Abschlussbericht - Universität zu Köln
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2.2.3 Aktives Alter<br />
Ziel des Modellprogamms ist die Förderung eines Altersleitbildes. In den Leitlinien<br />
<strong>zu</strong>m Modellprogramm „Aktiv im Alter“ wird ein neues, realistisches „Leitbild des aktiven<br />
Alters“ gefordert. 17 Die Potenziale älterer Menschen werden gegen ein Bild, das<br />
Alter als Last und Bedrohung sieht, gesetzt. 18<br />
Alter wird häufig als eine Wirklichkeit mit einer „biologische[n], unveränderliche[n]<br />
Substantialität“ 19 gesehen. Verkannt wird dabei, dass Alter sozial konstruiert ist, aus<br />
dem Regelungsbedürfnis von sozialer Organisation heraus. Die Verwendung des<br />
Deutungskonzeptes Alter soll Orientierung und Ordnung schaffen. 20 Wenn im Rahmen<br />
eines gesellschaftspolitischen Programms über Alter und Altersbilder gesprochen<br />
wird, bewegt man sich innerhalb eines Diskurses und beteiligt sich an der Konstruktion<br />
von Alter.<br />
In der Gerontologie wird seit langem auf die Kompetenzen und Potenziale von alten<br />
Menschen hingewiesen. Kritisiert wird die Desozialisation, die Ausgren<strong>zu</strong>ng aus gesellschaftsrelevanten<br />
Rollen, die etwa mit dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben<br />
erfolgt. Gesellschaftliche Teilhabe, Mitbestimmung und Anerkennung scheinen, wenn<br />
Gesellschaft von bestimmten Leitbildern (z.B. Arbeit und Leistung) geprägt wird, für<br />
Menschen, die aus dem Arbeitsleben ausgeschieden sind, nur begrenzt möglich <strong>zu</strong><br />
sein. Ihre Potenziale und Kompetenzen werden nicht geachtet, alte Menschen gelten<br />
als „passiva der gesellschaftlichen Wohlfahrtsbilanz“. 21 Der Versuch, Alter durch die<br />
Betonung der „aktiva“ auf<strong>zu</strong>werten, ist daher für die Betroffenen – <strong>zu</strong> denen jeder<br />
sich <strong>zu</strong>dem potenziell einmal zählen wird – verständlich und verführerisch.<br />
Wird die Konstruktion Alter vor allem über das Leitbild eines in der Ausübung von<br />
Engagement und Partizipation aktiven Alters bestimmt, ist jedoch <strong>zu</strong> bedenken, dass<br />
Inklusion und Teilhabe eines solchermaßen bestimmten Alters gleichzeitig die Exklusion<br />
anderer Gruppen älterer Menschen bedeutet. So sind z.B. die Aktivitäten und<br />
Potenziale von hochaltrigen Menschen nicht mit denen der „jungen Alten“ 22 <strong>zu</strong> vergleichen.<br />
Engagementfördernde Programme erreichen in der Regel bildungsgewohnte,<br />
gesellschaftlich durchset<strong>zu</strong>ngsfähige ältere Menschen. 23 Im Rahmen eines Leitbildprozesses<br />
ist also die Frage <strong>zu</strong> stellen, ob solche Ausschlüsse tatsächlich gewollt<br />
sind bzw. wie auch andere Gruppen einbezogen werden können. 24<br />
17<br />
Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen e.V. (BAGSO) (Hg.), Memorandum,<br />
S. 7, 9<br />
18<br />
Alter schafft Neues – Das Programm Aktiv im Alter. Vgl. <strong>zu</strong>m Altersbild: Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend (Hg.), Vierter Bericht <strong>zu</strong>r Lage der älteren Generation in Deutschland:<br />
Risiken, Lebensqualität und Versorgung Hochaltriger – unter besonderer Berücksichtigung<br />
demenzieller Erkrankungen, Berlin 2002, S. 57<br />
19<br />
Gerd Göckenjan, Das Alter würdigen. Altersbilder und Bedeutungswandel des Alters, Frankfurt a.M.<br />
2000, S. 16<br />
20<br />
Vgl. Gerd Göckenjan, Das Alter würdigen, S. 14 ff.<br />
21<br />
Stephan Lessenich, Ulrich Otto, Das Altern in der Aktivgesellschaft – eine Skizze und offene Fragen<br />
<strong>zu</strong>r Gestaltung eines „Programms“ und seinen Widersprüchen; in: Ulrich Otto (Hg.), Partizipation und<br />
Inklusion im Alter. Aktuelle Herausforderungen, Jena 2005, S. 9<br />
22<br />
Vor allem aus pragmatischen Gründen – im Sinne einer Verständlichkeit der Argumentation – wird<br />
hier auf Konstrukte wie „Hochaltrigkeit“ und „junge Alte“ <strong>zu</strong>rückgegriffen. Zur Frage der Definition von<br />
„Hochaltrigkeit“ siehe etwa BMFSFJ (Hg.), Vierter Bericht, S. 53 f.<br />
23<br />
Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.), Fünfter Bericht, S. 372<br />
24<br />
Dies auch vor dem Hintergrund, dass Hochaltrige selber an einem Leitbildprozess kaum noch teil-<br />
haben werden, also Fürsprecher benötigen.<br />
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