Stefan f l Gergely - stefan m. gergely
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8. Wirtschaftliche Folgen<br />
Gegenwärtig ist es noch viel zu früh, einen halbwegs vollständigen<br />
Überblick über die wirtschaftlichen Folgen des GAUs von Tschernobyl<br />
wiederzugeben. Lediglich ansatzweise können Daten und Überlegungen<br />
präsentiert werden.<br />
Wohl nie werden wir erfahren, welche Kosten durch die Evakuiemng<br />
der Ortschaften mnd um Tschernobyl, die Bekämpfung des Reaktorbrandes<br />
und voribeugende Maßnahmen weiterer radioaktiver Kontamination<br />
in der Gegend von Kiew auflaufen. Sie dürften ebenso astronomisch<br />
sein wie der Schaden, der durch tausende, wenn nicht zehntausende<br />
Krebs- und Leukämiefälle der Sowjetunion in den nächsten Jahren<br />
erwächst. Gegenwärtig ist noch offen, ob bzw. wieweit die Sowjets<br />
beginnen werden, bei den anderen Atomreaktoren ihres Landes zusätzliche<br />
Sicherheitsvorkehrungen nachzurösten. Derartige Maßnahmen<br />
würden ihnen jedenfalls teuer zu stehen kommen.<br />
Das Reaktorunglück von Tschernobyl könnte nach einem Bericht der<br />
Washington Post einen »verheerenden« Einfluß auf die sowjetische<br />
Landwirtschaft haben. Der beschädigte Atommeiler liegt mitten in den<br />
frucfrtbarsten Gegenden der Sowjetunion. Die Ukraine sei der größte<br />
Nahrungsmittellieferant und die vier kleineren Landstriche nördlich von<br />
Tschernobyl trügen maßgeblich zur Nahmngsmittelversorgung in der<br />
UdSSR bei. Aufgmnd des Reaktorunglücks in Tschernobyl veranschlagten<br />
Experten in einer Anhörung vor dem US-Kongreß den maximalen<br />
Getreideeinfuhrbedarf der UdSSR für 1986/87 auf das Rekordvolumen<br />
von fast 50 Millionen Tonnen. Damit würden sich die US-Getreideexporte<br />
in die Sowjetunion um nahezu 50 Prozent erhöhen.<br />
Ansatzweise meßbar ist auch der Schaden, den die COMECON-Länder<br />
bloß aufgmnd der jüngsten Handelsbeschränkungen durch die EG<br />
erleiden. In einer Art Sippenhaft wurde der gesamte Warschauer Pakt<br />
und Jugoslawien verdonnert, mindestens bis Ende Mai weder Fleisch,<br />
noch Gemüse, noch Milchprodukte in die EG zu liefern. Die Sowjetunion<br />
trifft dies am wenigsten - sie exportiert so gut wie keine Lebensmittel<br />
in den Westen (vom Kaviar abgesehen). Allein Ungarn führt dagegen<br />
jährlich Fleisch von über 1,4 Milliarden Schilling in die EG aus.<br />
Polen erlöst mit seinen Gemüseexporten jedes Jahr mehr als 700 Millionen<br />
Schilling. Der Wert der gesamten betroffenen Ausfuhren kann bei<br />
den sieben Staaten auf ca. sieben Milliarden Schilling beziffert werden.<br />
Aber auch im Handel zwischen den einzelnen westeuropäischen Staaten<br />
breitet sich nach Tschernobyl vermehrt Protektionismus aus. So verlangt<br />
Italien bei der Einfuhr von Lebensmitteln und Holz seit neuestem<br />
eine Bestätigung, daß die Ware vor dem 20. April produziert wurde;<br />
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