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Ausgabe 4/2007 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Dauerabo ausstellen, was für die Hansestadt mit ihrer bis<br />

2028 zur Verfügung stehenden Hafencity als olympisches<br />

Kompaktzentrum besonderen Sinn machte. Zudem könnte<br />

eine deutliche Niederlage für die 2016-Spiele eine nachfolgende<br />

Kandidatur eher schwächen. Die Öffentlichkeit geht<br />

gnadenlos um mit Verlierern, wie die völlig missglückten<br />

Versuche mit Berchtesgaden (1992), Berlin (2000) und Leipzig<br />

(2012) zeigten.<br />

Diese Öffentlichkeit verlangt mit Recht auch immer eine<br />

Rechtfertigung für den Aufwand. Sotschi, Pyeongchang und<br />

Salzburg mit addierten <strong>Ausgabe</strong>n von etwa 120 Millionen<br />

Dollar für ihre Kampagne um die Winterspiele 2014 haben ein<br />

München Von Günter Deister<br />

eher abschreckendes Beispiel geliefert. Es ist nicht davon<br />

auszugehen, dass sich der Trend umkehren lässt. IOC-Präsident<br />

Jacques Rogge versucht es, indem er seinem Vizepräsidenten<br />

Bach den Auftrag erteilt hat, Vorschläge zu finden für<br />

einen Dammbau gegen die Fluten des Aufwands. Das ist so,<br />

als sollte Bach den Stein des Weisen finden. Eine Pointe<br />

könnte es auf jeden Fall werden. Denn wenn es zu einer<br />

deutschen Bewerbung mit München kommt, wäre Bach<br />

Dammbauer und Dammwächter in einer Person.<br />

Eine Münchner Bewerbung für die Winterspiele 2018 hätte<br />

die mit Abstand größten Chancen unter allen anderen denkbaren<br />

nationalen olympischen Optionen. Die Stadt kann mit<br />

einem weltweiten Prestige wuchern. Ihre Möglichkeiten<br />

haben ausgereicht, 1972 mit Erfolg Sommerspiele auszurichten.<br />

Ihre Kapazität wäre groß genug, um ohne riesige Investitionen<br />

Beherbergungs-, Informations- und Verkehrszentrale<br />

zu sein und dazu Ausrichter der Eiswettbewerbe. München<br />

wäre ein Gegenmodell zu der Computersimulation Sotschi<br />

und der Hinwendung zu einem neuen Markt. Die bayerische<br />

Metropole wäre Dank nachhaltigem Bauen ein Modell für<br />

eine erste olympische Doppelnutzung und die Bedienung des<br />

alten, nach wie vor wichtigen Marktes. Schon jetzt ist absehbar,<br />

dass sich das IOC nach der Hochrisiko-Vergabe an Sotschi<br />

wieder nach einem olympischen Hort sehnen wird, der Qualität<br />

mit Verlässlichkeit verbindet.<br />

Dies würde der Diskussion um eine Richtungsentscheidung<br />

neuen Sinn geben. Und dabei brauchte München auch keinen<br />

europäischen Konkurrenten zu fürchten, wegen Vancouver<br />

2010 auch keinen aus Nordamerika, wohl aber eine dritte<br />

Bewerbung von Pyoengchang. Sie ist zu erwarten, falls die<br />

Sommerspiele 2016 in zwei Jahren nicht an Tokio vergeben<br />

werden. Für das erprobte München sprächen schließlich auch<br />

jene Argumente, die Rogge zuallererst für Sotschi gefunden<br />

hat: "Eine große Sportnation, eine noch größere Wintersportnation."<br />

Doch all das würde wenig zählen, wenn bestimmte Bedingungen<br />

nicht erfüllt sind. Die Stadt München und das Land<br />

Bayern wollen unbedingt, die Zustimmung der Bundesregierung<br />

ist sehr wahrscheinlich. Doch will auch die Wirtschaft?<br />

Ohne sie würde das aufwändige Projekt kaum zu stemmen<br />

sein. Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche<br />

Bewerbung allerdings ist, sie kompakt<br />

anzubieten und nicht alle erprobten<br />

bayerischen Wintersportorte mit einzusammeln.<br />

Neben München käme Garmisch-Partenkirchen,<br />

dem Ausrichter<br />

der Winterspiele 1936 und der alpinen<br />

Weltmeisterschaft 2011, die Rolle der<br />

Schnee-Zentrale zu, mit Schönau und<br />

seiner Kunsteisbahn am Königssee für<br />

den Schlittensport als einziger Außenstelle.<br />

Die alpine WM nur wenige Monate vor der Wahl der<br />

Winterspiele 2018 wäre eine zusätzliche Chance für internationale<br />

Selbstdarstellung.<br />

Der deutsche olympische Sport ist gewillt, nun fällt der<br />

bayerischen Politik die Aufgabe zu, dem DOSB den richtigen<br />

Zuschnitt für einen Maßanzug zu liefern. Das scheint die<br />

größte Hürde für eine Bewerbung zu sein. Gefordert ist bei<br />

der Festlegung der Eckpunkte nichts mehr und nichts weniger<br />

als eine große bayerische Koalition zwischen dem Münchner<br />

SPD-Oberbürgermeister Christian Ude und der CSU-Landesregierung.<br />

Da muss es kein Vorteil sein, dass die Suche nach<br />

einem Erfolg verheißenden Konzept mitten hinein fällt in den<br />

Ministerpräsidenten-Wechsel von Edmund Stoiber zu Günther<br />

Beckstein.<br />

Die Rollenverteilung bei der möglicherweise zehnten deutschen<br />

Olympia-Bewerbung ist klar. Das IOC hat in seinen<br />

Reformbeschlüssen von 1999 den Nationalen <strong>Olympische</strong>n<br />

Komitees und damit dem DOSB die alleinige Verantwortung<br />

bei Bewerbungen übertragen. Die Stadt wird erst Vertragspartner<br />

des IOC, wenn sie, gestützt auf Garantien von Staatsund<br />

Regionalregierungen, die Spiele übertragen bekommen<br />

hat. Somit kommt Thomas Bach als DOSB-Präsident und IOC-<br />

Vizepräsident jetzt eine Schlüsselrolle zu. Als zweimaliger<br />

IOC-Chef-Evaluierer von Olympia-Kandidaten weiß er genau,<br />

worauf es ankommt. Als Anführer des deutschen Sports kann<br />

er einschätzen, was mit München möglich ist. Nur wenn<br />

dieses Wissen und diese Einschätzung zu einer Übereinstimmung<br />

kommen, wird es wohl eine Bewerbung geben, und<br />

dann könnte sie auch erfolgreich sein.<br />

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