Ausgabe 4/2007 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Im Nationalen Integrationsplan wurde für viele überraschend<br />
der Sport eigenständig festgeschrieben. Man<br />
scheint nun auf allen Seiten des runden Tisches die<br />
besonderen Integrationsmöglichkeiten des Sports erkannt<br />
zu haben. Damit hat der Sport gleichzeitig aber auch den<br />
bequemen Status einer nur einfachen Freizeitaktivität unter<br />
vielen politisch verlassen. Darüber sprachen wir mit dem<br />
Sportsoziologen der Uni Potsdam, Professor Dr. Jürgen Baur,<br />
Mitglied der Arbeitsgruppe VI.2 zur Erarbeitung des Nationalen<br />
Integrationsplans.<br />
OF: Fällt es einem Migranten, der Mitglied in einem Sportverein<br />
ist, leichter, sich in die deutsche <strong>Gesellschaft</strong> zu integrieren,<br />
als einem Migranten ohne Sportvereinserfahrung?<br />
BAUR: Sicher ist, er wird in der deutschen <strong>Gesellschaft</strong><br />
kaum eine andere Institution finden, die ihm eine soziale<br />
Integration so leicht macht, wie der Sportverein. Er ist quasi<br />
der perfekte Einstieg in die Integration. Der organisierte<br />
Sport ist eines der wenigen gesellschaftlichen Felder, in dem<br />
soziale Kontakte relativ problemlos zustande kommen. Denn<br />
Sport ist in mehrfacher Hinsicht anschlussoffen, leicht<br />
zugänglich und verfügt über eine hohe Bindungskraft. Der<br />
Sportverein ist gut erreichbar, da weit verbreitet. Und weil<br />
der Sport überall auf der Welt nach gleichen Regeln ausgeübt<br />
wird, können da jederzeit Personen mit einem Migrationshintergrund<br />
quasi "aus dem Stand" mitmachen. Da ist es<br />
völlig gleichgültig, woher die Menschen eigentlich kommen.<br />
Wichtig ist nur, sie dürfen mitspielen.<br />
OF: Deswegen allein ist der Migrant aber noch lange nicht<br />
integriert.<br />
BAUR: Mitspielen allein bedeutet nicht Integration, richtig.<br />
Aber mitspielen heißt, ich darf mich als Ausländer in einem<br />
sozialen Handlungsfeld beteiligen, was in der einheimischen<br />
<strong>Gesellschaft</strong> sehr anerkannt ist. Sportvereine sind ja<br />
bekanntlich nicht nur ein Ort des Sporttreibens, sondern<br />
auch der Alltagskommunikation. Der Sportverein hat also<br />
die große Chance, sich den zugewanderten Menschen damit<br />
„Sport und Integration<br />
ist kein Selbstläufer“<br />
Prof. Dr. Jürgen Baur, Sportsoziologe an der Universität Potsdam<br />
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als ein sozial offenes Gebilde zu präsentieren. Das ist in<br />
unserer <strong>Gesellschaft</strong> längst nicht die Regel. Die Möglichkeit<br />
des unmittelbaren, barrierefreien, fast basisdemokratischen<br />
Mitmachens gibt es in dieser Form doch fast nur noch im<br />
Sportverein. Soziale Offenheit ist ein erster, sehr wichtiger<br />
Integrationseinstieg, der gerade in der aktuellen Migrantendiskussion<br />
leider oft übersehen wird.<br />
OF: Was hat aber der in seinem Verein integrierte Spieler<br />
davon, wenn er schon beim nächsten Auswärtsspiel von<br />
Zuschauern wie Gegenspielern massiv rassistisch angegangen<br />
wird?<br />
BAUR: Wenn es zu diesem Konflikt kommt, entsteht in der<br />
Tat für alle Beteiligten ein echtes Problem. Rassistische<br />
Angriffe können ganz schnell das zerstören, was ein Verein<br />
über lange Zeit mühselig aufgebaut hat. Dann jedoch ist<br />
erst recht die Integrationsbereitschaft des Sportvereins<br />
OF-INTERVIEW