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1933 Das neue Jahr hat vor wenigen Wochen angefangen. Es ist ...

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<strong>1933</strong>gut, dass er heute Abend gleichfalls keine Wahlversammlung abhält,ebenso sein sonst so redelustiger Propagandachef. Unentwegt starrt derFührer, um ihn herum eine Schar Min<strong>ist</strong>er und Beamte, auf das brennendeGebäude. Augenscheinlich <strong>ist</strong> dieser Me<strong>ist</strong>er der Selbstsuggestionvon dem Schauspiel außergewöhnlich gepackt. Von Minute zu Minutesteigert sich seine Erregung. Mit leidenschaftlichen Worten erteilt erGöring alle polizeilichen Vollmachten. In dieser Nacht verkündet mandie berühmten Notverordnungen vom 28. Februar <strong>1933</strong>. Sie sind ausgesprocheneNotstandsverordnungen und werden »zum Schutze von Volkund Staat« gegen »kommun<strong>ist</strong>ische Anschläge« erlassen. Sie sind alsodem Sinn und Wortlaut nach reine Kommun<strong>ist</strong>enverordnungen.“ 51 Unddas, be<strong>vor</strong> man herausfindet, wer dieser van der Lubbe genau <strong>ist</strong>. <strong>Es</strong> <strong>ist</strong>jetzt auch gar nicht mehr entscheidend, ob der Holländer ein Einzeltäterwar oder ob die Nazis da mitgemischt haben. Wichtig <strong>ist</strong> die Ausnutzungder sich bietenden Chance für Gesetze, die auf demokratischem Wege ineine Diktatur führen.Bald schon bekommen die Sozialdemokraten die <strong>neue</strong> Innenpolitik hierzu spüren. „Umgehend verbietet Göring auf Grund der <strong>neue</strong>n Paragraphenihre gesamte Presse. Sie mögen sich trösten: nicht lange müssensie allein bleiben. Sehr schnell werden sämtliche übrigen Parteien mitder gleichen Willkür Bekanntschaft machen. Aber während die Linkedamals noch die Möglichkeit <strong>hat</strong>, in ihren Wahlversammlungen zu protestieren,während es Blätter der demokratischen Mitte gibt, die dieseProteste abdrucken, während es einstweilen noch eine sehr gewichtigeMöglichkeit gibt, den öffentlichen Unwillen kundzutun, nämlich diekommende Reichstagswahl, wird es später höchstens noch schriftlicheBeschwerden geben, die in den Papierkorb wandern oder ihre Verfasserins Konzentrationslager bringen. Jedwede richterliche Nachprüfung derstaatlichen Eingriffe hört auf. Wer ahnt am Morgen nach diesem h<strong>ist</strong>orischenBrandabend beim Lesen der Notverordnungen, dass einzig mitdiesen <strong>wenigen</strong> Bestimmungen die Revolution legalisiert werden wird?Aber es <strong>ist</strong> so. Juden und Chr<strong>ist</strong>en, Stahlhelmer und Logenbrüder, Zentrumsleuteund Deutschnationale, Gesangsvereine und Konsumgenossenschaften,sie alle werden mit der Zeit jenes <strong>neue</strong> Polizeirecht kennenlernen, das aus dem verwirrenden Flammenmeer am Königsplatz den51 Ebd., S. 18f.19

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