Hochschulbildungsreport 2020 - Stifterverband für die Deutsche ...
Hochschulbildungsreport 2020 - Stifterverband für die Deutsche ...
Hochschulbildungsreport 2020 - Stifterverband für die Deutsche ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
51<br />
BERUFLICH-AKADEMISCHE BILDUNG<br />
verpflichtende Praxisphase im Curriculum verzichtet<br />
wurde. Diesen Negativtrend gilt es umzukehren<br />
und den Anteil an Stu<strong>die</strong>ngängen mit<br />
Pflichtpraktika auf das Niveau der drei Bundesländer<br />
zu heben, deren Hochschulen <strong>die</strong> meisten<br />
Stu<strong>die</strong>ngänge mit Pflichtpraktika anbieten: In<br />
Bremen, Sachsen und Bayern sind in immerhin<br />
durchschnittlich 14 Prozent der Stu<strong>die</strong>ngänge<br />
Praktika ein unerlässlicher Teil des Studiums.<br />
Umfragen unter Stu<strong>die</strong>renden verdeutlichen regelmäßig,<br />
dass <strong>die</strong>se praxisbezogene Elemente<br />
als sehr wichtigen Teil des Studiums einstufen.<br />
Mehr als 80 Prozent der Universitätsstu<strong>die</strong>renden<br />
finden Praxisbezüge in Lehrveranstaltungen,<br />
Angebote zur Vermittlung von Praxiswissen<br />
sowie das Sammeln praktischer Erfahrungen<br />
im Studium wichtig. Den Praxisbezug der Lehre<br />
sehen 87 Prozent der Universitätsstu<strong>die</strong>renden<br />
sogar als deutlich wichtiger an als den Forschungsbezug<br />
(60 Prozent). Bei Fachhochschulstu<strong>die</strong>renden<br />
sind <strong>die</strong> Anforderungen an den<br />
Praxisbezug ihres Studiums noch mal bis zu<br />
zehn Prozentpunkte höher.<br />
Den tatsächlich geleisteten Praxisbezug beurteilen<br />
Fachhochschulstu<strong>die</strong>rende deutlich besser<br />
als Universitätsstu<strong>die</strong>rende (zum Beispiel beurteilen<br />
56 Prozent der Fachhochschulstu<strong>die</strong>renden<br />
<strong>die</strong> Berufs-/Praxisbezogenheit des Studiums<br />
insgesamt mit gut/sehr gut, aber nur 28 Prozent<br />
der Universitätsstu<strong>die</strong>renden).<br />
Die Werte der Fachhochschulen von 73 Prozent<br />
positiven Bewertungen beim Thema Praxisbezug<br />
der Lehrveranstaltungen, 55 Prozent Zustimmung<br />
bei der Frage nach ausreichender Vermittlung<br />
von Praxiswissen und 60 Prozent positiven<br />
Eindrücken bezüglich der Möglichkeit des<br />
Sammelns praktischer Erfahrungen im Studium<br />
sind deshalb Benchmark und Ziel für den Durchschnitt<br />
aller Stu<strong>die</strong>renden bis <strong>2020</strong> – unabhängig<br />
vom Hochschultyp.<br />
Auch bei der Frage, wie zufrieden <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>renden<br />
mit der Möglichkeit, praktische Erfahrungen<br />
zu sammeln, sowie dem Berufs- und Praxisbezug<br />
in den Lehrveranstaltungen sind und wie sie <strong>die</strong><br />
Förderung ihrer allgemeinen Beschäftigungsfähigkeit<br />
beurteilen, sind Fachhochschulen der<br />
Benchmark, an dem sich <strong>die</strong> Ziele für <strong>2020</strong> orientieren.<br />
Bislang fühlt sich in den letzten beiden<br />
Kategorien weniger als ein Drittel der Universitätsstu<strong>die</strong>renden<br />
ausreichend gefördert.<br />
Und selbst bei den Fachhochschulstu<strong>die</strong>renden<br />
sehen nur etwas mehr als 40 Prozent <strong>die</strong> Fähigkeit,<br />
eine Beschäftigung zu erlangen und zu behalten,<br />
aktiv gefördert. Anders als beim Praxisbezug<br />
hat sich hier in den vergangenen drei Jahren<br />
wenig verbessert. Insofern erscheint <strong>die</strong> Anhebung<br />
des Gesamtniveaus auf <strong>die</strong> Zufriedenheit der<br />
Fachhochschulstu<strong>die</strong>renden bereits ambitioniert.<br />
Die Bewertung der Praxiselemente des Studiums<br />
wird im Rückblick keineswegs positiver. Die alle<br />
drei Jahre erhobene HIS-Absolventenbefragung<br />
