23. Kongress der DGfE 12. – 14. März 2012 Osnabrück ...
23. Kongress der DGfE 12. – 14. März 2012 Osnabrück ...
23. Kongress der DGfE 12. – 14. März 2012 Osnabrück ...
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<strong>23.</strong> <strong>Kongress</strong> <strong>der</strong> <strong>DGfE</strong> Grußworte<br />
<strong>23.</strong> <strong>Kongress</strong> <strong>der</strong> <strong>DGfE</strong><br />
Grußworte<br />
Grußwort des Vorsitzenden <strong>der</strong> <strong>DGfE</strong><br />
Die gegenwärtige Situation <strong>der</strong> welt-<br />
weiten Finanzmärkte illustriert mehr<br />
als deutlich, wie bisherige Grenzen und<br />
Grenzmarkierungen ihre Bedeutung<br />
verlieren. Nationalstaatliche, an Grenzen<br />
gebundene politische Konzeptionen<br />
scheinen keine erfolgreichen Modelle<br />
mehr zu präsentieren, um Län<strong>der</strong>n wie<br />
Griechenland, aber auch Italien, Spanien,<br />
Portugal und Irland Wege aus <strong>der</strong> staatlichen<br />
Verschuldungsmisere zu weisen.<br />
Ein gesellschaftlich zunehmend entfesselter,<br />
insbeson<strong>der</strong>e von den Hedgefonds<br />
<strong>der</strong> Finanzmärkte angetriebener Kasino<br />
Kapitalismus hat längst alle nationalstaatlichen<br />
Grenzen überwunden.<br />
Überdeutlich können wir wahrnehmen,<br />
wie sehr <strong>der</strong> weltweite Globalisierungsprozess<br />
Wirklichkeit geworden ist. Selbst<br />
auf den Wirtschaftsseiten von eher als<br />
konservativ eingestuften Zeitungen wird<br />
das »Leiden am Kapitalismus« beklagt<br />
und die Teilnehmer/-innen des letzten<br />
Davoser Weltwirtschaftsgipfels sollen<br />
sogar nach Porto Alegre zum Weltsozialforum<br />
geblickt haben, um Alternativen<br />
zu den gängigen Konzepten in den<br />
Ideen nach einer sozial und ökologisch<br />
gerechter ausgerichteten Weltordnung<br />
zu entdecken.<br />
Der <strong>23.</strong> <strong>Kongress</strong> <strong>der</strong> Deutschen<br />
Gesellschaft für Erziehungswissenschaft<br />
findet in einer insgesamt sehr bewegten<br />
wie unsicheren Zeit statt, in <strong>der</strong> sogar die<br />
klaren Grenzen zwischen Kritikern und<br />
Kritisierten sich aufzulösen scheinen. Der<br />
Titel des <strong>Kongress</strong>es »Erziehungswissenschaftliche<br />
Grenzgänge« hätte angesichts<br />
<strong>der</strong> aktuellen Ereignisse so wohl kaum<br />
treffen<strong>der</strong> gewählt werden können, auch<br />
wenn auf den Symposien, Foren und in<br />
den Arbeitsgruppen an<strong>der</strong>e Themen als<br />
die Situation auf den internationalen<br />
Finanzmärkten im Mittelpunkt stehen.<br />
Doch auch die aus erziehungswissenschaftlicher<br />
Perspektive interessierenden<br />
Fragen und Herausfor<strong>der</strong>ungen sind<br />
nicht unabhängig von den ökonomischen<br />
Neuformatierungen mo<strong>der</strong>ner<br />
Gesellschaften zu reflektieren. Antworten<br />
auf Fragen nach <strong>der</strong> Kontur und Zukunft<br />
des Erziehungs-, Bildungs- und Sozialsystems,<br />
den Gestaltungen von Unterricht,<br />
sozialer Hilfe, erwachsenenpädagogischen,<br />
berufs- und medienpädagogischen<br />
Angeboten verlangen ebenso die<br />
Kenntnisnahme <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen wie die nach den<br />
öffentlichen Angeboten <strong>der</strong> Pädagogik<br />
bezüglich <strong>der</strong> Modellierung biografischer<br />
Verläufe von Kin<strong>der</strong>n, Jugendlichen und<br />
Erwachsenen aus unterschiedlichen<br />
Milieus und Lebenslagen.<br />
Die Ansprüche an die Pädagogik und die<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen an die Erziehungswissenschaft<br />
nehmen zu. Einerseits<br />
ist eine stärkere Aufmerksamkeit und<br />
Inanspruchnahme des Bildungs-, Erziehungs-<br />
und Sozialsystems zu beobachten.<br />
Erziehungswissenschaftliches Wissen<br />
findet zunehmend gesellschaftliche<br />
Beachtung. An<strong>der</strong>erseits ist jedoch auch<br />
wahrzunehmen, dass die Markierungen<br />
zwischen pädagogisch und nichtpädagogisch<br />
undeutlicher werden.<br />
Die gegenwärtige Entwicklung <strong>der</strong><br />
Erziehungswissenschaft zeigt sich in <strong>der</strong><br />
Ausdifferenzierung pädagogischer Handlungs-<br />
und Berufsfel<strong>der</strong> ebenso wie in<br />
den Entgrenzungen des Pädagogischen.<br />
Verän<strong>der</strong>ungen spiegeln sich auch in <strong>der</strong><br />
verstärkten empirischen Ausrichtung <strong>der</strong><br />
Erziehungswissenschaft. Methodologisch<br />
ist sie heute breiter und vielfältiger aufgestellt<br />
und ihr Forschungsvolumen und<br />
die Qualität des empirisch gewonnenen<br />
Wissens haben deutlich zugenommen.<br />
Zugleich sieht sie sich jedoch auch<br />
mit <strong>der</strong> Frage konfrontiert, ob und wo<br />
sich in dieser erweiterten empirischen<br />
Ausrichtung genuin erziehungswissen-<br />
16 17<br />
schaftliche Perspektiven noch erkennen<br />
lassen. An vielen Stellen werden, so<br />
lässt das <strong>Kongress</strong>programm erkennen,<br />
<strong>Kongress</strong>beiträge auf die damit verbundenen<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen eingehen.<br />
Ich glaube, ohne den Ergebnissen <strong>der</strong><br />
Diskussionen vorwegzugreifen, die<br />
Erziehungswissenschaft hat an Bedeutung<br />
und Anerkennung auch deshalb<br />
gewonnen, weil sie Argumente und<br />
Befunde an<strong>der</strong>er Disziplinen wahrnimmt<br />
und integriert. Die darüber gegebene<br />
hybride Ausrichtung macht die Stärke<br />
<strong>der</strong> heutigen Erziehungswissenschaft aus<br />
und ermöglicht souveräne Grenzgänge.<br />
Im Namen des Vorstandes <strong>der</strong> Deutschen<br />
Gesellschaft für Erziehungswissenschaft<br />
wünsche ich allen Teilnehmer/-innen<br />
einen bildsamen und diskussionsfreudigen,<br />
kulturell anregenden wie<br />
vergnüglichen <strong>Kongress</strong>verlauf sowie<br />
eine angenehme Zeit in <strong>Osnabrück</strong>.<br />
Prof. Dr. Werner Thole<br />
Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />
für Erziehungswissenschaft