Stefan f l Gergely - stefan m. gergely
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fall nicht mit Sicherheit vorhersagen, ob die nächste Kugel auf Schwarz<br />
oder Rot, Gerade oder Ungerade fällt. Erst bei einer unendlich großen<br />
Zahl von Würfen hat jedes Loch die gleichen Chancen, getroffen zu<br />
werden.<br />
Gibt es eine untere Dosisgrenze für die Strahlenwirkung?<br />
Hinter all diesen Überlegungen steht aber nicht nur das Prinzip der Statistik,<br />
sondern auch das heute verbreitete medizinische Konzept der<br />
Krebsentstehung. Dieses besagt, daß es im Extremfall ausreicht, daß ein<br />
einziges energiereiches Molekül eine Zelle zur Krebszelle macht und<br />
daß eine einzige Krebszelle zur manifesten Erkrankung führen kann.<br />
Das gilt auch für den Einfluß radioaktiver Strahlen, ihre Wirkung ist<br />
nicht auf jene Nuklide beschränkt, die aus Kernkraftwerken stammen;<br />
auch die natürliche Radioaktivität fordert ihren Tribut. Es wird geschätzt,<br />
daß etwa 1 Prozent der Krebsfälle auf das Konto der naturgegebenen<br />
Strahlenbelastung gehen. Diese Schätzung stammt vom »Comittee<br />
on the Biological Effects of Ionising Radiation« (BEIR) des US-<br />
National Research Council. Die Schätzung ist in der Fachwelt allerdings<br />
nicht unwidersprochen. So gibt es Strahlenmediziner, die der Auffassung<br />
sind, der Mensch habe sich im Laufe der Evolution an die<br />
natürliche Strahlenbelastung gewöhnt; schließlich habe der Stoffwechsel<br />
Mechanismen zur Reparatur von Strahlenschäden entwickelt. Strahlendosen<br />
in der Höhe der natürlichen Belastung könnten deshalb als unbedenklich<br />
angesehen werden.<br />
Aus dem Widerspruch zwischen diesen beiden Thesen resultieren letztlich<br />
die unterschiedlichen Einschätzungen der Spätfolgen der Reaktorkatastrophe<br />
von Tschernobyl für Österreich. Jene, die der Auffassung<br />
sind, Strahlenmengen in der Größenordnung der natürlichen Radioaktivität<br />
seien unbedenklich, kommen zu dem Schluß, Tschernobyl werde<br />
in Österreich keine gesundheitlichen Konsequenzen haben. Jene dagegen,<br />
die der Auffassung sind, für eine Strahlenschädigung gebe es keinen<br />
unteren Schwellenwert für die Dosis (die Vertreter dieser These<br />
sind in der Wissenschaft eindeutig in der Mehrheit) müssen folgern, es<br />
werde sehr wohl eine, wenn auch geringe, Erhöhung von Krebs, Leukämie,<br />
Mißbildungen und genetischen Schäden auftreten.<br />
Fragt sich nur noch, wie groß der Schaden ist. Die Strahlenmediziner<br />
haben die Krankheitshäufigkeit bei den Überlebenden von Hiroshima<br />
und Nagasaki analysiert, sie haben die Krebs- und Leukämieraten von<br />
Menschen statistisch erfaßt, die nahe von Kernkraftwerken leben und<br />
sie haben sich für jene Krebskranken interessiert, die zum Zwecke der<br />
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