Stefan f l Gergely - stefan m. gergely
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für die betroffenen Ärzte - von den Verletzten ganz abgesehen - bedeutet:<br />
Am Anfang ihrer Tätigkeit stünde die sogenannte Triage der Opfer,<br />
auch Sichtung genannt. Diese muß nach genau festgelegten Dringlichkeitsstufen<br />
erfolgen. Bei jeder medizinischen Behandlung werden diejenigen,<br />
deren Leben akut bedroht ist, zuerst behandelt. Im Gegensatz<br />
dazu ist das Wesensmerkmal der Triage, daß eine Gruppe ausgesucht<br />
wird, die keine medizinische Behandlung mehr erhält. Man läßt also die<br />
Schwerstverletzten unbehandelt liegen. Sie als »Wartefälle« zu bezeichnen<br />
und damit so zu tun, als erhielten sie zu einem späteren Zeitpunkt<br />
angemessene Hilfe, verschleiert die Konsequenzen dieser Aussonderung:<br />
Wenn Schwerstverletzte nicht sofort Hilfe erhalten, verschlechtem<br />
sich ihre Chancen drastisch. Teile der Ärzteschaft lehnen die Triage als<br />
Ausdmck einer menschenverachtenden Perversion der Medizin ab. Was<br />
die Triage konkret bedeutet, zeigt ein Passus aus dem oben erwähnten<br />
Sanitätsrahmenplan; er bezieht sich auf die zu schaffenden Isolierräume:<br />
In diesen »sollen - möglichst abseits der Versorgungsstraße -<br />
jene Patienten betreut werden, die unter dem Dmck des Massenanfalls<br />
vorerst als chancenlos angesehen werden müssen. Kurze Wegstrecken<br />
zur Prosektur bzw. zu den Leichenräumen sind anzustreben«.<br />
Diese Art von Medizin, argumentieren daher Gegner der Katastrophenmedizin<br />
ganz ähnlich wie Atomgegner mit Bezug auf den Zivilschutz,<br />
füge sich nahdos in Überlegungen zu einem begrenzten und gewinnbaren<br />
Atomkrieg ein: Ein Sieg sei dann möglich, wenn eine »genügende«<br />
Anzahl von Menschen übrigbleibt, um den Wiederaufbau in Angriff zu<br />
nehmen.<br />
In diesem Spannungsfeld zwischen der grundsätzlichen Ablehnung des<br />
Zivilschutzes durch die Pazifisten und dem Wunsch nach totaler Verbunkerung<br />
für den Ernstfall ist die Frage des Zivilschutzes zu sehen.<br />
Die Katastrophe von Tschernobyl fügt dem lediglich eine neue Facette<br />
hinzu. Sie war vorhersehbar, aber die unmittelbare Betroffenheit ist<br />
doch ganz etwas anderes als eine theoretische Überlegung.<br />
Wie immer man zu dieser Frage stehen mag - die Zivilschützer dürften<br />
jetzt auf absehbare Zeit vermehrt Unterstützung erhalten. Minister Blecha<br />
plant Selbstschutzzentren in den Gemeinden. Die Bevölkerung soll<br />
damit über alle Aspekte des Selbstschutzes informiert und beraten werden.<br />
Darüber hinaus soll eine Bundeswamzentrale und eine »Einsatzmitteldatei«<br />
geschaffen werden, die Auskünfte über alle für den Katastrophenschutz<br />
überörtlich benötigten Einsatzmittel und Personalreserven<br />
gibt. Der Schutzraumbau soll forciert werden. Die Devise lautet:<br />
»Keine Atombunker für wenige, dafür Grundschutzplätze für alle«.<br />
Zweifellos würde damit die Wirtschaft angekurbelt, haltbare Lebensmittel<br />
stapelten sich in Vorratskammern, Arbeitsplätze würden gesichert<br />
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