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Ausgabe 4/2007 - Deutsche Olympische Gesellschaft

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Zieht man nun die durchaus mögliche Parallele von der Klassik<br />

der Musik zum Klassiker des Sports, dann drängt sich geradezu<br />

die Frage auf: Braucht die im Geschäft um öffentliche Aufmerksamkeit<br />

wohl bemühte, seit geraumer Zeit freilich nicht<br />

sonderlich erfolgreiche Leichtathletik einen Lang Lang? Einen,<br />

der, wie in der Musik, scheinbar zementierte Formen mit Hilfe<br />

von professionellem Entertainment aufzulösen vermag? Die<br />

Antwort: Wer wie diese Sportart den Anspruch erhebt, auch<br />

außerhalb von Olympia und Weltchampionat im Tagesgeschäft<br />

eines jeden Sommers wahrgenommen zu werden (einen<br />

Anspruch, den andere olympische Traditionalisten wie Schwimmen,<br />

Rudern, Turnen offenbar aufgegeben haben), sollte nach<br />

einem wie Lang Lang Ausschau halten.<br />

Tut die Leichtathletik auch, meint sie doch erkannt zu haben,<br />

dass das von Zeitgeist und Dopinggeschwür verursachte Interessendefizit,<br />

vor anderen Möglichkeiten der Problemlösung,<br />

von Athleten des Typus` Star behoben werden muss. Glaubt<br />

auch, diese zu besitzen - und erliegt doch nur fatalem Selbstbetrug.<br />

In der Kategorie Lang Lang hat die Branche, bei rechtem<br />

Licht besehen, niemanden zu bieten: Weil sie den Fehler<br />

begeht, in einer Zeit, in der Höchstleistungen anrüchige Wesen<br />

sind, den Star vorrangig über seine Wettkampfergebnisse zu<br />

definieren, statt zusätzlich über Aura und Authentizität der<br />

Persönlichkeit. Der Rekord taugt doch schon lange nicht mehr<br />

als Maßstab für systemübergreifende Popularität. Stars sind<br />

häufig selbsternannt oder als solche von mittelmäßigen Managern<br />

gepriesen, tatsächlich aber mehrheitlich austauschbar und<br />

daher ohne hohen Wiedererkennungswert. Keiner da, der, wie<br />

der Tastenkünstler aus Fernost in der klassischen Musik, neue<br />

Impulse geben könnte. Notabene, nicht im Kern braucht es<br />

Erneuerung. Auch Lang Lang wählt für Mozarts G-Dur-Konzert<br />

keine anderen Noten als der Komponist, aber er verkauft sie,<br />

als habe er sie soeben erst zu etwas ganz Neuem zusammengefügt.<br />

Da muss jemand etwas missverstanden haben, wenn er den<br />

(überforderten) Sportler voranschickt, die Vertrauenskrise, in<br />

der ein Teil des Olympiasports steckt, mit der Leichtathletik an<br />

der Spitze, zu beheben. Gefragt sind Reformer und ihre Ideen<br />

für ein neues Design - und gefordert Verantwortliche des<br />

Sports mit Mut zu ihrer Umsetzung.<br />

Michael Gernandt<br />

Die olympischen Werte und die Zukunft<br />

des Sports<br />

D<br />

er Sport, namentlich der internationale Spitzensport, sieht<br />

sich derzeit wie selten zuvor in die Defensive gedrängt.<br />

Angesichts der Verwerfungen und Anfechtungen, die seit<br />

geraumer Zeit in hohem Maße nicht nur sein Image belasten,<br />

sondern auch seine Glaubwürdigkeit und damit seinen Fortbestand<br />

in Frage stellen, ist ihm zunächst und vor allem um<br />

Schadensbegrenzung zu tun. Verständlicherweise. Schließlich<br />

muss akuter Gefahr auch akut begegnet werden. Freilich sind<br />

Sofortmaßnahmen am Unfallort allenfalls dazu geeignet, das<br />

Schlimmste zu verhindern, das Beste zu befördern vermögen sie<br />

nicht. Gerade im Sport ist doch vielfach belegt, dass nur erfolgreich<br />

ist, wer die eigenen Stärken zur Geltung zu bringen und<br />

die selbst gewählte Strategie offensiv zu verfolgen vermag.<br />

Schon von daher ist es sehr zu begrüßen, dass sich der <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Olympische</strong> Sportbund ganz im Sinne der Antrittsrede<br />

seines Gründungspräsidenten vom 11. Mai 2006, einer Förderung<br />

der sportlichen Werte Vorschub zu leisten gedenkt. Der<br />

Gelegenheiten dazu sind viele, zum Beispiel der 13. Jahreskongress<br />

der European Fair Play Movement (EFPM), ein Zusammenschluss<br />

nationaler Organisationen und Initiativen zur<br />

Bewahrung und Verbreitung<br />

des Fairplay-Gedankens,<br />

dessen Ausrichtung<br />

der DOSB übernommen<br />

hat. Gerade vor dem<br />

Hintergrund der ebenso<br />

aktuellen wie anhaltenden<br />

Sorge um einen<br />

Werteverfall (nicht nur)<br />

im Sport und nicht<br />

zuletzt im Blick auf die <strong>Olympische</strong>n Spiele in Peking eröffnet<br />

sich zumindest die Chance, einen inhaltlich hochkarätigen und<br />

öffentlichkeitswirksamen Auftakt für eine neue ethische Offensive<br />

des Sports zu gestalten und damit die Meinungsführerschaft<br />

in einem Themenfeld zurück zu gewinnen, die der<br />

deutsche Sport in der Zeit Willi Daumes mit der Kampagne<br />

"Fair geht vor" schon einmal mit Fug und Recht für sich beanspruchen<br />

durfte.<br />

OF-KOMMENT<br />

OF-KOMMENTARE<br />

ARE<br />

Nun darf und wird es den Verantwortlichen - neben dem DOSB<br />

sind auch die <strong>Deutsche</strong> <strong>Olympische</strong> Akademie Willi Daume<br />

(DOA) und die <strong>Deutsche</strong> Sportjugend (dsj) beteiligt - nicht<br />

darum zu tun sein, sich als moralische Musterknaben zu gerieren<br />

und mit dem Zeigefinger Eindruck zu schinden. Doch<br />

Zeichen zu setzen und Impulse zu geben, entspricht sehr wohl<br />

ihrer Absicht. So stehen Mitte Oktober in Frankfurt am Main<br />

"Die olympischen Werte und die Zukunft des Sports" und<br />

damit übergreifende Fragen der Sinnstiftung und Werteerziehung<br />

im und durch Sport im Blickpunkt von Vorträgen und<br />

Diskussionen sowie einer "Börse" und anderer Präsentationen.<br />

Sind damit noch keine konkreten Lösungen für die aktuellen<br />

Probleme in Aussicht gestellt, so mag doch immerhin die<br />

Erkenntnis Platz greifen, dass es sich - trotzdem oder gerade<br />

deswegen - nach wie vor lohnt, für den Sport in die Offensive<br />

zu gehen.<br />

Andreas Höfer<br />

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