SYMPOSIUM - MixedMedia-Konzepts
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99<br />
Symposium »Composites in Architecture« in Weimar<br />
Faserverbundkunststoffe im modernen Brückenbau?<br />
� � � von Pamela Voigt, Elke Genzel<br />
Im Dezember vergangenen Jahres<br />
lud das Süddeutsche Kunststoffzentrum<br />
zum zweiten Mal zur »Composites<br />
in Architecture« ein, die<br />
diesmal unter dem Thema »Bridges<br />
and Structures« stand. Die Liste der<br />
Referenten war nicht nur auserlesen,<br />
sondern ließ, da es sich um Vertreter<br />
des Brückenbaus aller Materialien<br />
handelte, darauf schließen und<br />
hoffen, dass hier von einer anderen<br />
Seite des Tellerrandes geschaut würde,<br />
die Frage beantwortend: Braucht<br />
der moderne Brückenbau Faserverbundwerkstoffe?<br />
Vorbilder aus Stahl<br />
Wie, wenn nicht vom Standpunkt unserer<br />
heutigen Brückenbaukultur, kann man<br />
das beantworten. Die wunderbar eleganten<br />
Konstruktionen eines Jiri Strasky<br />
wirkten fast wie eine Provokation auf die<br />
Frage, aber auch als State of the Art des<br />
Brückenbaus, an dem sich vieles messen<br />
lassen muss. Strasky zeigte neben seinen<br />
klassischen Spannbandbrücken, deren<br />
Leichtigkeit und Anpassungsfähigkeit<br />
an die Landschaft stets mit großen Horizontalkräften<br />
am Aufl ager teuer zu<br />
bezahlen sind, die von ihm in jüngster<br />
Zeit untersuchten und errichteten bogenunterstützten<br />
Spannbandstrukturen.<br />
Dazu gehören beispielsweise die Fußgängerbrücken<br />
über den Radbuza River bei<br />
Plzen mit 77 m Spannweite, bei Olomuc<br />
mit 83 m und über den Svratka River bei<br />
Brno mit 51,60 m sowie die McLoughlin<br />
Boulevard Pedestrian Bride in Portland,<br />
Oregon, mit 93 m Länge. Bei diesem System<br />
komplettiert ein Bogen das Spannband<br />
in der Weise, dass die vom Seil wie<br />
vom Bogen produzierten Horizontalkräfte<br />
gleich groß sind und sich aufheben, also<br />
nur noch vertikale Aufl agerkräfte entstehen;<br />
die Verankerung gegen die großen<br />
Horizontallasten entfällt. Hier stecken<br />
nach Meinung Straskys ein erhebliches<br />
Potential und weit größere Anwendungsmöglichkeiten<br />
als mit klassischen<br />
Spannbandbrücken. Strasky entwickelte<br />
seine Ideen vor dem Hintergrund, das<br />
Spannband sei aus Stahl. Das System<br />
lässt sich jedoch hervorragend mit Faser-<br />
verbundwerkstoffen denken: Dank ihrer<br />
außerordentlich hohen Zugfestigkeit bei<br />
gleichzeitig hohem E-Modul und einem<br />
Temperaturausdehnungskoeffi zienten,<br />
der gegen null geht, sind Bänder aus Kohlenfaserstoffen<br />
die idealen Tragelemente<br />
für Spannbandbrücken. Die Schwierigkeit<br />
aber ist, die Kräfte am Ende des Bandes zu<br />
fassen, abzuleiten.<br />
Vision und Realisierungsschritte<br />
Wo der moderne Brückenbau die Faserverbundwerkstoffe<br />
benötigt, wird durch<br />
die Ausführungen von Urs Meier deutlich,<br />
und Meier beantwortet aufs Eindrücklichste,<br />
wo der Werkstoff unersetzlich ist.<br />
Es begann in den 1980er Jahren mit einer<br />
A K T U E L L<br />
Stefan Polonyi:<br />
Bogenbrücke aus Stahl<br />
über den Rhein-Herne-Kanal<br />
© Stadt Gelsenkirchen<br />
Jiri Strasky:<br />
Bogenbrücke über den<br />
Vltava River in Ceske Budejovice<br />
© Strasky, Husty and Partners Ltd.<br />
Jiri Strasky:<br />
Bogenunterstützte Spannbandstruktur<br />
über die R 35 bei Olomouc<br />
© Strasky, Husty and Partners Ltd.<br />
verrückten Idee, einer Vision: der Querung<br />
der Straße von Gibraltar. Wollte man<br />
dort eine Brücke errichten, eine Schrägseilbrücke,<br />
deren Haupttragelemente<br />
aus Stahl seien, so bräuchte man in der<br />
Meerenge mindestens einen Pylonen,<br />
der zu gründen sei, was angesichts von<br />
1.000 m Meerestiefe ausgeschlossen<br />
werden muss. Dem Ganzen liegt eine<br />
zutiefst einfache Weisheit zugrunde: das<br />
Verhältnis von Eigenlast zu aufnehmbaren<br />
Verkehrslasten, welches anzeigt, wo<br />
die Leistungsfähigkeit eines Werkstoffes<br />
endet. Für Stahl liegt dieser Quotient,<br />
diese Grenzspannweite bei 7,70 km, für<br />
CFRP bei 37,50 km. In jener Zahl liegen<br />
alles Geheimnis, alle Inspiration und alle<br />
BRÜCKENBAU | Februar 2010