Stefan f l Gergely - stefan m. gergely
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9. Wie sicher ist sicher?<br />
Nicht nur jene, die schon immer gegen die Kernenergie waren, fordern<br />
nach Tschernobyl den Ausstieg aus dieser Form der Energiegewinnung.<br />
Auch viele von denen, die zuvor der Kernenergie eher positiv gegenüberstanden<br />
sind, haben jetzt ihre Meinung geändert. Und nicht wenige<br />
Politiker hängen ihr Mäntelchen nach dem Wind und gehen mit populären<br />
Forderungen auf Wählerfang.<br />
Tschernobyl zeigt, daß der konkrete Eintritt einer Reaktorkatastrophe<br />
etwas ganz anderes ist als die Aussage einer Wahrscheinlichkeitsrechnung,<br />
ein GAU könne höchstens einmal in 10.000 Jahren passieren.<br />
Vorstellbar war ein GAU oder ein Super-GAU auch vor Tschernobyl.<br />
Auch die Folgen durch radioaktive Verseuchung konnte man sich annähernd<br />
ausmalen. Aber wir haben nicht vorausschauend gedacht und gehandelt<br />
Dieser Mangel kann der Menschheit durchaus noch zum Verhängnis<br />
werden.<br />
Auf der technischen Ebene wird man nach Tschernobyl in erster Linie<br />
die Frage nach zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen erörtern. Welche<br />
Antwort immer darauf gegeben wird - ein gewisses, nicht genau bestimmbares<br />
»Restrisiko« wird übrigbleiben. Seine Bewertung wird je<br />
nach Standpunkt des Beobachters unterschiedlich ausfallen: Jede Nutzung<br />
der Technik, werden die einen argumentieren, berge ein bestimmtes<br />
Risiko. Das beginne beim Autofahren, schließe die Wasserkraft mit<br />
ein (schon genug Dämme sind geborsten und haben zahllose Menschen<br />
getötet) und ende bei der Atomkraft. Es gelte demnach, die Energiepolitik<br />
auf eine fundierte Analyse des Risiko-Nutzen-Verhältnisses zu gründen.<br />
Ebenso wie geringe Mengen von radioaktiver Strahlung langfristig<br />
Gesundheitsschäden hervorriefen, seien auch die Abgase beispielsweise<br />
von Autos und kalorischen Kraftwerken durchaus schädlich, in Summe<br />
vielleicht sogar schädlicher als alle Strahlung, die bisher aus Kernkraftwerken<br />
entwichen ist.<br />
Dagegen mag eingewendet werden, man könne Risken der Energiegewinnung<br />
und -nutzung nicht einfach vergleichen, indem man die Zahl<br />
der Krankheits- und Todesfälle aus bisherigen Unfällen addiere und<br />
dann die Ergebnisse miteinander vergleiche (und überdies: wer Technik-<br />
Nutzung gegen Menschenleben aufwiegt, soll erst einmal feststellen,<br />
wieviel Kilowattstunden ein Krebsfall „wert" ist). Zunächst einmal sind<br />
freiwillige und unfreiwillige Risken auseinander zu halten: Wer 40 Zigaretten<br />
am Tag raucht, geht freiwillig ein erhöhtes Risiko ein, an Lungenkrebs<br />
zu erkranken. Wer mit dem Motorrad über Landstraßen braust,<br />
riskiert sein Leben ebenfalls aus freien Stücken. Daß bei Verkehrsunfällen<br />
auch andere Menschen zu Schaden kommen können, wird dabei<br />
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