Stefan f l Gergely - stefan m. gergely
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dioaktiven Teilchen wurden aber zu Boden gewaschen und strahlten<br />
dort in konzentrierter Form weiter. An diesem Beispiel zeigt sich, was<br />
später heftig als »Beschwichtigung« kritisiert wird).<br />
Die Sowjetunion teilt der Wiener Atombehörde mit, daß die Kettenreaktion<br />
in Tschernobyl zum Stillstand gekommen sei. Ein US-amerikanischer<br />
Spezialist für Knochenmarktransplantationen, Dr. Robert Gale,<br />
wird nach Moskau eingeladen, um Strahlenopfer zu operieren.<br />
Wie es im Raum von Tschernobyl wirklich aussieht, erfahren vorerst<br />
weder das sowjetische Volk noch die Weltöffentlichkeit Statt dessen attakieren<br />
die sowjetischen Medien den Westen, dieser verbreite eine<br />
»Giftwolke des Antisowjetismus«.<br />
Ganz anders verhält man sich in Polen. Die sowjetische Version zur<br />
Lage wird zwar offiziell nicht angezweifelt, aber die Anordnungen der<br />
Regierung sprechen eine deutliche Sprache. Immerhin ist die Strahlenbelastung<br />
500 Mal höher als normal. Alle Kinder bis zum 16. Lebensjahr<br />
bekommen Jodtabletten zugeteilt. Die Behörden beteuern zwar, es<br />
bestehe keine unmittelbare Gefahr; Haltbarmilch ist allerdings in Kürze<br />
ausverkauft. Milchpulver darf nur noch für Säuglinge ausgegeben werden.<br />
In einer Pressekonferenz für westliche Journalisten teilen polnische<br />
Experten mit, als Folge der Strahlung würde in den nächsten 30 Jahren<br />
eine gewisse Zahl von Menschen an Schilddrüsenkrebs erkranken.<br />
Nach einem Gottesdienst in Warschau hört man Sprechchöre: »Wir<br />
danken für die Strahlung«. Später wird sie von den Polen sarkastisch<br />
»Freundschaftswolke« genannt.<br />
Auch in der Bundesrepublik Deutschland werden nun Sofortmaßnahmen<br />
angekündigt: Die Regierungen von Bund und Ländern wollen<br />
strahlenaktive Milch vorerst aus dem Verkehr ziehen. Einer vorsorglichen<br />
Empfehlung der Strahlenschutzkommission folgend, einigen sich<br />
die Landesregierungen in einer Konferenz im Bonner Innenministerium<br />
darauf, daß Frischmilch von den Molkereien nur ausgegeben werden<br />
darf, wenn die Aktivität von Jod-131 unterhalb von 500 Becquerel je Liter<br />
liegt (das entspricht rund 12 Nanocurie je Liter; zur Erklärung der<br />
Maßeinheiten siehe Seite 31 und 81).<br />
Die Meßwerte in der Luft haben in der BRD das Dreißigfache des<br />
Normalwertes erreicht. Aus der DDR werden hundertfache, aus Schweden<br />
zweihundertfache Überschreitungen des normalen Pegels gemeldet<br />
Das italienische Gesundheitsministerium erläßt ein Verbot der Einfuhr<br />
von Tieren, Tier- und Pflanzenprodukten aus der Ukraine. Der Verkauf<br />
von Blattsalaten und Blattgemüse wird für 15 Tage verboten. Nur<br />
in Frankreich geschieht nichts. Die Strahlenmenge sei, so wird gemeldet,<br />
zu geringfügig. Den gallischen Massenmedien ist offenbar die Kritik an<br />
sowjetischer Geheimniskrämerei und am Kommunismus wichtiger.<br />
Um 12 Uhr 19 gibt das Gesundheitsministerium in Wien mit Nachdruck<br />
Warnungen an die Funktionäre der Land- und Forstwirtschaft<br />
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