5.2.3 Methoden zum Feststellen <strong>von</strong> Vorkommen und Populationsgrößen5.2.3.1 Vorkommen (Occurence) nach FFHSammeln <strong>von</strong> Zufallsh<strong>in</strong>weisenE<strong>in</strong>e 10*10 km UTM-Rasterzelle gilt als besetzt (Luchsvorkommen), wenn während e<strong>in</strong>esJahres m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> C1-Nachweis oder zwei C2-H<strong>in</strong>weise für dieses Gebiet dokumentiertwurden.Die Dichte und Verteilung <strong>von</strong> zufälligen Luchsh<strong>in</strong>weisen kann entscheidend für die Entdeckungneuer Luchsvorkommen se<strong>in</strong> und liefert wichtige Informationen zu Ausbreitungund Trend des Luchsvorkommensgebietes. Die Art der H<strong>in</strong>weise kann zudem auf möglicheGefährdungen (z. B. gehäufte Straßenmortalität) oder Konflikte (z. B. häufige Sichtbeobachtungen,Schäden) aufmerksam machen.Bei sporadischen, aber bestätigten E<strong>in</strong>zelh<strong>in</strong>weisen kann auf Grund des zeitlichen undräumlichen Abstandes zwischen aufe<strong>in</strong>anderfolgenden H<strong>in</strong>weisen unter Umständen daraufgeschlossen werden, ob es sich um e<strong>in</strong> oder mehrere Individuen handelt. Auch deutenviele bestätigte Luchsnachweise, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebiet über das gesamte Jahrverteilen, auf e<strong>in</strong>e permanente Luchpräsenz h<strong>in</strong>. Ob es sich dabei aber um e<strong>in</strong> und denselbenLuchs, zwei oder drei Tiere, oder mehrere Tier <strong>in</strong> Folge handelt, lässt sich ohneZusatz<strong>in</strong>formationen (z. B. Fotos <strong>von</strong> Jungtieren oder parallele Spuren <strong>von</strong> mehr als e<strong>in</strong>emLuchs) nicht sagen. Ohne eigenes, aktives <strong>Monitor<strong>in</strong>g</strong> bleibt es alle<strong>in</strong> dem Zufallüberlassen, ob solche Zusatz<strong>in</strong>formationen gesammelt werden.An Hand der Nachweisdichte und Verteilung kann jedoch nicht verlässlich auf die Größee<strong>in</strong>er Luchspopulation geschlossen werden (BREITENMOSER et al. 2006). Der Status e<strong>in</strong>esLuchses (territorialer, abwandernder oder nicht-territorialer „Floater“), das <strong>in</strong>dividuelleVerhalten (z. B. scheu – wenig scheu), die Witterung (z. B. Schneelage), das Gelände (z.B. offen oder dicht bewachsen) und die Intensität der menschlichen Präsenz (z. B. W<strong>in</strong>tersportaktivität)s<strong>in</strong>d alles Faktoren, die die H<strong>in</strong>weisdichte bee<strong>in</strong>flussen können.E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner abwandernder Luchs kann große Strecken zurücklegen und somit Nachweise<strong>in</strong> zahlreichen Rasterzellen generieren. E<strong>in</strong> weniger scheuer Luchs hat höhereChancen, gesehen und fotografiert zu werden als e<strong>in</strong> scheuer Luchs. Luchse, die <strong>in</strong> denMittelgebirgen oder Alpen auf e<strong>in</strong>er Höhe mit stabiler Schneelage leben, haben e<strong>in</strong>e höhereChance, gefährtet zu werden, als Luche im Tiefland. Luchse <strong>in</strong> re<strong>in</strong>en Waldgebietens<strong>in</strong>d weniger sichtbar als solche <strong>in</strong> offenen Landschaften (z. B. alp<strong>in</strong>e Weiden, Wald-FeldLandschaften). Und neben dem Verhalten des Luchses spielt auch das Verhalten derMenschen im Luchsgebiet e<strong>in</strong>e große Rolle. Wo es kaum Wege gibt oder die Landschaftwenig attraktiv ist, gibt es <strong>in</strong> der Regel auch weniger Naturnutzer und damit e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gereWahrsche<strong>in</strong>lichkeit, auf Luchsh<strong>in</strong>weise aufmerksam zu werden. Doch schon e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnerLuchsfan mit ausreichend Zeit und Motivation kann unverhältnismäßig viele Luchsh<strong>in</strong>weisegenerieren.Fazit: Daten zur Luchsanwesenheit können durch Zufallsmeldungen gewonnen werden.Die Dichte und Verteilung <strong>von</strong> Luchsh<strong>in</strong>weisen liefert wichtige H<strong>in</strong>weise auf das Vorkommensgebietund kann Gebiete aufzeigen, <strong>in</strong> denen das <strong>Monitor<strong>in</strong>g</strong> verbessert werdenmuss. Allerd<strong>in</strong>gs kann <strong>von</strong> Zufallsh<strong>in</strong>weisen alle<strong>in</strong> nicht auf die Populationsgröße rückgeschlossenwerden. Zudem ist der E<strong>in</strong>fluss <strong>von</strong> zufälligen Faktoren umso größer, je kle<strong>in</strong>erdas jeweilige Luchsvorkommen ist.Aufwand: Die Personal- und Reisekosten, die für die Evaluierung <strong>von</strong> Luchsh<strong>in</strong>weisenanfallen, lassen sich schwer abschätzen, da der Zeit- und Fahraufwand stark <strong>von</strong> derAnzahl Luchse, der Meldehäufigkeit und der räumlichen Verteilung der H<strong>in</strong>weise abhängt.<strong>Monitor<strong>in</strong>g</strong> <strong>von</strong> Großraubtieren <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>47
