<strong>1933</strong>genießen kann: „Gehirnschwund, Kalk, Arteriosklerose. Rasch tritt dieGicht den Menschen an. Und seufzend stehst du <strong>vor</strong> der Diagnose: Beidir <strong>ist</strong> irgendwas nicht richtig, Mann. Se müssten mal zum Dokter jeh’n,Herr Dokter. Dat kann doch nich so weiterjehn, Herr Dokter. Sicher <strong>hat</strong>Professor Freud auch für Sie a Kleinichkeit, die Sie von den Leiden, dieSie leiden, janz befreit. Dat is ja nich mehr anzusehn, Herr Dokter. Siesollten wirklich mal, ja, ja, Sie müssten wirklich mal, also, er muss dochwirklich mal zum Onkel Dokter jeh’n.“ 111 Als „der Doktor“ wird Goebbelsübrigens unter anderem auch bei der SA bezeichnet. 112Goebbels <strong>hat</strong> wahrhaft riesige Opfer für die Umgestaltung Deutschlandsauf sich genommen. Joseph oder Jupp, wie man ihn nennen soll, machtman auf der Straße hinter <strong>vor</strong>gehaltener Hand zu Bumsbeen, Ma<strong>hat</strong>maPropagandhi, Reichslügenmaul, Reichsspruchbeutel, nachgedunkelterSchrumpfgermane oder gelegentlich auch zu Wotans Mickymaus. Nichtalle dieser Namen <strong>hat</strong> er von Anfang an – aber er <strong>hat</strong> sie in Aussicht. Alser auf Schwanenwerder im Westen von Berlin einzieht, nennen ihn dieLeute in feinster Respektlosigkeit den Edlen Bock von Schwanenwerder.Dabei <strong>ist</strong> wichtig, dass das auch nicht der Falsche hört, sonst geht es abnach Dachau. Dort <strong>ist</strong> noch Platz. Und wenn Letzterer nicht reicht, dannwird ausgebaut. <strong>Es</strong> muss ja auch nicht in Bayern sein. Die Verlogenheitseiner Propaganda wird als das System Klumpfuß tituliert, das Radio alsGoebbelsschnauze oder Klumpfüßchens Zeitvertreib und seine Sendung„Stunde der Nation“ findet sich wieder als Josephs Märchenstunde. Naja, und dann kursieren Witze wie der hier: Goebbels <strong>ist</strong> Ehrenbürger vonLeipzig, oder wo man gerade wohnt, geworden. Warum? Weil Goebbelsder einzige Deutsche <strong>ist</strong>, der den Spargel quer essen kann. 113 Seine großeKlappe bietet noch Stoff für viele andere Witze.Während der Kanzler überall seine Reden für den inneren und äußerenFrieden hält, sind die führenden Männer in den Kirchen im Clinch überihre Haltung zur avisierten nationalen Er<strong>neue</strong>rung Deutschlands. Schonam Montag nach dem Beginn des Boykotts jüdischer Geschäfte trifft sichdie Führung der Deutschen Chr<strong>ist</strong>en zu ihrer ersten Reichstagung. Siekönnen sich nicht für das Altonaer Bekenntnis vom Januar erwärmen.111 Von der Schellack-Platte „Sie müssen mal zum Doktor geh'n, Herr Doktor.“112 Gisevius I, S. 88113 Hirche, S. 98f.40
<strong>1933</strong>Wenn Deutschland im revolutionären Aufbruch <strong>ist</strong>, können sie nicht analten Sprüchen hängen. Am 4. April <strong>1933</strong> bringen Sie das Ergebnis ihrerZusammenkunft an die Öffentlichkeit: „Gott <strong>hat</strong> mich als Deutschen geschaffen,Deutschsein <strong>ist</strong> Geschenk Gottes. Gott will, dass ich für meinDeutschland kämpfe. Kriegsdienst <strong>ist</strong> in keinem Fall Vergewaltigung deschr<strong>ist</strong>lichen Gewissens, sondern Gehorsam gegen Gott . . . Der StaatAdolf Hitlers ruft nach der Kirche, die Kirche <strong>hat</strong> den Ruf zu hören . . .Chr<strong>ist</strong>us <strong>ist</strong> zu uns gekommen durch Adolf Hitler!“ 114Um gerecht zu bleiben – die Nazis haben sich die evangelischen Kirchenaber auch schneller und massiver <strong>vor</strong>genommen als die katholische. DerDiplomat Erich Kordt weiß es: „Dem Grundsatz getreu, immer nur einenGegner anzugreifen, konzentrierten sich die Bestrebungen der NSDAPzunächst auf die protestantische Kirche. Mit den gleichen Methoden,mit denen die politische Macht übernommen worden war, sollten auchdie Kirchen gleichgeschaltet werden. Zunächst wurde eine große ZahlSA-Männer, die bisher nur bürgerliche Eheschließungen <strong>vor</strong>genommen<strong>hat</strong>ten, zu kirchlichen Massentrauungen veranlasst. In der Propagandawurde scharf gegen die aus der Kirche Ausgetretenen gewettert. Gleichzeitigwurde eine »Vereinigung deutscher Chr<strong>ist</strong>en« gebildet, die bei derKirchenwahl mit staatlicher Unterstützung die Mehrheit erhalten unddie Pfarrhäuser ähnlich besetzen sollte, wie es <strong>vor</strong>her mit den Polizeipräsidiendurch die SA geschehen war. Obwohl gerade aus der protestantischenPfarrerschaft die NSDAP bei den politischen Wahlen wertvolleUnterstützung erhalten <strong>hat</strong>te, setzte sich die Mehrheit der deutschenPfarrer unter der Führung von Pastor Niemöller hiergegen zur Wehr,und der Plan einer einfachen Machtübernahme scheiterte. Auch der mitUnterstützung der Partei fungierende sogenannte Reichsbischof Müller<strong>hat</strong>te kein Glück.“ 115 Martin Niemöller hebt mit Gleichgesinnten einenPfarrernotbund aus der Taufe. Sie möchten die Freiheit des chr<strong>ist</strong>lichenBekenntnisses <strong>vor</strong> der braunen Vereinnahmung schützen und halten ander Einheit von Altem und Neuem Testament fest. 116Der politische Katholizismus und die Katholische Arbeiterbewegung aufder anderen Seite waren bereits <strong>vor</strong> dem <strong>Jahr</strong>eswechsel auf D<strong>ist</strong>anz zu114 Internetquelle 7115 Kordt, S. 34116 Steinbach, S. 16641
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