Plastische Chirurgie 8: Supplement 2 (2008) - DGPRÄC
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2.2 Handchirurgie/Extremitäten 40 Jahre <strong>DGPRÄC</strong><br />
Plexus-brachialis-<strong>Chirurgie</strong> –<br />
ein integratives Therapiekonzept<br />
Alfred Berger<br />
In den Jahren nach 1960 wurde die operative<br />
Behandlung von Schädigungen des Plexus brachialis,<br />
durch die guten Ergebnisse der neu entwickelten<br />
Techniken (Millesi, Berger) zur Wiederherstellung peripherer<br />
Nervenverletzungen wieder aufgegriffen. Die<br />
Ergebnisse vor dieser Zeit waren nach Direkteingriffen an<br />
den Nerven nicht erfolgversprechend. In einigen Zentren<br />
wurde intensiv begonnen sich mit der Anatomie und den<br />
intraneuralen Verteilungen der Fasern aufs Neue zu<br />
beschäftigen. Es wurden Konzepte entwickelt, die sich auf<br />
die Rekonstruktion der einzelnen Abschnitte des Plexus<br />
brachialis bezogen. Vor allem entwickelten wir in Wien<br />
und kurz darauf auch in Lausanne Programme die im<br />
Zusammenhang mit den Späteingriffen, Muskel- und<br />
Sehnentransfers ein funktionell brauchbares Ergebnis für<br />
den Patienten erwarten ließen. Es entstand dann gleich<br />
ein größeres Interesse auch bei anderen Gruppen in<br />
Frankreich, Italien, England, Amerika und Deutschland.<br />
Das wichtigste war der enge Kontakt unter den<br />
<strong>Plastische</strong>n Chirurgen, Orthopäden, Neurochirurgen,<br />
Neurologen und Physiotherapeuten, so dass das Wissen<br />
über die Behandlung der Plexusläsionen sowohl im<br />
Erwachsenen- als auch im Kindesalter sich rasch zum<br />
Wohle der Patienten vermehren konnte. Wir entwickelten<br />
das Programm eines so genannten integrativen Therapie -<br />
konzeptes, welche ich in Hannover weiter vervollkommnen<br />
konnte.<br />
96<br />
<strong>Plastische</strong> <strong>Chirurgie</strong> 8 (Suppl. 2) � <strong>2008</strong><br />
Dieses Konzept beinhaltet von der Erstdiagnose, der<br />
Entscheidung ob operative oder konservative Behandlung<br />
für den speziellen Patienten angewandt werden soll auch<br />
die krankengymnastische und ergotherapeutische Nach -<br />
behandlung, die psychiatrische Betreuung und die möglichen<br />
sekundären Eingriffe zur Verbesserung der durch<br />
die Nervenregeneration erreichten Bewegungsausmaße<br />
(Sehnen-, Muskeltransfers, evtl. Arthrodesen, Orthesen,<br />
etc.).<br />
Das Wissen um die Funktion und Anatomie des Plexus<br />
brachialis auch Plexus lumbalis und um die Variationen<br />
der verschiedenen Innervationsmuster ließ Techniken<br />
und Programme entwickeln, die immer funktionell bessere<br />
Ergebnisse für die Patienten bringen.<br />
Eine exakte Diagnose, vor allem welcher Teil der<br />
Nervenstränge und wie schwer betroffen, ist auf Grund<br />
der Schädigungsursachen und der Anatomie schwierig.<br />
Als Ursachen sind vor allem Zweirad-Unfälle (ca. 80 %)<br />
sowie Sportunfälle zu nennen. Bestrahlungsschäden wurden<br />
in den letzten Jahren weniger. Tumore findet man in<br />
etwa zwei Prozent. Sie können primär oder sekundär<br />
sein. Geburtstraumatische Läsionen, die einen operativen<br />
Eingriff bedürfen treten in etwa 0,5 bis 3 pro Tausend<br />
Geburten auf.<br />
Für die Diagnostik ist die Erstuntersuchung nach der<br />
Verletzung, sowie die kurzfristigen Untersuchungen die<br />
Basis. EMG/NLG-Untersuchungen haben erst drei bis