<strong>1933</strong>diesen braun Uniformierten gegangen. Viele Bischöfe verurteilten dasBuch Mythos des 20. <strong>Jahr</strong>hunderts des Rassenfanatikers Alfred Rosenberg.Was die Nazis als Weltanschauung verkauften, bezeichneten sie alseine Irrlehre. Mit dem artgemäßen Chr<strong>ist</strong>entum in der EvangelischenKirche können sie nichts anfangen. Anders als bei den Protestanten gibtes in der Katholischen Kirche eine lange Tradition des Widerstandsdenkensund des Märtyrertums. So sind viele bereit, auch Verfolgung, Haftund Folter wegen ihrer Überzeugungen auf sich zu nehmen, 117 wobei sichdas in der Theorie feierlicher liest, als es in Wirklichkeit <strong>ist</strong>. Unter derHand macht bald dieser Spruch die Runde: Auch die Pfarrer grüßenjetzt mit „Heil Hitler!“ Aber der katholische grüßt anders als der evangelische.Der evangelische Pfarrer ruft: „Im Namen Gottes, Heil Hitler!“Der katholische Pfarrer grüßt: „In Gottes Namen, Heil Hitler.“ 118 <strong>Das</strong> <strong>hat</strong>nicht denselben Klang und das <strong>hat</strong> nicht denselben Inhalt.Um die Gleichschaltung der Länder noch weiter zu verbessern, wird am7. April ein zweites Gesetz dazu erlassen. Jetzt können Reichsstatthalterernannt werden. Der Kanzler muss nur geeignete Jungs für diese Postenfinden und sie <strong>vor</strong>schlagen. In der Regel findet er sie in den Gauleiternder NSDAP. Der Statthalter darf mehr als andere Leute. Er kann denVorsitzenden der Landesregierung entlassen, wenn der nicht macht, waser soll, und er kann einen geeigneten Kandidaten ernennen. Im Bedarfsfallkann er gleich den ganzen Landtag an die frische Luft befördern. EinMisstrauensbeschluss des Landtages <strong>ist</strong> nicht mehr zulässig. 119 Eigentlich<strong>ist</strong> niemand so richtig überrascht, dass man immer seltener Gegenstimmenzur Linie der Reichsregierung zu hören bekommt. Weil sie geradedabei <strong>ist</strong>, erlässt sie gleich noch ein Gesetz zur Wiederherstellungdes Berufsbeamtentums. Damit werden „Nichtarier“ endgültig aus vielenBerufen ausgeschlossen. Einer von ihnen <strong>ist</strong> Robert Kempner. Er <strong>ist</strong>Justiziar im Preußischen Innenmin<strong>ist</strong>erium. Zumindest bis dieses Gesetzgreift. Er wird sein Heimatland verlassen und in Nürnberg einer derwichtigsten Ankläger gegen das „Ancien Régime“ werden. Dieses Gesetzvom 7. April <strong>ist</strong> zwar gar nicht für die Wirtschaft gedacht, doch mancherwittert auch hier Morgenluft. Ob in den Aufsichtsräten, Vorständen oderWirtschaftsverbänden – überall <strong>ist</strong> man schnell bei der Sache und nutzt117 Steinbach, S. 166f.118 Hirche, S. 84119 Ecke, S. 2242
<strong>1933</strong>die Gelegenheit für seinen eigenen Vorteil, 120 setzt die Juden <strong>vor</strong> die Türund holt dafür gute Bekannte herein. Bei dem Gesetz ging es nur darum,Nazis in entscheidende Posten der Verwaltung zu manövrieren. Ergänztwird das Paket von einem Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft.Darin heißt es, dass die Zulassung von Anwälten bis zum Herbstzurückgenommen werden kann. 121Wer an den Gesetzen schon nichts ändern kann, übertreibt sie durch dieÜbertragung der zynischen Gesetzestexte in astreinem Beamtendeutschauf das berufliche Feld der leichten Mädchen: „Auch das Dirnenwesensoll gemäß dem Reichsbeamten- und Anwaltsgesetz von nichtarischenElementen gereinigt werden. Danach dürfen beruflich nur noch Dirnentätig sein: 1. solche, die rein arisch sind; 2. solche, die ihr Gewerbe schon<strong>vor</strong> 1914 ausgeübt haben; 3. solche, deren Mütter im Kriege gefallensind.“ Oder auch so: Was <strong>ist</strong> es? <strong>Es</strong> liegt <strong>vor</strong> der Tür und lügt. – Der VB.