Ausgabe 4/2007 - Deutsche Olympische Gesellschaft
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Wiederzulassung der Besuche von Bewerberstädten durch<br />
IOC-Mitglieder, dann aber kontrolliert und im Kollektiv? Den<br />
Ausschluss von führenden Staatsvertretern von der letzten<br />
Präsentation, deren Anwesenheit zumindest Samaranch<br />
immer als Auszeichnung betrachtet hat? Der Verpflichtung<br />
auf eine Obergrenze für die Bewerbungskosten, die aber<br />
schwerlich zu überprüfen wären? Oder gar die Einführung<br />
eines Vorschlagsrechts durch das Exekutivkomitee als ein<br />
Steuerungsinstrument, was die Vollversammlung weiter<br />
entmachten würde? Es ist wie beim Zauberlehrling, der die<br />
Geister, die er gerufen hat, nicht mehr bannen kann.<br />
Wenn die Winterspiele 2014 in Sotschi stattfinden werden,<br />
wird Jacques Rogge nicht mehr IOC-Präsident sein. So werden<br />
die Spiele von Peking 2008 zur Nagelprobe seiner Amtszeit<br />
werden. Wie wird das IOC seine fundamentalen Prinzipien<br />
durchsetzen können, die jede Form von Diskriminierung<br />
verbieten, gegenseitiges Verstehen, den Geist der Freundschaft,<br />
Solidarität und Fair Play verlangen und als Aufgabe<br />
die Förderung des Friedens fordern? Zuletzt hat Rogge auffällig<br />
oft Hein Verbruggen in Menschenrechtsfragen das Wort<br />
ergreifen lassen. Es ist jener Mann, der als Präsident des<br />
Internationalen Radsportverbandes (UCI) von 1991 bis 2005<br />
"zugelassen hat, dass das Problem Doping außer Kontrolle<br />
geraten ist", so WADA-Chef Pound. Verbruggen, der noch<br />
immer seine Geschäfte mit dem verschmutzten Straßenradsport<br />
macht, ist die rätselhafteste Personalentscheidung des<br />
Präsidenten Rogge. Ausgerechnet der Niederländer darf die<br />
Koordinierungskommission des IOC für die Spiele im nächsten<br />
Jahr anführen. In Guatemala-Stadt hat Verbruggen<br />
Politiker wie Menschenrechtsorganisationen davor gewarnt,<br />
die Spiele als Plattform für ihre Interessen "zu missbrauchen".<br />
In der olympischen Zentrale in Lausanne heißt es, "mit Sotschi<br />
hat sich das IOC die größte Baustelle der olympischen<br />
Geschichte eingehandelt". Bezogen auf den Chirurgen im<br />
Präsidentenamt bedeutet das, die schwierigsten Operationen<br />
stehen ihm noch bevor. Es gibt eine entfernte Hoffnung, dass<br />
der <strong>Olympische</strong> Kongress 2009 in Kopenhagen, der erste seit<br />
1991 in Paris, eine der Wirklichkeit nahe Diagnose für den<br />
Olympismus im 21. Jahrhundert liefert.<br />
16<br />
Der Brockhaus bezeichnet den Montblanc (4807 m)<br />
als den höchsten Berg Europas und nennt den<br />
Elbrus die mit 5642 Metern höchste Erhebung des<br />
Kaukasus. Somit ordnet das Nachschlagewerk den Elbrus<br />
Asien zu. Der erfolgreiche Olympiabewerber aus Sotschi<br />
beansprucht hingegen für den Elbrus den Titel eines<br />
europäischen Berg-Champions. Tatsächlich zieht sich die<br />
imaginäre Grenze zwischen dem alten Kontinent und<br />
Asien irgendwo durch den Kaukasus. Theoretisch könnte<br />
es sogar sein, dass der westliche, höhere Gipfel des Elbrus<br />
in Europa und sein östlicher, um 49 m kleinere Zwillingsbruder<br />
in Asien ansässig ist. Diese komplizierte Standortfrage<br />
könnte eine Rolle spielen, wenn in vier Jahren das<br />
Ein Weg nach<br />
Internationale <strong>Olympische</strong> Komitee erneut über die Vergabe<br />
<strong>Olympische</strong>r Winterspiele befindet. Dann wird die nicht<br />
unwichtige geopolitische Frage lauten: Wohin mit dem<br />
Spektakel auf Eis und Schnee nach Nagano (Asien), Salt<br />
Lake City (Nordamerika), Turin (Europa), Vancouver (Nordamerika)<br />
und dem scheinbaren Niemandsland Sotschi?<br />
Es ist eine Frage, die DOSB-Präsident Thomas Bach elegant<br />
umging, als er nach Sotschis Coup eine überkontinentale<br />
Begrifflichkeit einführte. Eine Alpen-Bewerbung könnte<br />
für die Winterspiele 2018 eine Chance haben, sagte Bach.<br />
Eine Alpen-Bewerbung mit einem deutschen Bewerber<br />
München stand als Möglichkeit unausgesprochen dahinter.<br />
Der Präsidiumsbeschluss des Dachverbandes, nun ein<br />
intensives Prüfverfahren einzuleiten und bei der DOSB-<br />
Mitgliederversammlung am 8. Dezember in Hamburg zum<br />
Abschluss zu bringen, könnte aus der Möglichkeit eine<br />
Tatsache machen.<br />
Bach hat als oberstes Kriterium für eine erneute Olympia-<br />
Bewerbung immer die Erfolgsaussicht ausgegeben. Damit<br />
war die Entscheidung folgerichtig, eine Kandidatur für die<br />
Sommerspiele 2016 auszuschließen. Nach London 2012<br />
scheint Europa auf verlorenem Posten zu stehen. Der Kreis<br />
der Festanmelder ist schon vor dem Nennungsschluss im<br />
September so exklusiv, dass eine Bewerbung von Berlin<br />
oder Hamburg als chancenlos erscheinen muss. Das Argument<br />
aus den beiden einzig in Frage kommenden deutschen<br />
Städten, man sollte sich für einen späteren Erfolg<br />
geduldig anstellen, wirkt nur auf den ersten Blick überzeugend.<br />
Der DOSB kann keinem der beiden Städte ein