Präsident war<br />
Theodor Lewald, Generalsekretär Carl Diem, der eine im Nazi-<br />
Jargon "Halbjude", der andere "weißer Jude" - und Daume als<br />
Präsident des Organisationskomitees der <strong>Olympische</strong>n Spiele<br />
1972 in München, dessen Generalsekretär Herbert Kunze war.<br />
Ingesamt wurden in Deutschland fünf Anläufe unternommen,<br />
die <strong>Olympische</strong>n Spiele in eine deutsche Stadt zu holen. Der<br />
erste Anlauf führte zur Vergabe durch das Internationale<br />
<strong>Olympische</strong> Komitee an Berlin 1916; die Durchführung kam<br />
wegen des Ersten Weltkriegs nicht zustande. Der vierte<br />
Anlauf "Berlin 2000" scheiterte kläglich mit und an einer<br />
schlecht vorbereiteten Bewerbung, die Leipziger Bewerbung<br />
endete bekanntlich ebenfalls enttäuschend. Die zweite und<br />
dritte Bewerbung waren dagegen erfolgreich. Berlin erhielt -<br />
mit seiner Bewerbung und der Vergabe durch das Internationale<br />
<strong>Olympische</strong> Komitee 1931 noch vor der nationalsozialistischen<br />
Machtergreifung - den Zuschlag für die Spiele 1936.<br />
Die dritte Bewerbung bescherte München die Spiele 1972, die<br />
nun in einer demokratischen Bundesrepublik stattfinden<br />
konnten.<br />
Diem und Daume waren nicht nur durch ihre Verdienste um<br />
die Entwicklung des Sports insgesamt ausgewiesen, sondern<br />
sie waren vorzügliche Kenner des Olympismus und des olympischen<br />
Sports. Für beide waren die Spiele ein Kulturereignis;<br />
beide wollten, dass die Forderungen Coubertins, die Spiele<br />
müssten zeitgerecht, modern, als "Fest" gestaltet werden,<br />
sollten die Einheit von Sport, Kunst und "Geist" widerspiegeln,<br />
eingelöst würden. Aber für beide erfolgte diese Einlösung<br />
jeweils unter politischen Voraussetzungen, die unterschiedlicher<br />
gar nicht sein konnten.<br />
52<br />
Olympismus und <strong>Olympische</strong><br />
Zwischen Idealität und<br />
Die "Berliner" Spiele<br />
Für Diem sollte der olympische Sport von einem Bild des<br />
Menschen bestimmt sein, das an seiner körperlich-geistigen<br />
Ganzheit und dem Streben nach Selbstgestaltung orientiert<br />
und damit der neuhumanistischen Tradition des 19. Jahrhunderts<br />
verpflichtet und das zugleich vom Spiel als der - nach<br />
Schiller, auf den Diem sich gern bezog - Versöhnung von<br />
Natur und Geist und ihrer Aufhebung in einem Spiel und<br />
Schönheit verpflichteten olympischen Ideal bestimmt war.<br />
Vermutlich war dies aber ein zu idealistisches und zu wenig<br />
politisches Bild, das spätestens in der Zeit des Nationalsozialismus<br />
dann auch an seine Grenzen stieß.<br />
Zusammen mit Lewald hat sich Diem bemüht, bei den <strong>Olympische</strong>n<br />
Spielen 1936 in Berlin - trotz schwieriger politischer<br />
Umstände - etwas von der <strong>Olympische</strong>n Idee im Sinne Coubertins<br />
zu erhalten und sichtbar zu machen. Ritterlichkeit,