Plastische Chirurgie 8: Supplement 2 (2008) - DGPRÄC
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40 Jahre <strong>DGPRÄC</strong> 2.3.1 Zentren für Schwerbrandverletzte<br />
Neuere Untersuchungen belegen aber auch, dass trotz<br />
aller Fortschritte die Häufung bestimmter Risikofaktoren<br />
die Überlebensprognose verschlechtert; so beträgt die<br />
Überlebenschance nur noch unter 1 %, wenn gleichzeitig<br />
ein Alter von über 65 Jahre, ein Inhalationstrauma und<br />
eine verbrannte Körperoberfläche von mehr als 40 % vorliegen.<br />
Das Primat der Behandlung besteht nicht im alleinigen<br />
Erreichen des Überlebens schwerer Brandverletzungen,<br />
sondern vor allem in einer qualifizierten Gesamt -<br />
behandlung, die eine stadiengerechte Wundbeurteilung,<br />
Nekrosenabtragung und den geeigneten am aktuellen<br />
Stand der Wissenschaften angelehnten Hautersatz einschließt.<br />
Ein vorrangiges Ziel ist das Erreichen eines optimalen<br />
funktionellen wie ästhetischen Ergebnisses durch<br />
Plastisch-rekonstruktive Maßnahmen sowie die soziale<br />
und berufliche Rehabilitation der Verletzten mit<br />
Reintegration in das soziale und berufliche Umfeld.<br />
Die Sicherstellung der hohen Qualifikation des ärztlichen<br />
und Pflegepersonals sowie die Finanzierung der<br />
Verbrennungsmedizin sind große Herausforderungen,<br />
die auch unsere Fachgesellschaft fordern.<br />
Mit etwa 1400 erwachsenen Patienten, die mit schweren<br />
Brandverletzungen in Spezialkliniken eingeliefert<br />
werden, machen ausgedehnte Verbrennungen und<br />
Verbrühungen nur einen kleinen Anteil aus. Jedoch sind<br />
die Kosten immens hoch und erreichen nicht selten eine<br />
Summe von mehreren hunderttausend Euro.<br />
Mit einem in Industrieländern zu verzeichnenden<br />
Rückgang schwerer thermischer Verletzungen wird derzeit<br />
angesichts begrenzter finanzieller Ressourcen eine<br />
intensive Diskussion um Struktur, Größe, Organisations -<br />
form bezüglich der Finanzierung der Verbrennungs -<br />
medizin geführt.<br />
Weltweit erfolgt in der Regel mit den Kostenträgern<br />
keine Abrechnung der Behandlung brandverletzter<br />
Patien ten in den entsprechenden Zentren mittels Fall -<br />
pauschalen. In der Bundesrepublik Deutschland würde<br />
eine ausschließlich – basierte Vergütung zu einer drastischen<br />
Unterfinanzierung führen, wie eine Arbeitsgruppe<br />
des Verbrennungszentrums Ludwigshafen festgestellt<br />
hat. Insbesondere könnte die Einführung innovativer<br />
Hautersatzverfahren behindert werden, da diese zwar derzeit<br />
im DRG System erfasst aber nicht adäquat vergütet<br />
werden [1].<br />
Analysen und Prognosen aus den angelsächsischen<br />
Ländern gehen ebenfalls von drastischen Auswirkungen<br />
aus, sollten Abrechnungssysteme wie das DRG-System als<br />
alleiniges Abrechnungsinstrument zum Einsatz kommen.<br />
40 % aller Patienten überschreiten die Grenz -<br />
verweildauern mit unterfinanzierter Folgetherapie. Ein<br />
möglichst nur bedingt die notwendigen Finanzierungs-<br />
Ressourcen bereitstellen. In den USA sind bereits die<br />
ersten Zentren für Brandverletzte geschlossen worden.<br />
Wie in anderen medizinischen Versorgungsbereichen<br />
droht also die Schließung kleinerer Zentren, wie am pädiatrischen<br />
Verbrennungszentrum Hannover in der<br />
Kinderklinik Bult erfolgt und Konzentrierung auf große<br />
Verbrennungseinheiten.<br />
Vor dem Hintergrund des Rückzuges der Kostenträger<br />
aus der Finanzierung der Infrastruktur medizinischer<br />
Einrichtungen ist vor allem für Brandverletztenzentren<br />
die Daseinsvorsorge auf Länderebene ernsthaft zu diskutieren.<br />
Neben der eigentlichen Aufgabe der Versorgung von<br />
Schwerstbrandverletzen kann aber die Expertise in kritischer<br />
Wundbehandlung in Verbrennungszentren ein<br />
wertvoller Baustein für die Behandlung von anderen<br />
Großwunden sein. Dazu zählen großflächige exfoliative<br />
Hauterkrankungen, ausgedehnte Infektwunden und<br />
Dekubiti aber auch amputationsgefährdete ulzerierte<br />
Extremitäten [2].<br />
Die dabei erzielten Kosteneinsparungen in anderen<br />
Gebieten könnten der Finanzierung der Verbrennungs -<br />
einheit zugute kommen.<br />
Eine weitergehende Nutzung als Wund-Einheit verbunden<br />
mit dem gezielten und damit kostengünstigen<br />
Einsatz innovativer Technologien wie z.B. Hautersatz [3]<br />
und chirurgischer Medizintechnik ermöglicht effiziente<br />
Wundtherapie, Aus- und Weiterbildung aller medizinischen<br />
Berufsgruppen in Wundtherapie und besitzt das<br />
Potential Krankenhauserlöse zu stabilisieren.<br />
Grundsätzlich erscheint es aber unerlässlich, die<br />
Behandlung von ausgedehnten thermischen Verletzungen<br />
an Spezialzentren mit ihren kaum eine DRG-Gruppierung<br />
rechtfertigenden Fallzahlen aus der Fallpauschalen -<br />
vergütung herauszunehmen.<br />
Mit dem damit gewonnen Potential und der vorgehaltenen<br />
hohen Expertise in umfassender Versorgungs -<br />
möglich keit auch komplexester Wunden eröffnet sich in<br />
jeder Hinsicht ein bedeutsames medizinisches Ein -<br />
sparpotential für die erwähnten angrenzenden Bereiche.<br />
Die <strong>Plastische</strong>, rekonstruktive und ästhetische Chir -<br />
urgie optimiert dabei federführend den Ressourcen einsatz<br />
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<strong>Plastische</strong> <strong>Chirurgie</strong> 8 (Suppl. 2) � <strong>2008</strong>