stahlmarkt 3.2016 (März)
Aus dem Inhalt: Steel International / Werkstoffe / Rohre Profile Flansche - wire & Tube 2016 / IT, Digitalisierung / Edelstahl
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18 K Steel International<br />
Volksregierung beharrt auf ihren Vorgaben<br />
Chinas Stahlerzeuger sollen endlich mehr Schrotte einsetzen<br />
Qingdao (kibi). Der lang gehegte Wunsch der chinesischen Regierung<br />
nach mehr Unabhängigkeit setzt auch die heimische Stahlindustrie unter<br />
Druck. Sie soll bei der Stahlerzeugung mehr Schrott anstelle von Roheisen<br />
einsetzen.<br />
Die Abkühlung der chinesischen Konjunktur<br />
wirkt sich negativ auf die heimische<br />
Stahlerzeugung aus. Sie wächst so wenig<br />
wie seit vielen Jahren nicht mehr. Für die<br />
Recyclingindustrie des Landes birgt die Ab -<br />
kühlung aber die Hoffnung auf eine nachhaltige<br />
Belebung des Geschäftes. Schließlich<br />
strebt die Zentralregierung nach größerer<br />
Unabhängigkeit und fordert alle Unternehmen<br />
auf, Rohstoffe nicht länger zu vergeuden<br />
und wiederverwertbare Materialien<br />
verstärkt einzusetzen.<br />
Präsident Xi Jinping will, dass die chinesische<br />
Wirtschaft in absehbarer Zeit nicht<br />
mehr auf Rohstofflieferungen anderer Länder<br />
angewiesen ist. Alle Branchen – von der<br />
Landwirtschaft bis zur Stahlerzeugung –<br />
müssen sich seinem Diktat beugen. Aktuell<br />
setzen die chinesischen Stahlerzeuger aber<br />
noch äußerst wenig Schrott ein und greifen<br />
lieber auf billiges Roheisen zurück. Dieser<br />
Trend dürfte sich noch geraume Zeit fortsetzen,<br />
da die Unternehmen keine finanziellen<br />
Vorteile vom vermehrten Schrotteinsatz<br />
haben.<br />
Nach vielen Jahren ungestümen Wachstums<br />
entwickelt sich die Stahlindustrie Chi -<br />
nas nun etwas weniger rasant weiter. Die<br />
Rücknahme des Tempos erfolgt aber in so<br />
kleinen Schritten, dass der Verfall der Preise,<br />
den die hohen Überkapazitäten verursacht<br />
hatten, noch nicht gestoppt ist. Immer mehr<br />
Stahlerzeuger verzeichnen hohe Gewinneinbußen.<br />
Andere sind bereits in die roten Zahlen<br />
gerutscht.<br />
Eisenerz ist günstiger<br />
als Metallschrott<br />
Auch die Preise für Metallschrotte sinken in<br />
China. Zum einen, weil der Bedarf zurückgeht,<br />
zum anderen, weil immer mehr<br />
Schrott auftaucht – als Resultat der angeordneten<br />
Sammelleidenschaft im Inland. Die<br />
Stahlschrottimporte gingen indes zurück.<br />
Nach Angaben des Verbandes chinesischer<br />
Schrottverwender fiel der Schrotteinsatz<br />
im Jahr 2014 auf 10,7 % nach 22,7 %<br />
im Jahr 2000. Dementsprechend sank der<br />
Anteil des in elektrischen Lichtbogenöfen<br />
erzeugten Stahls von 11,7 % im Jahr 2005<br />
auf 7 % im Jahr 2013. Der Grund liegt auf<br />
der Hand: Im Vergleich zum Eisenerz blieben<br />
die Schrottpreise relativ hoch. Dies lag an<br />
den äußerst günstigen Eisenerzimporten aus<br />
Australien, der steigenden Eisenerzerzeugung<br />
