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Ausgabe 4/2007 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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gehaltenes Instrument der Einzelüberprüfung geschaffen.<br />

Eine Vertrauen bildende Maßnahme wäre es nun gewesen,<br />

über jedes Mitglied auch einzeln abstimmen zu lassen. Rogge<br />

tat es im Block, gliederte sich selbst mit ein und erhielt ein<br />

Votum von 92:5, bei vier Enthaltungen.<br />

Was geheime Einzelabstimmungen aussagen können, zeigte<br />

sich an zwei anderen Beispielen. Der Schweizer Patrick Baumann<br />

bekam bei seiner Ernennung zum IOC-Mitglied lediglich<br />

47 von 91 Stimmen. Ein für olympische Verhältnisse fast<br />

einmaliger Protest gegen die IOC-Führung und die Tatsache,<br />

dass die Schweiz - wie Italien - mit fünf Mitgliedern im<br />

olympischen Parlament vertreten ist. Damit setzt sich auch<br />

unter Rogge ein gravierendes Ungleichgewicht fort. Von 205<br />

Nationalen <strong>Olympische</strong>n Komitees können nur 79 in der<br />

Vollversammlung Einfluss nehmen, 22 mit einer Stimme, 57<br />

gar mit mehreren. Bei der mit 49:22 ausgegangenen Wahl<br />

um einen Sitz in der Exekutive für den Norweger Gerhard<br />

Heiberg und gegen Juan Antonio Samaranch Junior zeigte<br />

sich, wie stark der Einfluss des 87 Jahre alten Ehrenpräsidenten<br />

gesunken ist. Allerdings war er noch stark genug, um<br />

Sotschi wichtige Stimmen beim 51:47-Sieg über Pyeongchang<br />

zu besorgen.<br />

Als Rogge zur offenen Abstimmung über die Jugend-Spiele<br />

bat, erhielt er gar ein einstimmiges Votum. Das verwunderte,<br />

denn in den 47 Wortmeldungen war neben viel Zustimmung<br />

auch Kritik angeklungen, am meisten beim Kanadier Richard<br />

Pound. Der einstige Rivale von Rogge, dem er 2001 bei der<br />

Präsidentenwahl unterlegen war und der danach als Chef der<br />

Welt-Antidoping-Agentur (WADA) immer wieder versuchte,<br />

dem IOC Beine zu machen, sagte den Satz: "Ich frage mich,<br />

ob eine Struktur aus dem 19. Jahrhundert der richtige Ansatz<br />

14<br />

ist, Probleme zu lösen, die hier beschrieben wurden." Als da<br />

wären Bewegungsarmut von Heranwachsenden, Vorverlegung<br />

von Kinderdrill und Kinderdoping, Überforderung durch eine<br />

Vielzahl von Wettbewerben schon im frühen Alter.<br />

Rogge sieht hingegen die Chancen weit größer als die Risiken.<br />

Für ihn sollen die Jugend-Spiele eine Art von olympischer<br />

Erziehungsanstalt sein, weitgehend bezahlt vom IOC<br />

und in der Sommerversion erstmals ausgerichtet 2010. Noch<br />

sind viele Einzelheiten ungeklärt, so auch die Frage, ob Rogge<br />

sein Anliegen durchsetzen kann, bei Siegerehrungen auf<br />

nationale Flaggen und Hymnen zu Gunsten der olympischen<br />

Symbole zu verzichten. Für das Schweizer IOC-Mitglied<br />

Joseph Blatter, von Beruf FIFA-Präsident, hat das IOC in<br />

Guatemala eine "Frühgeburt" zur Welt gebracht. Für Rogge ist<br />

es das Bemühen, auszubrechen aus den Fesseln der Verhältnisse<br />

und etwas Bleibendes zu hinterlassen: ein Vermächtnis.<br />

In jedem Fall ist es eine Änderung der Begrifflichkeit. Wenn<br />

künftig das IOC "die Jugend der Welt" einlädt, kann es nicht<br />

mehr die <strong>Olympische</strong>n Spiele meinen.<br />

Die Akklamation für die Jugend-Spiele hat ihre besondere<br />

Bedeutung als Zeichen für Loyalität und Vertrauen. Die Olympier<br />

zeichneten damit einen Präsidenten aus, der Tritt gefasst<br />

und ihrem Bund zu neuem Ansehen verholfen hat. Allerdings<br />

hat sich die von Rogge propagierte Null-Toleranz-Politik<br />

gegen Korruption und Doping als ein mühsames Geschäft<br />

erwiesen. Trotz einiger Ausschlüsse ist das IOC noch immer<br />

nicht eine durchgehend ehrenwerte <strong>Gesellschaft</strong>. Manche<br />

Altlast aus der Samaranch-Ära überlebte. Da die Gesamtanzahl<br />

der persönlichen Mitglieder in den letzten Jahren von bis<br />

zu 130 auf satzungsgemäße 115 schrumpfen musste, kann<br />

Rogge jetzt erst neue personelle Akzente setzen. Bei der

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