Plastische Chirurgie 8: Supplement 2 (2008) - DGPRÄC
Plastische Chirurgie 8: Supplement 2 (2008) - DGPRÄC
Plastische Chirurgie 8: Supplement 2 (2008) - DGPRÄC
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2.2.1 40 Jahre Handchirurgie in der <strong>DGPRÄC</strong> 40 Jahre <strong>DGPRÄC</strong><br />
gegründet, in der auch die Handchirurgie als eine der vier<br />
großen Säulen des damals noch jungen Fachgebiets eine<br />
wichtige Rolle einnahm. Hier fanden sich mit D. Buck-<br />
Gramcko und P.R. Zellner zwei bekannte Handchirurgen<br />
unter den Gründungsmitgliedern.<br />
Die Handchirurgie war international, aber auch in<br />
Deutschland, immer ein interdisziplinäres Fach mit unterschiedlichen<br />
Zugängen. Auch wenn die Diskussion um<br />
den „richtigen“ Zugang zur Handchirurgie unvermindert<br />
anhält, wurden gerade unter dem Dach der traditionell<br />
innovativen plastischen <strong>Chirurgie</strong> immer wieder neue<br />
Entwicklungen der Handchirurgie aufgenommen und<br />
weiterentwickelt. Die Geschichte der Handchirurgie ist<br />
daher auch eng mit der Geschichte der plastischen<br />
<strong>Chirurgie</strong> verknüpft.<br />
Die besondere Verbindung der plastischen <strong>Chirurgie</strong><br />
zur Handchirurgie wurde zunächst vor allem in der sich<br />
rasant entwickelnden Mikrochirurgie in den 60er Jahre<br />
deutlich. Obwohl die wesentlichen experimentellen<br />
Grundlagen bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
geschaffen waren, dauert es bis zum Juli 1965, ehe S.<br />
Tamai in Japan die erste erfolgreiche Replantation eines<br />
vollständig amputierten Daumens durchführte. Die<br />
Prinzipien der mikrochirurgischen <strong>Chirurgie</strong> wurden<br />
vor allem durch O’Brien in Australien und Buncke in den<br />
USA etabliert und verbreiteten sich rasch in Asien und<br />
der gesamten Welt, so dass in den 70er und 80er Jahren<br />
zahlreiche mikrochirurgische Zentren entstanden. In<br />
Deutschland gründete wiederum D. Buck-Gramcko 1975<br />
das erste Replantationszentrum an der BG-Klinik<br />
Hamburg, das bald zum Vorbild für andere Einheiten, vor<br />
allem im BG-Bereich, wurde. Bereits 1976 führte E.<br />
Biemer die erste Großzehentransplantation zum<br />
Daumenersatz durch. Ein halbes Jahr später führte P.<br />
Brüser die zweite Großzehentransplantation durch, die<br />
zur Grundlage für seine spätere Habilitation wurde. Mit<br />
H. Millesi und A. Berger wurden die mikrochirurgischen<br />
Techniken in die <strong>Chirurgie</strong> der peripheren Nerven<br />
eingeführt, was zu signifikanten Verbesserungen der<br />
Resultate nach Nervenverletzungen führte.<br />
Mikrochirurgische Techniken sind heute in der Ver sor -<br />
gung der traumatisierten oberen Extremität nicht mehr<br />
weg zu denken. Durch die zunehmende Ver feinerung der<br />
Techniken ist der bloße Erhalt einer Extremität nicht<br />
mehr das primäre Ziel, sondern heute tritt zunehmend die<br />
primäre Wiederherstellung der Funktion der replantierten<br />
Gliedmaßen in den Vorder grund.<br />
92<br />
<strong>Plastische</strong> <strong>Chirurgie</strong> 8 (Suppl. 2) � <strong>2008</strong><br />
Die mikrochirurgischen Techniken revolutionierten<br />
aber auch andere Bereiche der handchirurgischen<br />
Versorgung. So durchliefen die Methoden der Defekt -<br />
deckung einen radikalen Wandel, weg vom traditionellen<br />
Leistenlappen, der durchaus auch heute noch Indika -<br />
tionen hat, oder den extrem unkomfortablen „Cross-<br />
Arm“- oder Bauchwand-Lappenplastiken, hin zu mikrochirurgischen<br />
Lappentransplantaten, mit denen sehr früh<br />
eine funktionelle Nachbehandlung möglich war. Als<br />
Pioniere sind hier vor allem E. Biemer und W. Stock zu<br />
nennen, die den A.-radialis-Lappen in die klinische<br />
Routine einführten.<br />
Auch hier hat sich in den letzten Jahren noch einmal<br />
ein enormer Wandel vollzogen. Durch die Transplanta -<br />
tion von freien Perforator- und Faszienlappen ist hierbei<br />
zunehmend auch die Berücksichtigung nicht nur funktioneller,<br />
sondern auch ästhetischer Ansprüche möglich.<br />
Durch die Entwicklung sog. chimärer Lappenplastiken,<br />
die aus unterschiedlichen anatomischen Komponenten<br />
bestehen (Germann, Steinau) gelang es, auch große dreidimensionale<br />
Defekte einzeitig zu rekonstruieren und<br />
damit auch bei komplexen Traumata der oberen Extre -<br />
mitä ten zumindest eine Restfunktion der Extremitäten zu<br />
erhalten.<br />
Trotz der neuen mikrochirurgischen Möglichkeiten<br />
wurden aber auch die lokalen und regionalen Lappen -<br />
plastiken immer weiter verfeinert. Basierend auf den frühen<br />
Arbeiten von Hilgenfeldt kam es Ende der 70er Jahre<br />
zu einer Wiederentdeckung der anatomischen Arbeiten<br />
von Carl Manchot aus Leipzig, der sich zum Ausgang des<br />
19. Jahrhunderts intensiv mit dem Gefäßsystem des<br />
Menschen und der kutanen Gefäßversorgung beschäftigt<br />
hatte und die von Michel Salmon in den 1930er Jahren<br />
erneut aufgegriffen wurden. Earley, Milner und Quaba<br />
waren neben Paneva-Holeciv und Foucher die Weg -<br />
bereiter für intrinsische Lappenplastiken der Hand.<br />
Auch die <strong>Chirurgie</strong> kongenitaler Missbildungen er -<br />
reichte eine neue Dimension durch die Anwendung<br />
mikrochirurgischer Präparationstechniken. Im deutschsprachigen<br />
Raum sind diese Entwicklungen wiederum<br />
mit den Arbeiten von W. Blauth und D. Buck-Gramcko<br />
untrennbar verbunden. Bis heute gilt die damals weiterentwickelte<br />
Pollizisation als Standard verfahren bei der<br />
Behandlung des hypo- bzw. aplastischen Daumens.<br />
Daneben traten aber auch Techniken wie der mikrovas -<br />
kuläre Zehentransfer, der eng mit den Arbeiten von<br />
Edgar Biemer verknüpft ist.