5.2.3.2 Populationsgröße und ReproduktionsnachweisFotofallenLuchse weisen e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuell unterschiedliches Fellmuster, ähnlich e<strong>in</strong>em menschlichenF<strong>in</strong>gerabdruck, auf. Dies ermöglicht es, e<strong>in</strong>en Luchs an Hand e<strong>in</strong>es Fotos e<strong>in</strong>deutig zuidentifizieren und auf späteren Fotos wiederzuerkennen (LAASS 1999, HEILBRUNN et al.2003, ZIMMERMANN et al. 2008). Dadurch ist es möglich die Größe e<strong>in</strong>er Luchspopulationmit systematisch platzierten Fotofallen über sogenannte „Fang-Wiederfang“ Methodenstatistisch zu berechnen (z. B. mit dem Software Programm MARK®http://welcome.warnercnr.colostate.edu/~gwhite/mark/mark.htm ). Der große Vorteil dieser„Fang-Wiederfang“-Statistik ist, dass sie nicht nur e<strong>in</strong>e Schätzung der Populationsgröße,sondern auch e<strong>in</strong> Maß für die Güte dieser Schätzung liefert (z. B. LAASS 1999,ZIMMERMANN et al. 2008).Da das Fleckenmuster auf der l<strong>in</strong>ken und rechten Seite verschieden ist, muss der Luchs,wenn er bei e<strong>in</strong>em zweiten Foto wiedererkannt werden soll, simultan <strong>von</strong> beiden Seitenfotografiert werden. Jeder Fotofallenstandort muss daher mit zwei leicht versetzten, sichgegenüberstehenden Kameras bestückt werden. Für die Güte der Populationsschätzungenist es daher wichtig, möglichst viele Luchse beidseitig zu fotografieren (BREITENMO-SER et al. 2006).Bei kle<strong>in</strong>en Populationen (≤10 Luchse) ist die „Fang-Wiederfang“ Statistik nicht robustgenug. Hier empfiehlt es sich, über e<strong>in</strong>en opportunistischen Fotofallene<strong>in</strong>satz die Ausbeutean Luchsfotos zu maximieren, um e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>imumzählung zu bekommen.Fotofallen an Rissen s<strong>in</strong>d außerdem e<strong>in</strong> geeignetes Mittel, um Reproduktion nachzuweisen.Die Chance, e<strong>in</strong>e Luchs<strong>in</strong> und ihre Jungen am Riss zu fotografieren, ist gerade <strong>in</strong>den Sommermonaten, <strong>in</strong> denen die Jungen die Mutter noch nicht auf die Jagd begleiten,ungleich höher, als die Familie auf e<strong>in</strong>em Wechsel zusammen zu erfassen.Fazit: Fotofallen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en wie <strong>in</strong> großen Luchspopulationen derzeit die effizientesteund genaueste Methode, um die Größe und den Trend e<strong>in</strong>er Luchspopulation zu bestimmen.Zudem ermöglichen sie die Erfassung <strong>von</strong> Reproduktion.<strong>Monitor<strong>in</strong>g</strong> <strong>von</strong> Großraubtieren <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong>Opportunistisches Fotofallenmonitor<strong>in</strong>g für kle<strong>in</strong>e Vorkommen (≤10 Luchse)Für e<strong>in</strong> opportunistisches Fotofallenmonitor<strong>in</strong>g sollten pro Luchsvorkommen m<strong>in</strong>destens20 Fotofallen (zehn mit Infrarotblitz, zehn mit Infrarot- oder Normalblitz) zur Verfügungstehen. Gute Erfahrungen gibt es mit den analogen Modellen <strong>von</strong> KORA (ZIMMERMANN etal. 2008) oder digitalen Modellen (z. B. Cuddeback®, Reconyx®, Trailmaster®). Preislichbewegen sich die unterschiedlichen Modelle derzeit zwischen 200 und 800 €.Wo Luchse bereits bestätigt wurden, sollten e<strong>in</strong>zelne Kameras an allen bestätigten undmöglichen Luchsrissen mehrere Nächte aufgestellt bleiben. Die Erfahrung zeigt, dass e<strong>in</strong>Luchs nicht immer jede Nacht an e<strong>in</strong>en Riss zurückkehrt. Zudem sollten doppelte Fotofallenauf Wechseln aufgestellt werde, auf denen Luchsspuren bestätigt oder unbestätigteH<strong>in</strong>weise (C3) wie Kot, Haare oder Markierstellen gefunden wurden.Wo Luchse auf Grund <strong>von</strong> gehäuften C3-H<strong>in</strong>weisen vermutet werden, sollten Kameras anstrategisch günstigen Punkten aufgestellt werden (z. B. Zwangswechsel, mögliche Markierstellen,auf Wegen <strong>in</strong> der Nähe <strong>von</strong> Sichtbeobachtungen). Zudem sollten e<strong>in</strong>zelneFotofallen an potentiellen Luchsrissen über mehrere Nächte aufgestellt bleiben.E<strong>in</strong> vermuteter Luchsriss sollte möglichst wenig manipuliert werden, um die Chance aufdie Wiederkehr des Luchses zu erhöhen. Es heißt dann abzuwägen, ob e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutigeIdentifizierung des möglichen Rissverursachers im Vordergrund steht oder die Möglichkeit48
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