<strong>1933</strong>Deutschland eine Luftwaffe zulegen können; die Gleichberechtigung seiihm ja im Vorjahr wieder zuerkannt worden. „Um Gottes willen, nur keineAufrüstung auf dieser Abrüstungskonferenz“, riefen Engländer, Franzosenund andere. Min<strong>ist</strong>erialdirektor Brandenburg konsultiert sich telefonischmit Berlin. „<strong>Das</strong> <strong>ist</strong> eine glatte Unverschämtheit“, schreit HermannGöring in den Hörer. „Wenn in der nächsten Sitzung die deutscheGleichberechtigung wieder so beiseite geschoben wird, dann <strong>hat</strong> diedeutsche Delegation in der Luftkommission sofort aufzustehen und denSaal zu verlassen, und zwar so, dass man die Tür auf der ganzen Konferenzzufallen hört.“Über das <strong>Wochen</strong>ende wird mehrfach mit Berlin telefoniert, um darüberzu verhandeln, ob die Tür nun laut oder leise zugemacht werden soll. Biszum 6. Februar bemühen sich die deutschen Diplomaten in Genf darum,die Luftkommission wenigstens ohne Türenknallen verlassen zu dürfen.Schmidt hört einen sagen: „Nur wer als Diplomat verloren <strong>hat</strong>, verlässteine Konferenz.“ 23 Letztlich war es im Vorjahr auf diplomatischem Wegauch gelungen, Gleichberechtigung für Deutschland zu erreichen, leise,wie es Außenmin<strong>ist</strong>er Konstantin von Neurath liebte. Fremde Truppenzogen ab, Reparationen wurden ausgesetzt und Deutschland war wieder„auf dem Wege zur Wiedergewinnung seiner Großmachtstellung“. Dabeiging es selbstverständlich um Gleichberechtigung „in einem System, dasallen Nationen Sicherheit gewährt“ 24 . Allerdings merkt der Freiherr vonNeurath an: „Noch <strong>ist</strong> der Kampf nicht gewonnen, es wird noch mancheSchwierigkeit zu überwinden geben.“ 25 Am Montag steht prompt einervon den Franzosen auf und bestreitet wieder die Gleichberechtigung. ImLaufe der Debatte wird der heikle Streit jedoch noch einmal beigelegt, sodass die Deutschen ohne einen Theaterabgang weiter an den Sitzungenteilnehmen können. 26In Genf geht es auch darum, die maximalen Truppenstärken neu festzulegen.Dabei taucht die Frage auf, inwiefern SA, SS oder Stahlhelm militärischeVereine sind, die eingerechnet werden müssten – und schon <strong>hat</strong>Dr. Schmidt ein Problem: „Bei diesen Verhandlungen stieß ich auch das23 Schmidt, S. 26024 Ebd., S. 25325 Ebd., S. 250f.26 Ebd., S. 26010
<strong>1933</strong>erste Mal auf Übersetzungsschwierigkeiten bei dem Bemühen, die durchdas nationalsozial<strong>ist</strong>ische Regime geprägten <strong>neue</strong>n Begriffe dem Auslanddeutlich zu machen. »Wehrsport« war von der SA als Betätigungangegeben wurde. »Military sport« durfte ich nicht sagen, denn dannwäre ja bereits in der Übersetzung der militärische Charakter der SAzum Ausdruck gekommen, und dieser wurde damals von deutscher Seitebestritten. Nach Rücksprache mit meinen englischen Kollegen einigtenwir und dann schließlich auf »defence sport«. »Was <strong>ist</strong> das für ein Unsinn«,fuhr mir der englische General Temperley dazwischen, als ich denAusdruck gebrauchte. »Ich vertrete das Land, von dem der AusdruckSport herstammt,« sagte er ärgerlich, »aber unter defence sport kannich mir gar nichts <strong>vor</strong>stellen.« Ich konnte mir ebenso wenig etwas unterWehrsport als einer nichtmilitärischen Sportart denken, trotzdem sichmehrere Sachverständige auf der deutschen Seite längere Zeit bemüht<strong>hat</strong>ten, mir klarzumachen, dass »Wehr« mit militärischen Dingen nichtszu tun habe.“ 27 Schade, dass Schmidt nicht auf die Frage kommt, wozues dann die Reichswehr gibt. „Außer dem Krach wegen Jacob provozierteHeydrich dann noch einen Flaggenzwischenfall. Als er in Genf ankam,war die Reichsflagge noch nicht offiziell geändert worden. So wehten dieFarben Schwarz-Rot-Gold immer noch über unserem Hotel und an unserenDelegationsautos. Anscheinend <strong>hat</strong>te Heydrich in seinem Gepäckeine Hakenkreuzfahne mitgebracht, die er eines Tages auf eigene Fauststatt der offiziellen Farben auf unserem Hotel aufzog. <strong>Das</strong> war natürlichein paar Stunden lang die Sensation von Genf. <strong>Das</strong> Publikum, und <strong>vor</strong>allem die Schweizer Arbeiter, <strong>hat</strong>ten ohnehin schon eine von Tag zu Tagfeindseligere Haltung gegenüber der deutschen Delegation eingenommen.Die Zeitungen waren voll von Nachrichten über die UnterdrückungAndersdenkender im Reich, über »Säuberung« und »Gleichschaltung«.Manchmal flogen schon Steine hinter unseren Autos her, und geschimpftwurde kräftig, wenn wir <strong>vor</strong>überfuhren. <strong>Das</strong> Hakenkreuz aufdem Carlton Hotel drohte zu noch unangenehmeren Zwischenfällen zuführen. Energisch griff Nadolny ein. Er brachte die Rekordle<strong>ist</strong>ung fertig,das Hakenkreuzbanner innerhalb weniger Stunden einholen und diealten Reichsfarben wieder an seine Stelle setzen zu lassen, obwohl Hitlerin Berlin längst »die Macht ergriffen« <strong>hat</strong>te. Heydrich sagte er so gründlichdie Meinung, dass diesem eine Zeit lang das maliziöse Lächeln ver-27 Schmidt, S. 26211
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