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Hochschulbildungsreport 2020 - Stifterverband für die Deutsche ...

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63<br />

Quartäre Bildung<br />

passt werden; denkbar wäre etwa <strong>die</strong> Verbindung<br />

von BAföG mit erworbenen ECTS-Punkten, wobei<br />

jeder für BAföG infrage kommende Stu<strong>die</strong>rende<br />

Anspruch auf <strong>die</strong> Unterstützung beim Erwerb<br />

von insgesamt 300 ECTS-Punkten (Abschluss<br />

Masterebene) haben könnte, unabhängig vom<br />

Zeitpunkt und der Gesamtdauer des Erwerbs.<br />

Eine finanzielle Förderung unabhängig von der<br />

Stu<strong>die</strong>ndauer, dem Alter und der beruflichen Situation<br />

der Stu<strong>die</strong>renden, sei es über BAföG, Stu<strong>die</strong>nkredite,<br />

Weiterbildungsstipen<strong>die</strong>n oder <strong>die</strong><br />

steuerliche Absetzbarkeit von Weiterbildungsstu<strong>die</strong>ngängen,<br />

ist eine unabdingbare Voraussetzung<br />

für <strong>die</strong> konsequente Förderung lebenslangen<br />

Lernens. Die Ausweitung der KfW-Stu<strong>die</strong>nkredite<br />

auf Zusatz-, Ergänzungs-, Aufbau- und<br />

Zweitstu<strong>die</strong>ngänge sowie <strong>die</strong> Flexibilisierung der<br />

Finanzierung für Teilzeitstu<strong>die</strong>ngänge, <strong>die</strong> ab April<br />

2013 greifen werden, sind ein wichtiger Schritt<br />

in <strong>die</strong> richtige Richtung.<br />

Die besonderen Anforderungen und Kompetenzen<br />

berufserfahrener und berufstätiger Stu<strong>die</strong>render<br />

werden an deutschen Hochschulen bislang<br />

noch weitgehend vernachlässigt. Der Bologna-<br />

Prozess bietet eine Reihe von Möglichkeiten, <strong>die</strong>s<br />

zu ändern. Die Stu<strong>die</strong>nstrukturen müssen immer<br />

ausdifferenzierteren Bildungsbiografien gerecht<br />

werden und Hochschulen müssen ihre Angebote<br />

zielgruppenorientierter ausrichten. Eine größere<br />

Durchdringung von Studium und Berufstätigkeit<br />

erfordert mehr Flexibilität – von den Stu<strong>die</strong>renden<br />

als Nachfrager wie von den Hochschulen als<br />

Anbieter der quartären Bildung.<br />

2. Blick auf <strong>die</strong> Angebotsseite:<br />

Wenig Dynamik bei flexiblen<br />

Stu<strong>die</strong>ngängen<br />

Ein Blick auf <strong>die</strong> Angebotsseite verdeutlicht:<br />

Hochschulen sind in Deutschland ein Akteur unter<br />

vielen am Weiterbildungsmarkt, den das Institut<br />

der deutschen Wirtschaft Köln aktuell mit<br />

28,6 Milliarden Euro beziffert. Und ihr Marktanteil<br />

ist noch relativ klein: Abhängig von der Erhebungsmethode<br />

haben Hochschulen zwischen 2,4<br />

und fünf Prozent Anteil am Weiterbildungsmarkt,<br />

gemessen an den Weiterbildungsteilnehmenden.<br />

Führend sind hier private Anbieter mit rund<br />

40 Prozent Marktanteil und Volkshochschulen<br />

mit 24 Prozent (s. Abb. 6, Seite 62).<br />

Mit der aktuellen Weiterbildungsquote von 40<br />

Prozent der Erwerbsbevölkerung liegt Deutschland<br />

im europäischen Vergleich lediglich im<br />

Mittelfeld, vor allem mit Blick auf <strong>die</strong> hoch qualifizierten<br />