<strong>1933</strong> muss man niemandem erklären, dass der VB das Nazi-Blatt <strong>ist</strong>, derVölkische Beobachter. Oder, wie wäre es damit? Wie geht es Ihnen? –Danke, jetzt geht es mir einigermaßen erträglich: Ich habe den Rundfunkabbestellt. 122 Viele Deutsche verlassen in diesen Tagen ihre Heimatund suchen Zuflucht im Ausland. Unter ihnen <strong>ist</strong> Herbert Frahm. Spätererinnert er sich an jene Zeit: „Ein schwerer Abschied war es nicht, denich, an einem der ersten Apriltage des <strong>Jahr</strong>es <strong>1933</strong>, von Lübeck nahm.Ich musste weg, wenn ich nicht Leib und Seele riskieren wollte, und denBlick nach draußen wenden. Wo hätte ich die Muße hernehmen sollenfür den Blick zurück?“ 123 Dort, fern der Heimat, wird Herbert Frahm denNamen Willy Brandt* annehmen. Wenn wir schon bei Herbert sind, sowollen wir gleich mit Herbert von Bismarck* weitermachen. Der andereHerbert verlässt dieses Land nicht. Er <strong>ist</strong> Staatssekretär im preußischenInnenmin<strong>ist</strong>erium, zumindest bis <strong>1933</strong>. Er legt sich dauernd an mit dem<strong>neue</strong>n Chef Hermann Göring. Er protestiert laut und deutlich gegen dieGesetzwidrigkeit der Verfolgungen, die <strong>neue</strong>rdings auch von staatlichenOrganen ausgehen und er bemüht sich, die Min<strong>ist</strong>er, die nicht der Nazi-Partei angehören, zum Rücktritt zu bewegen. Weil ihm das nicht gelingt,tritt er am 10. April zurück. Bleibt nur noch anzumerken, dass der eine120 Ecke, S. 95121 Ebd., S. 97122 Hirche, S. 88 und 120123 Willy Brandt, Erinnerungen, S. 8543
- Seite 1 und 2: 1933Das neue Jahr hat vor wenigen W
- Seite 3 und 4: 1933und siegestrunken stürmt er au
- Seite 5 und 6: 1933Weil am 30. Januar Hitler jetzt
- Seite 7 und 8: 1933der Gleichberechtigung des Reic
- Seite 9 und 10: 1933Die ersten Gehversuche der dipl
- Seite 11 und 12: 1933erste Mal auf Übersetzungsschw
- Seite 13 und 14: 1933Gefreite, wie der Reichspräsid
- Seite 15 und 16: 1933wehr identischer mit den Aufgab
- Seite 17 und 18: 1933mann Hans Speidel*, 35, der im
- Seite 19 und 20: 1933gut, dass er heute Abend gleich
- Seite 21 und 22: 1933tung der Bestimmungen von Versa
- Seite 23 und 24: 1933wie viele zu Hause sind oder be
- Seite 25 und 26: 1933Dr. Gerlich und Freiherrn v. Ar
- Seite 27 und 28: 1933vorgesehen, eine gerichtliche V
- Seite 29 und 30: 1933deutung 83 . Der Verfassungsrec
- Seite 31 und 32: 1933einem Paar war seit Augustin Do
- Seite 33 und 34: 1933in eine Zeitung reinkommt. Es i
- Seite 35 und 36: 1933sein, solange ihm nicht ein gle
- Seite 37 und 38: 1933ten einsperrten, habe ich gesch
- Seite 39 und 40: 1933der nächsten Straßenecke halt
- Seite 41: 1933Wenn Deutschland im revolution
- Seite 45 und 46: 1933immer noch die schönste Freude
- Seite 47 und 48: 1933Uns’re Frauen gern mithalten,
- Seite 49 und 50: 1933wird euch nicht überwintern la
- Seite 51 und 52: 1933Untergliederungen beizutreten,
- Seite 53 und 54: 1933Höhen emporklettern, mit aller
- Seite 55 und 56: 1933nicht jeder einmal mit seiner P
- Seite 57 und 58: 1933Juli 1933 sein juristisches Ass
- Seite 59 und 60: 1933Ministers, des Reichsbankpräsi
- Seite 61 und 62: 1933und zu Moskau unterkühlt. Im S
- Seite 63 und 64: 1933land wieder in eine fast völli
- Seite 65 und 66: 1933Tage in vielen Auslandszeitunge
- Seite 67 und 68: 1933Als peinlich empfindet der Beru
- Seite 69 und 70: 1933Der Uniformenfimmel des dicken
- Seite 71 und 72: 1933dem Leben trachtet, soll hinger
- Seite 73 und 74: 1933ist gut.“ 193 Berichten Deuts
- Seite 75 und 76: 1933können, ist bald peinlich ber
- Seite 77 und 78: 1933Der Diplomat Kordt verweist dar
- Seite 79 und 80: 1933hohe Regierungsstellen durch fa
- Seite 81 und 82: 1933überführten Holländer für e
- Seite 83: 1933bürger sich im ersten Revoluti