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1933 Das neue Jahr hat vor wenigen Wochen angefangen. Es ist ...

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<strong>1933</strong>ten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja keinGewerkschafter. Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen; ich warja kein Jude. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestierenkonnte.“ 106 Niemöller* bleibt nicht der Einzige mit dieser Erkenntnis. Er<strong>ist</strong> jedoch schon über ein <strong>Jahr</strong>zehnt mit Else verheiratet und auch ausdiesem Grund <strong>vor</strong>sichtiger als andere. Außerdem <strong>hat</strong> er schon seit 1924die NSDAP gewählt und die Einführung des Führerstaates Anfang dieses<strong>Jahr</strong>es herzlich begrüßt, so dass er jetzt erst einmal in seinem Kopf allessortieren muss, was sich unter der <strong>neue</strong>n Regierung hier so abspielt. <strong>Es</strong>gibt jedoch eine Menge andere, die deutlich spontaner auf die Ereignissereagieren als der 41-jährige Pfarrer. Unter den jetzigen Bedingungen <strong>ist</strong>es jedoch nicht einfach zu schätzen, wie viele Leute den Terror der Irrenals unsäglich empfinden.Der jüdische Professor Hans Rothfels aus Kassel, den die Experten ein<strong>Jahr</strong> danach entlassen, weil er nicht der richtigen Rasse angehört, wird1947 bestätigen, dass sich antijüdische Gesinnungen und Handlungen inDeutschland gerade nicht der allgemeinen Zustimmung erfreuten. 107 DieLeute wissen nur zu gut, dass es sich nicht um Greuelmärchen handelt,wenn ausländische Medien berichten, wie in Deutschland mit den Judenumgegangen wird. Seit dem Frühjahr ge<strong>ist</strong>ern Sprüche wie dieser durchdas Land: Isaak trifft Cohn, dessen Kopf dick verbunden <strong>ist</strong>. Außerdemträgt er einen Arm in der Binde und er hinkt. „Nu, was <strong>ist</strong>, Cohn“, ruftIsaak entsetzt, „was <strong>hat</strong> man mit dir gemacht?“ „Pst!“ flüstert Cohn ausseinem Verband heraus. „Sei still! Ich bin ein Greuelmärchen!“ 108Wer sind auf der anderen Seite eigentlich diejenigen, die in gebügeltenbraunen Uniformen an diesem Samstag über jüdische Läden herfallen?Kennen sie einen der nur 520.000 Juden in Deutschland 109 persönlich?Vielleicht sind es nicht die Schwächlichsten und auch nicht die Klügsten.<strong>Es</strong> sind Straßenjungs mit rohen Manieren. Welche Rolle sollen pro- oderantijüdische Gedanken bei den Schlägern spielen? Wenn keine Bildung<strong>vor</strong>handen <strong>ist</strong>, <strong>hat</strong> es Ideologie schwer. Vielleicht haben diese Leute zu106 Steinbach, S. 12107 Rothfels, S. 36108 Hirche, S. 35109 Straeten, S. 1337

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