Erwerbstätigen. Finnland steht hier<br />

unangefochten an Europas Spitze, denn <strong>die</strong> Förderung<br />

lebenslangen Lernens steht dort seit den<br />

1980er-Jahren im bildungspolitischen Fokus. Mit<br />

dem Ausbau eines speziellen Weiterbildungsnetzwerkes,<br />

bestehend aus 34 sogenannten Centres<br />

for Continuing Education an 21 Hochschulen,<br />

wurde eine Angebotsstruktur geschaffen,<br />

aufgrund derer <strong>die</strong> Hälfte aller Weiterbildungen<br />

im Rahmen von Hochschulen wahrgenommen<br />

wurde. Das Beispiel verdeutlicht, wie groß <strong>die</strong><br />

Potenziale von Hochschulen als Anbieter quartärer<br />

Bildung bei entsprechender – vor allem politischer<br />

– Steuerung sind. Der geringe Marktanteil<br />

deutscher Hochschulen lenkt deshalb den Blick<br />

auf <strong>die</strong> Angebotsseite: Welche auf lebenslanges<br />

Lernen ausgerichteten Stu<strong>die</strong>nangebote gibt es<br />

hierzulande und wie hoch ist ihr Anteil an allen<br />

Stu<strong>die</strong>ngängen?<br />

Unterhalb der Ebene kompletter Stu<strong>die</strong>ngänge<br />

gibt es eine Vielzahl an Weiterbildungs- und<br />

berufsbegleitend oder berufsintegriert stu<strong>die</strong>rbaren<br />

Hochschulangeboten, von Zertifikatskursen<br />

über maßgeschneiderte Inhouse-Trainings<br />

bei Unternehmen bis hin zu Schülerakademien<br />

oder Angeboten für Senioren. Die mit Abstand<br />

größte Gruppe bilden Zertifikatskurse. Da <strong>die</strong><br />

Anzahl <strong>die</strong>ser Angebote jedoch nicht regelmäßig<br />

und vollständig erfasst wird und <strong>die</strong>ser Markt<br />

sehr volatil ist, konzentrieren sich <strong>die</strong> Indikatoren<br />

im <strong>Hochschulbildungsreport</strong> auf <strong>die</strong> Ebene<br />

der Stu<strong>die</strong>ngänge.<br />

Es hat sich gezeigt, dass der Bedarf an zeitlich<br />

und räumlich flexibel stu<strong>die</strong>rbaren Angeboten<br />

in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist<br />

und ein weiterer Aufwuchs hier nicht nur zu<br />

erwarten, sondern auch bildungs- und arbeitsmarktpolitisch<br />

notwendig ist und im Sinne der<br />

optimalen Förderung jedes Einzelnen in seiner<br />

Lupe<br />

MOOC<br />

Massive Open Online Courses (MOOC)<br />

sind ein neuer Ansatz, den Bedarf an<br />

zeitlich flexiblen, kostengünstigen<br />

Bildungsangeboten mit den Möglichkeiten<br />

des Internets zu verbinden. Der<br />

Lehrbetrieb findet im Wesentlichen<br />

online statt – mittels Vorlesungsvideos,<br />

in <strong>die</strong> Verständnisfragen und<br />

Aufgaben für <strong>die</strong> Kursteilnehmer eingebettet<br />

sind. Zudem gibt es Hausaufgaben<br />

und teilweise auch Prüfungen<br />

mit Präsenzpflicht in autorisierten<br />

Testcentern.<br />

Im vergangenen Jahr sind drei große<br />

„Online-Akademien“ an den Start<br />

gegangen, <strong>die</strong> aus den USA stammen,<br />

aber ein internationales Publikum<br />

ansprechen. Udacity war der Pionier<br />

und konnte auf Anhieb 90.000 Stu<strong>die</strong>nteilnehmer<br />

gewinnen. Die bislang 14<br />

Kurse kreisen um IT-Themen („Applied<br />

Cryptography“, „Software Debugging“).<br />

Coursera, das mit 33 namhaften<br />

Universitäten wie Stanford kooperiert,<br />

ist inhaltlich breiter aufgestellt. Dazu<br />

gehören Angebote unter anderem in<br />

Informatik, Medizin, Biologie, Sozialwissenschaften,<br />

Statistik und Ökonomie.<br />

Im Herbst 2012 umfasste das<br />

Programm mehr als 100 Kurse mit 1,9<br />

Millionen Teilnehmern. Mit dem vom<br />

Massachusetts Institute of Technology<br />

und der Harvard University getragenen<br />

edX ist im Herbst 2012 eine dritte<br />

Lernplattform hinzugekommen. Sie ist<br />

im Gegensatz zu Udacity und Coursera<br />

zunächst nicht kommerziell ausgerichtet<br />

und setzt besonders auf Interaktivität<br />

mit Gruppendiskussionen und<br />

gemeinsamem Lernen im Netz.<br />

Die ersten Erfahrungen mit dem<br />

Online-Studium haben gezeigt, dass<br />

es in den USA Bildungspotenzial in<br />

einkommensschwachen Schichten<br />

(ein „normales“ Studium ist dort<br />

extrem teuer) und in Schwellenländern<br />

heben kann. Auch für deutsche<br />

Hochschulen böte sich hier eine Möglichkeit,<br />

neue Zielgruppen im In- und<br />

Ausland zu erreichen. Allerdings sind<br />

sie auf den Plattformen bislang noch<br />

nicht vertreten, einzelne Hochschullehrer<br />

schon. Offen ist noch <strong>die</strong> Frage,<br />

welchen Wert <strong>die</strong> Online-Zertifikate<br />

im Vergleich zu Stu<strong>die</strong>nleistungen an<br />

einer herkömmlichen Uni besitzen.

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