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1933 Das neue Jahr hat vor wenigen Wochen angefangen. Es ist ...

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<strong>1933</strong>der Jude an sich <strong>ist</strong> ein Dauerthema. Kommt einer zu einem Bauern undwill ein Schwein kaufen, es müsse aber ein arisches sein. Fragt der Bauerden Fremden: „Arisch? Woran erkennt man das?“ Bereitwillig erläutertihm der Fremde: „Nun, es muss Borsten haben wie Hitler, ein Maul wieGoebbels und einen Bauch wie Göring.“ 223 Mit dem Propagandafeldzug,der mit solchen Redeweisen auf die Schippe genommen wird, wollen dieBraunen die Juden im Reich zum Verlassen desselben drängen. Etwasanderes steht hier nicht zur Debatte – insofern man im Reich überhauptnoch über etwas diskutieren kann.Der Abschluss des Prozesses in Leipzig bleibt nicht ohne Folgen für denbisherigen Prozessbeobachter aus Berlin. Behördenchef Diels hätte ihngern an ein Landratsamt in die ostpreußische Provinz versetzt, doch erkann Staatssekretär Grauert, der wider Erwarten nicht im Weihnachtsurlaub<strong>ist</strong>, erreichen. Der findet schließlich eine andere Verwendung fürden jungen Mann in der Reichshauptstadt. Hier <strong>ist</strong> die Stelle einer Hilfskraftim Innenmin<strong>ist</strong>erium zu besetzen, die Gisevius eine Menge Einblickverschafft in die Vorgänge im Land. Er <strong>hat</strong> nun „all die Irrläufer,die seit der Ende Oktober erfolgten Abtrennung der Geheimen Staatspolizeiaus dem Bereich des Innenmin<strong>ist</strong>eriums fälschlicherweise immernoch dorthin gerichtet wurden, zuständigkeitshalber an Görings Staatsmin<strong>ist</strong>eriumweiterzuleiten. Dies war eine Beschäftigung, für die er michgeeignet hielt, blieb ich doch sozusagen in meiner Branche. Damit ichaber nicht auf eigene Faust Politik machte, unterstellte er mich einembesonders wachsamen Min<strong>ist</strong>erialdirektor. Überdies schärfte er mir ein,ich solle mich für diesen Akt des Wohlwollens dadurch erkenntlich zeigen,dass ich mich in Zukunft peinlichst zurückhielte und <strong>vor</strong> allem aufmeine lästerlichen Redensarten verzichtete. Natürlich stimmte ich zu.Grauert konnte mir zwar die Bearbeitung der einlaufenden Schriftstückeverbieten, aber dass ich alle diese Anzeigen, Beschwerden oder Petitioneneifrig las, be<strong>vor</strong> ich sie an die Geheime Staatspolizei weiterleitete,das konnte er beim besten Willen nicht verhindern. <strong>Das</strong> konnte mandrüben im Palais Göring nicht einmal kontrollieren, zumal dann nicht,wenn ich die Originale unberührt ließ und allenfalls ein paar Abschriftenzurückbehielt. Was jedoch damals alles an Notschreien an die – falsche– Adresse des machtlosen Innenmin<strong>ist</strong>eriums kam, kann sich nur derjenigeausmalen, der noch in Erinnerung <strong>hat</strong>, wie viele entrüstete Staats-223 Hirche, S. 11682

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