2009 2010 - SPD
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16 Europa- und Bundestagswahlkampf <strong>2009</strong><br />
Materialsammlung Europawahlkampf <strong>2009</strong> 17<br />
Europa- und Bundestagswahl <strong>2009</strong><br />
Die Grenzen des Wahlkampfs<br />
Von Kajo Wasserhövel<br />
21 und 23: Diese beiden Zahlen stehen für<br />
zwei katastrophale Niederlagen unserer <strong>SPD</strong><br />
im Jahr <strong>2009</strong>. Zahlen, bei denen es nichts<br />
mehr zu interpretieren gibt. Sie lassen keinen<br />
Spielraum für das Übliche. Sie markieren<br />
einen Tiefpunkt von Vertrauen und auch Begeisterung<br />
bei Bürgerinnen und Bürgern für<br />
uns. Sie sind bitter und brutal aber auch aufrichtig<br />
und waren sehr schwer zu verkraften<br />
für viele tausende von uns, die Wahlkampf<br />
gemacht haben.<br />
Diese beiden Zahlen zeigten zum Ende des<br />
Jahres <strong>2009</strong> deutlich, wieviel Arbeit vor der<br />
<strong>SPD</strong> liegt. Ich war in diesem Jahr Bundesgeschäftsführer<br />
und Wahlkampfmanager der <strong>SPD</strong><br />
und die Zahlen sind natürlich auch ein Zeugnis,<br />
das niemand gerne bekommt – auch ich<br />
nicht. Das Problem dabei ist nur: Auch in der<br />
Rückschau fallen mir viele, viele Dinge ein,<br />
die ich falsch gemacht habe oder die auch<br />
hätten besser laufen können. Das Problem ist<br />
nur: Sie erklären diese beiden Zahlen nicht.<br />
Für mich zeigen diese beiden Zahlen und<br />
der Verlauf des Jahres <strong>2009</strong> die Grenzen des<br />
Wahlkampfes. Selber habe ich an 4 Bundestagswahlkämpfen<br />
intensiv teilnehmen können<br />
und ich kann sagen: Wir haben in <strong>2009</strong><br />
mehr Mittel eingesetzt, intensiver geforscht,<br />
geworben, alle Möglichkeiten des Online-<br />
und Offlinewahlkampfs genutzt als in 2005,<br />
2002 oder auch 1998 – geholfen hat es uns<br />
aber nicht. Der Funke sprang nicht über unsere<br />
sozialdemokratische Wagenburg hinaus.<br />
In 299 Bundestagswahlkreisen wurde gekämpft.<br />
Die Kandidatinnen und Kandidaten,<br />
ihre Teams, die Alten und die Jungen. Mit<br />
Leidenschaft, Begeisterung, Kreativität, Argumenten,<br />
Erfahrung, Idealismus – aber die<br />
Bürger blieben auf Abstand. Sie waren skeptisch,<br />
enttäuscht, unsicher, misstrauisch und<br />
manchmal wütend.<br />
Für sehr viele von uns war es wie ein Marathon<br />
in einem Meer aus Watte. Das viele<br />
Warnungen vor schwarz-gelb sich nach der<br />
Wahl bewahrheitet haben, ist nun auch kein<br />
Trost.<br />
Was lernt man aus dem Wahlkampf <strong>2009</strong>?<br />
Jeder und jede von uns wird seine Schlüsse<br />
schon gezogen haben aber ich will ein paar<br />
Dinge ansprechen:<br />
Ein Wahlkampf braucht eine leitende Idee<br />
und die Überzeugung aller dafür in der Partei.<br />
Ist dies da, kann man buchstäblich Berge<br />
versetzen. Diese Idee muss nicht kompliziert<br />
sein und sie muss aus allem sprechen, was wir<br />
im Wahlkampf tun. In 1998 war es Innovation<br />
und Gerechtigkeit und der Wechsel. In 2002<br />
war es eine Grundsatzentscheidung, wer in<br />
der Führungsrolle in Deutschland sein soll in<br />
schwieriger Zeit. In 2005 war es der Kampf<br />
auch um unsere Selbstachtung als Partei.<br />
Der Wahlkampf der Zukunft wird eine neue<br />
Verbindung haben müssen, zwischen zentraler<br />
Arbeit und Dezentralität – nicht nur<br />
über das Netz. Dies muss aufgebaut und<br />
entwickelt werden und bedeutet nicht, dass<br />
die alten Stärken der <strong>SPD</strong> nun nicht mehr gebraucht<br />
werden. Dezentralität und Verlässlichkeit<br />
im Wahlkampf zu verbinden wird die<br />
spannende Herausforderung der nächsten<br />
Jahre sein.<br />
Europa: Wir drohen wieder, schnell zur Tagesordnung<br />
überzugehen. Das Ergebnis bei der<br />
Europawahl war kein Ausrutscher. Die Bedeutung<br />
der europäischen Ebene muss Jahre<br />
vor der nächsten Wahl in der Öffentlichkeit<br />
verankert werden. Wir wissen es ja auch bei<br />
allen anderen Wahlen: Nach der Wahl ist vor<br />
der Wahl und man muss dauerhaft kommunizieren,<br />
damit man gewinnen kann. Wir dürfen<br />
hier nicht weiter die Zeit verplempern.<br />
21 und 23. Wenn wir mit Selbstachtung, Offenheit,<br />
Neugier und vor allem positiv als Gemeinschaft<br />
in die politischen Auseinandersetzungen<br />
der Zukunft gehen, brauchen wir<br />
solche Zahlen nicht mehr zu sehen.<br />
<strong>SPD</strong>-Jahrbuch <strong>2009</strong> • <strong>2010</strong><br />
Die Kampagne zur Europawahl <strong>2009</strong> - Materialsammlung<br />
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