aus dem Jahr 2011 zeigt, dass zum Beispiel weniger<br />
als ein Viertel der Universitätsabsolventen <strong>die</strong><br />
Vorbereitung auf den Beruf als gut bis sehr gut<br />
bewertet. Auch Fachhochschulabsolventen sind<br />
insgesamt deutlich unzufriedener als Fachhochschulstu<strong>die</strong>rende:<br />
Rund zwei Drittel bewerten<br />
<strong>die</strong> Verknüpfung von Theorie und Praxis als positiv,<br />
immerhin noch über 40 Prozent betrachten<br />
sich als gut auf den Beruf vorbereitet.<br />
Empfehlungen<br />
Die Berufsbefähigung von Hochschulabsolventen<br />
hängt in besonderem Maße davon ab, wie sie<br />
sich Wissen aneignen. Stu<strong>die</strong>rende, <strong>die</strong> ihr Wissen<br />
auf stets neue Kontexte beziehen können,<br />
sind gut auf eine Arbeitswelt vorbereitet, <strong>die</strong><br />
sich immer schneller verändert. Die akademische<br />
Lehre in den Zusammenhang ihrer Anwendungsmöglichkeiten<br />
zu stellen, ist jedoch nicht<br />
nur ein Baustein für <strong>die</strong> Berufsvorbereitung der<br />
Stu<strong>die</strong>renden, sondern bietet darüber hinaus<br />
ein wichtiges Element zur Förderung des Stu<strong>die</strong>nerfolgs.<br />
Das Wissen um mögliche Anwendungsfelder<br />
steigert <strong>die</strong> Motivation insbesondere<br />
beim Erlernen der theoretischen Grundlagen<br />
eines Faches.<br />
Praktika bieten eine gute Gelegenheit, frühzeitig<br />
Anwendungsfelder des Stu<strong>die</strong>nfaches kennenzu-<br />
Lupe<br />
Dritter Bildungsweg<br />
Vor dem Hintergrund des oft beklagten<br />
Fachkräftemangels will <strong>die</strong><br />
gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-<br />
Stiftung den Hochschulzugang ohne<br />
Abitur erleichtern – und mithelfen, <strong>die</strong><br />
Durchlässigkeit im tertiären Bildungsbereich<br />
zu steigern. Zielgruppen sind<br />
Berufserfahrene, <strong>die</strong> einen Bachelorabschluss<br />
im Vollzeitstudium in den<br />
Ingenieur- oder Gesundheitswissenschaften<br />
anstreben und sich in einer<br />
Arbeitnehmervertretung beziehungsweise<br />
gewerkschaftlich engagiert<br />
haben.<br />
Hochschulpartner sind <strong>die</strong> Universität<br />
Duisburg-Essen und <strong>die</strong> Fachhochschule<br />
Niederrhein. Gemeinsam mit<br />
ihnen hat <strong>die</strong> Stiftung zwei- bis sechsmonatige<br />
Brückenkurse entwickelt.<br />
Dieses „Vorstudium“ soll sicherstellen,<br />
dass <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>nanfänger den fachlichen<br />
Anforderungen des Studiums<br />
gewachsen sind. Hierfür und während<br />
des ersten regulären Semesters<br />
sorgen eigens dafür abgestellte<br />
Hochschullehrer für eine intensive<br />
Betreuung in Lerngruppen mit 10 bis<br />
15 Stu<strong>die</strong>renden. Die Hans-Böckler-<br />
Stiftung bietet Teilnehmern auch einen<br />
finanziellen Anreiz, indem sie für<br />
<strong>die</strong> Zeit des Vorstudiums Stipen<strong>die</strong>n<br />
vergibt. Während des eigentlichen<br />
Studiums ist eine Förderung mit öffentlichen<br />
Mitteln möglich.<br />
Das Programm wurde 2012 ausgeschrieben.<br />
Die DGB-Gewerkschaften<br />
haben Stu<strong>die</strong>rende für <strong>die</strong> Förderung<br />
vorgeschlagen. Die Bewilligungsbescheide<br />
sind inzwischen verschickt.<br />
Die ersten Stu<strong>die</strong>renden nehmen zum<br />
Sommersemester 2013 ihr Studium<br />
auf. Gleichzeitig hat <strong>die</strong> wissenschaftliche<br />
Evaluation begonnen, um den<br />
Erfolg des Ansatzes zu untersuchen<br />
und Expertise für <strong>die</strong> Betreuung <strong>die</strong>ser<br />
neuen Zielgruppe an den Hochschulen<br />
bereitzustellen. Die NRW-Wissenschafts-<br />
und Arbeitsministerien sind<br />
bei der Initiative mit im Boot.