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Ausgabe 4/2007 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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<strong>Olympische</strong> Erziehung auf dem<br />

Prüfstand<br />

N<br />

ach den alten Urkunden beginnt die Geschichte der<br />

<strong>Olympische</strong>n Spiele im Jahre 776 v.Chr. Sie endet mit der<br />

293. Olympiade, als Kaiser Theodosius d. Große im Jahre 394<br />

n.Chr. die inzwischen entarteten Spiele verbot. Wir haben<br />

Anlass, mit Erstaunen und Erfurcht die Kraft einer Idee zu<br />

bewundern, die ein Jahrtausend und eine der erregendsten<br />

Epochen der Menschheitsgeschichte überdauerte. Tatsächlich<br />

war die <strong>Olympische</strong> Idee aber schon lange, bevor sie 776<br />

urkundlich in die Geschichte eintrat, im griechischen Volk<br />

lebendig. Nach den großartigen Darstellungen in der Ilias muss<br />

man annehmen, dass der olympische Gedanke schon zu Lebzeiten<br />

Homers Allgemeingut gewesen war.<br />

Aus welchen Tiefen der menschlichen Seele der olympische<br />

Gedanke der Antike aufgestiegen ist, wird in einer Rede des<br />

Altertumsforschers Ernst Curtius (1852) deutlich: Er stellt die<br />

Gymnastik in den Dienst der Religion, denn, "wenn zur Feier<br />

der unsterblichen Götter das Beste dargebracht wurde, was der<br />

Boden des Ackers, was die Herden des Feldes erzeugten oder<br />

was der Menschen erfindungsreiche Kunst der Formenbildung,<br />

wie der Rede und des Gesanges, zu schaffen wusste, - wie<br />

sollte da nicht auch das Köstliche aller Güter den Göttern<br />

geheiligt werden, die Jugendkraft des nachwachsenden<br />

Geschlechts". Wir haben viele Zeugnisse über die lebendige<br />

Wirksamkeit Olympias, und doch können wir die Idee bis in ihre<br />

tiefsten Gründe heute nicht sicher nachempfinden.<br />

Der harmonische Dreiklang von Leib, Geist und Seele der<br />

griechischen Kultur ist sicherlich auch die Quelle des olympischen<br />

Gedankens gewesen, bei der allerdings der Leib die<br />

Führung bestimmte. Daraus ist die Wiederbelebung der <strong>Olympische</strong>n<br />

Spiele der Neuzeit aber nicht zu erklären. Carl Diem<br />

weist sehr richtig auf die Auswirkungen der Renaissance und<br />

des Humanismus und auf die wieder gewonnene Geistesfreiheit<br />

hin; es bleibt jedoch immer noch eine letzte Frage offen -<br />

nach dem Leib. Sicher ist, dass nicht die Schule, sondern einzelne<br />

junge Menschen den Anstoß gaben zur neuen Besinnung<br />

auf das alte Zwiegespräch des Leibes mit der Seele.<br />

Coubertins Persönlichkeit war der große Katalysator, der die<br />

unbewussten Sehnsüchte des erwachsenden Sporterlebens im<br />

olympischen Gedanken der Neuzeit zusammenführte. Er wagte<br />

es, die unentbehrlichen Ideale aufzugreifen und mit neuem<br />

Leben zu erfüllen, so dass die olympische Fackel über die ganze<br />

Erde zu leuchten begann. Aber hat sie die reinigende Kraft,<br />

abermals ein Jahrtausend die Herzen der Jugend zu entzünden?<br />

In einer Zeit, die von reinem Intellektualismus beherrscht<br />

wird, besitzt die <strong>Olympische</strong> Idee die Chance, lange zu leben<br />

nur, wenn etwas Außergewöhnliches geschieht. Die irrationalen<br />

18<br />

Kräfte des modernen Olympismus sind in Gefahr, im zivilisatorischen<br />

Pseudorummel zu ersticken.<br />

Wenn, wie Ortega y Gasset es einmal gesagt hat, die geheimnisvolle<br />

leib-seelische Zwischenschicht der Sitz unserer ganzen<br />

Persönlichkeit und Lebensdynamik ist, dann gewinnt die recht<br />

verstandene <strong>Olympische</strong> Bewegung in unserer Zeit eine ungeheuer<br />

weit reichende Bedeutung, die in der Jugenderziehung<br />

beginnt, auch die Leibeserziehung an den Universitäten einbezieht<br />

und auf die Einstellung der geistig führenden Schichten<br />

im Sport ausstrahlt. Es soll nicht die Anbetung des Verstandes<br />

durch einen Kult des Leibes ersetzt, sondern die Erstarrung in<br />

überholten Formen gelöst werden.<br />

Die zivilisatorischen Entwicklungen mit ihren schweren Schäden<br />

und Verkrampfungen lassen sich nicht zurückdrehen, aber<br />

das Schwinden der vitalen Kräfte<br />

können wir auffangen. Diese<br />

fundamentale kulturelle Aufgabe<br />

ließe sich umso leichter<br />

bewältigen, je mehr wir uns<br />

bemühten, die geheime Kraft der<br />

<strong>Olympische</strong>n Idee in unserer<br />

gefährdeten Zeit neu wirksam<br />

werden zu lassen. Ob wir das aber<br />

- wie das IOC jüngst beschlossen<br />

hat - mit zusätzlichen Spielen der<br />

Jugend (vom 14. bis zum 18.<br />

Lebensjahr) erreichen, ist die entscheidende Frage.<br />

Die <strong>Olympische</strong>n Jugendlager in Verbindung mit den Spielen<br />

und die Internationale <strong>Olympische</strong> Akademie in Olympia sind<br />

ein viel besserer Ansatz für die olympische Erziehung der<br />

Jugend, als der jetzt drohende frühe Starrummel. Hier hat das<br />

IOC eine wichtige Frage nicht richtig durchdacht.<br />

Lang Lang und die Leichtathletik<br />

S<br />

Karlheinz Gieseler<br />

portfreunde, die sich grämen, weil die Medien hier zu<br />

Lande einigen alteingesessenen olympischen Disziplinen<br />

die kalte Schulter zeigen, sollten ab und zu mal Konzerte der<br />

klassischen Musik besuchen. Auch diese Branche hat schon<br />

bessere Tage erlebt, aber inzwischen ein Mittel gefunden gegen<br />

den schleichenden Niedergang des Interesses an der E-Musik:<br />

Lang Lang. Dem asiatisch-amerikanischen Zauberer auf der<br />

Klaviatur des Pianos gesteht ein Teil der Kritik all das zu, was<br />

heutzutage offenbar notwendig ist, das Publikum zurück in die<br />

Konzertsäle zu holen und dort zu verführen (andere, eher<br />

konventionelle Rezensenten beäugen ihn indes mit Argwohn):<br />

Charisma und Unterhaltungstalent.<br />

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