im eigenen Land sowie hohen Zöllen<br />
auf Schrotte. So wundert es nicht, dass<br />
Chinas Importanteil am weltweit handelbaren<br />
Eisenerz von 20 % im Jahr 2005 auf<br />
43 % im Jahr 2014 stieg. Im Gegenzug fielen<br />
die Schrottimporte von 11 % auf 4,7 %.<br />
Für die Regierung ist dies ein unhaltbarer<br />
Zustand. Sie plant, dass China bis zum Jahr<br />
2030 rd. 30 Mrd. t Schrott angehäuft hat<br />
und die Abhängigkeit von Eisenerzeinfuhren<br />
extrem reduziert. Im Jahr 2020 sollen die<br />
großen Stahlerzeuger des Landes mindestens<br />
20 % Schrott einsetzen, fünf Jahre später<br />
bereits 25 %. Dies gelingt nach Einschätzung<br />
von Branchenexperten aber nur unter<br />
der Voraussetzung, dass China weiterhin<br />
pro Jahr rd. 800 Mill. t Stahl erzeugt und<br />
auch weiterhin Schrott einführt – trotz der<br />
steigenden Ausbeute im eigenen Land.<br />
Recyclingindustrie muss<br />
höheren Beitrag leisten<br />
Um den Schrotteinsatz zu steigern, bedarf<br />
es weiterer Voraussetzungen. So fordert der<br />
chinesische Metallschrottverband beispielsweise,<br />
dass das Recyclieren von Fahrzeugen<br />
ausgebaut wird. Zwar gibt es bereits viele<br />
Recyclingbetriebe in China, gemessen an<br />
der Zahl der gekauften Neuwagen reicht<br />
dies aber nicht aus. Rd. 50 % aller aus dem<br />
Verkehr gezogenen Fahrzeuge werden nach<br />
Angaben des Fahrzeugrecyclingverbandes<br />
nicht in offiziellen Betrieben zerlegt. Ihre<br />
Rohstoffe tauchen aber auf illegalen Wegen<br />
wieder auf dem Markt auf. Hierfür gibt es<br />
drei Gründe. Erstens wirken sich die geringen<br />
Stahlschrottpreise lähmend auf das<br />
Wiederverwerten von Fahrzeugen aus,<br />
zweitens werden in China kaum gebrauchte<br />
Kfz-Teile nachgefragt und fallen als Einnahmequelle<br />
für die Recyclierer aus und drittens<br />
unterliegt die Industrie einer Mehrwertsteuer<br />
von 17 %. Das ist weitaus mehr als in<br />
vielen anderen Ländern.<br />
Außerdem fürchten die Metallrecyclierer<br />
des Landes die Konkurrenz von kleinen und<br />
mittleren Stahlerzeugern, die lokalen Behörden<br />
oder privaten Unternehmern gehören.<br />
Diese vom Verband als Schurken bezeichneten<br />
Erzeuger umgehen die Mehrwertsteuervorschriften<br />
und kaufen Schrott zu geringeren<br />
Preisen. Außerdem kümmern sie sich<br />
nicht um die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften.<br />
Für die offiziellen Recyclingbetriebe<br />
bleibt nur wenig Schrott übrig, der<br />
dann teuer bezahlt werden muss.<br />
Dieser Konflikt ist nicht neu. Bereits seit<br />
vielen Jahren beklagen die großen Stahlerzeuger<br />
die unfairen Handelspraktiken ihrer<br />
kleinen Mitbewerber. Seit eben diesen Jahren<br />
will die Regierung den Missstand beseitigen,<br />
hat es aber bis heute nicht geschafft.<br />
Weder der Verband der Stahl- und Eisenindustrie<br />
noch die Recyclierer glauben an eine<br />
baldige Veränderung.<br />
K<br />
kibi(Jp)/mh/SE/ (sm 160102702)<br />
<strong>stahlmarkt</strong> 0<strong>3.2016</strong>