Stefan f l Gergely - stefan m. gergely
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Wie man es auch dreht und wendet: die Experten haben schlichtweg<br />
versagt, über die Folgen von Tschernobyl so aufzuklären, daß sich die<br />
Unsicherheit in der Bevölkemng in zumutibaren Grenzen hielt. Dieses<br />
Versagen wird in Österreich gegenwärtig häufig dem Gesundheitsminister<br />
angelastet; er ist auch in gewissem Umfang politisch dafür verantwortlich.<br />
Eher bestürzend ist es aber, wenn Strahlenexperten jetzt behaupten<br />
- und dies ist mehrfach geschehen - die Medien seien schuld,<br />
weil sie eine regelrechte Angstkampagne entfesselt hätten. Sicherlich -<br />
auch in diesem Metier blüht zuweilen das Geschäft mit der Angst Aber<br />
selbst jene Journalisten, die sich ehrlich bemühten, seriös fundierte Ratschläge<br />
und Informationen weiterzugeben, mußten vor einem Wust an<br />
undurchschaubaren Details nur allzu oft kapitulieren.<br />
Nicht zuletzt wurden natürlich auch von den Bürgern in aller Regel<br />
Fragen gestellt, in der Hoffnung, man werde darauf mit »Ja« oder<br />
»Nein« antworten (»Ist die Strahlung gefährlich oder ist sie es nicht?«<br />
»Darf ich die Milch trinken oder nicht?«). Die Bereitschaft jedoch, Antworten<br />
zu akzeptieren, die nicht einfach »Ja« oder »Nein« lauten, war<br />
und ist gering. Man will eben die zahlreichen Unsicherheitsfaktoren<br />
und Wahrscheinlichkeitsaussagen nicht zur Kenntnis nehmen und legt<br />
daher die - bei näherem Hinsehen durchaus vernünftigen - Vorsichtsmaßnahmen<br />
der Gesundheitsbehörden als Schritte zur Abwendung unmittelbar<br />
drohender Gefahr aus. Apropos Gefahr: Daß gegenwärtig ein<br />
beträchdicher Teil der Bevölkemng Angst vor den Strahlen aus Tschernobyl<br />
hat, ist verständlich (wenngleich darob nur allzu oft vergessen<br />
wird, daß die mnd um Tschernobyl lebenden Menschen ungleich mehr<br />
Leid trifft und noch treffen wird als uns). Wer beispielsweise in einem<br />
Tal wohnt, in dem weiter oben der Staudamm eines Wasserkraftwerkes<br />
steht, der kann - wenn auch mit großem Aufwand - woanders hinziehen,<br />
wenn er den Eindmck gewinnt, durch den Damm unmittelbar gefährdet<br />
zu sein. Wer Angst hat, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben<br />
zu kommen, braucht nicht in den Düsenjet einzusteigen. Vor den Einflüssen<br />
radioaktiver Strahlung kann man sich aber so gut wie gar nicht<br />
schützen (sieht man von dem begrenzten Zeitraum ab, in welchem man<br />
sich in einen Atombunker flüchten kann). Dazu kommt, daß Tschernobyl<br />
keine genau eingrenzbaren Folgen hat: es lauert - wie durch andere<br />
Umweltschadstoffe auch - der statistische Tod. Ob 10, 100 oder<br />
1.000 Österreicher infolge der erhöhten Strahlenbelastung an Krebs erkranken<br />
werden, ist dabei nicht so wichtig. Entscheidend ist vielmehr,<br />
daß es jeden von uns treffen kann, und niemand weiß, wen es treffen<br />
wird. Daher fühlen sich alle betroffen.<br />
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