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1933 Das neue Jahr hat vor wenigen Wochen angefangen. Es ist ...

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<strong>1933</strong>Als peinlich empfindet der Berufseinsteiger auch den Auftritt von ErnstTorgler: „Man muss sich immerhin <strong>vor</strong>stellen, dass er kein x-beliebiger,irgendwo aufgegriffener Kommun<strong>ist</strong> <strong>ist</strong>. Außer Thälmann <strong>ist</strong> er wohl derbekannteste Führer der deutschen kommun<strong>ist</strong>ischen Partei, auf derenStufenleiter er es bis zum Vorsitzenden der Reichstagsfraktion gebracht<strong>hat</strong>.“ Weiter schreibt der Beobachter: „Nein, dieser Mann <strong>ist</strong> kein Held.An seiner traurigen Haltung erwe<strong>ist</strong> sich überzeugend <strong>vor</strong> dem Tribunalder Geschichte, warum trotz 1918, trotz der großen Wirtschaftskrise von1930 bis <strong>1933</strong> die Roten nicht zum Zuge kamen. Wenn man bedenkt,welch ungeheure Machtquelle in der marx<strong>ist</strong>isch organisierten Arbeitermasseihrer politischen Auswertung harrte, und sich daran erinnert,dass sich aus dieser Menschenfülle nur eine Gruppe von sicherlich achtbaren,aber me<strong>ist</strong> unzulänglichen Funktionären herauslöste, dann erstversteht man das Scheitern der deutschen Arbeiterbewegung. DieserTorgler hockt auf der Anklagebank und meint, er müsse sich von demVorwurf der Brandstiftung reinwaschen. Ein blöder Zufall – oder war esdie Teufelei seiner politischen Gegner? - <strong>hat</strong> ihn noch einmal ins helleRampenlicht gestellt. Wenigen Desperados wurde solch ein Abgang vonder politischen Bühne geboten. Doch kein Volkstribun schmettert dieletzte Fanfare. Statt dessen bittet da jemand um einen Freispruch fürseine kleinbürgerliche Ex<strong>ist</strong>enz.“ 175Als Glanzpunkt des Prozesses <strong>vor</strong> dem Reichsgericht feiert Hans-BerndGisevius den Auftritt des bulgarischen Kommun<strong>ist</strong>en Georgi Dimitroff:„Ein Raunen geht durch den Saal, sobald er sich erhebt.“ 176 Als Anarch<strong>ist</strong>war Dimitroff in Bulgarien zu insgesamt 32 <strong>Jahr</strong>en schwerer Kerkerhaftverurteilt worden und <strong>ist</strong> über die Sowjetunion nach Deutschland geflüchtet.Zufällig gerät er in die Verhaftungswelle, die durch Berlin geht.Am 27. Februar hielt er sich aber in München auf und kann sich somitsicher sein, dass er nicht schuldig gesprochen werden kann. Grinsendkommentiert Gisevius, es sei „zwar keiner im ganzen Saal, der Dimitroffnicht einen Angriff gegen die bürgerliche Ordnung zutrauen würde, aberhinsichtlich des Reichstagsbrands <strong>ist</strong> ihm wirklich nichts anzuhaben.“Dr. Gisevius merkt an: „Nicht einen Augenblick vergisst Dimitroff, dasser politischer Angeklagter <strong>ist</strong>. Die Anklage der Brandstiftung als solchelässt ihn völlig kalt, wie ihn auch seine Vorstrafen nicht beschweren.175 Gisevius I, S. 44ff.176 Ebd., S. 4267

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