<strong>1933</strong>tung der »Deutschen Chr<strong>ist</strong>en« und der von ihr einseitig beherrschtenpreußischen Kirchenbehörden ein Verderb für Staat und Kirche <strong>ist</strong>.“ 213Gustav muss ernsthaft glauben, der Kanzler wisse das alles nicht, sonsthätte er diesen Brief gar nicht erst geschrieben. Er erhält freilich keineAntwort darauf. Dafür erlässt die Reichsregierung am 1. Dezember einGesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat. <strong>Das</strong> <strong>ist</strong> wichtig,damit Querulanten mit Einfluss noch weniger Möglichkeiten haben, umUnruhe zu stiften. 214Kanzler Hitler unterbreitet seinerseits am 18. Dezember London, Parisund Rom ein Memorandum, das „unter anderem den Vorschlag einerUmwandlung der Reichswehr in ein kurz dienendes Heer von 300.000Mann und eine Reihe von Vorschlägen über eine qualitative allgemeineBeschränkung der Rüstungen auf rein defensive Waffen, eine Stellungnahmezu der Bewertung der SA und SS im Rahmen der Abrüstung,konkrete Darlegungen über ein System allseitiger periodischer Kontrolleund vieles andere“ 215 enthält. Erich Kordt schätzt ein, man könne „esvielleicht als eines der schwersten Versäumnisse der Politik der Westmächtegegenüber Hitler ansehen, dass nicht bei dieser Gelegenheit derVersuch gemacht worden <strong>ist</strong>, Hitler bei seinem Wort zu nehmen und ihnauf diese im Großen und Ganzen maßvollen Vorschläge festzunageln.“ 216Einen Tag <strong>vor</strong> Heiligabend wird das Urteil im Reichstagsbrandprozessgesprochen: „Torgler erwe<strong>ist</strong> sich als so harmlos, dass ihn das Gerichteinfach laufen lässt. Selbst die braunen Schergen, denen es, weiß derHimmel, auf ein paar Tote mehr oder weniger nicht ankommt, verzichtendarauf, ihn einen Kopf kleiner zu machen. Eine kurze Weile sperrensie ihn in irgendein Konzentrationslager. Dann lassen sie ihn heraus,und hurtig taucht er in der Weltstadt Berlin unter.“ 217 Die drei BulgarenDimitroff, Popoff und Taneff werden freigesprochen. 218 Und was wirdmit Marinus van der Lubbe? „Die Richter erklären den geständigen und213 Koch , S. 47214 Ecke, S. 27215 Kordt, S. 59216 Ebd., S. 60217 Gisevius I, S. 46218 <strong>Das</strong> Deutsche Reich I, S. 10680
<strong>1933</strong>überführten Holländer für einen von mehreren Brandstiftern. Indessenvermögen sie über seine Helfershelfer nichts mitzuteilen. Sie bekennenoffen, dass dieses eigentliche Rätsel der Brandnacht auch für sie ungelöstbleibe.“ 219 Der jugendliche Held, der den Reichstag unbedingt alleinangezündet haben wollte, wird wenig später hingerichtet.Urteil hin oder her, im Volk mag man nicht so recht glauben, dass es derHolländer gewesen sein soll. Dort tauchen schnell Sprüche dieser Güteauf: Vater und Sohn sitzen beim <strong>Es</strong>sen. „Papa, wer <strong>hat</strong> den Reichstagangezündet?“ – „Junge, das weiß ich nicht.“ – „Ach, Papa, sag es mirdoch!“ – „Ich weiß es doch nicht!“ – „Doch, du wirst es schon wissen!“ –„Halt den Mund. ESS, ESS!“ Mit diesem Tipp liegt man zwar nicht ganzrichtig, aber andererseits auch nicht völlig falsch. Anderswo heißt es:„Wer <strong>hat</strong> den Reichstag angezündet?“ – „Die Gebrüder SASS.“ Schön <strong>ist</strong>auch der: Ein SA-Mann flüstert seinem Freunde zu: „Der Reichstagbrennt!“ Der Freund schaut sich um, legt den Finger auf den Mund undsagt: „Pst! Erst morgen!“ 220Ich weiß schon – Sie lesen das doch nur wegen der Witze. Na ja, warumauch nicht. So kommen die Leute von der Straße auch mal zu Wort. Na,was erzählt man sich <strong>1933</strong> noch so? Ein kleiner Landbürgerme<strong>ist</strong>er wirdaufgefordert, die Kommun<strong>ist</strong>en seines Ortes festzustellen. Da er nichtweiß, wie er sie erkennen soll, ruft er in der Stadt an. Da erklärt ihm einMann, der es wissen sollte: „Kommun<strong>ist</strong>en? <strong>Das</strong> sind Leute, die nichtstun und viel verdienen wollen.“ Der Landbürgerme<strong>ist</strong>er <strong>hat</strong> verstandenund meint: „Ach, da haben wir nur zwei: den Pfarrer und den Lehrer.“ 221In Königsberg erzählen sie sich den Witz: Hitler, Göring und Goebbelsberatschlagen, was sie tun sollten, falls sie angesichts der großen Unzufriedenheitgezwungen würden, abzudanken. Sagt Hitler: „Für mich <strong>ist</strong>das einfach. Ich werde als lästiger Ausländer ausgewiesen.“ Auch Göringgibt sich sehr zuversichtlich: „Ich ziehe mir Zivil an, da erkennt michniemand.“ Und Goebbels meint: „Bei mir <strong>ist</strong> es noch leichter. Ich fordereals Jude Entschädigung für erlittene Unbill!“ 222 So <strong>ist</strong> das heute bei uns;219 Gisevius I, S. 47220 Hirche, S. 124221 Ebd., S. 69222 Ebd., S. 9181
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