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Hotel S<strong>ch</strong>weizerhof Interlaken 5. Der S<strong>ch</strong>weizerhof als Vertreter der Hotelar<strong>ch</strong>itektur der 1850er Jahre<br />
und klassizistis<strong>ch</strong>er Klarheit, meist unter Sattelda<strong>ch</strong>, mit breiten Veranden,<br />
Balkonen oder Lauben und grossen Fenstern. Prägend ist aber vor allem eine<br />
filigrane Laubsägezier in Giebelfeldern, Ortladen, Konsolen oder Dekorbrettern,<br />
wel<strong>ch</strong>er eine gewisse Zweidimensionalität anhaftet. Die starke Verbreitung des<br />
S<strong>ch</strong>weizer Holzstils und seine häufige Anwendung in der Hotelar<strong>ch</strong>itektur<br />
ma<strong>ch</strong>en es nötig, die Hintergründe seiner Entstehung und seine Bezüge zum<br />
Tourismus zu erläutern. Christina Horisberger verweist in ihrer Arbeit über die<br />
Rezeption des Chalets im 19. Jahrhundert auf die Export- und Importmerkmale,<br />
mit wel<strong>ch</strong>en die Entstehung des Baustils verbunden ist (72).<br />
5.2.1 Das S<strong>ch</strong>weizerhaus als Exportartikel<br />
Im Zuge der Staatswerdung und der damit verbundenen Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong><br />
aussagekräftigen Ar<strong>ch</strong>itekturformeln für den National<strong>ch</strong>arakter erwa<strong>ch</strong>te in der<br />
S<strong>ch</strong>weiz gegen Mitte des 19. Jahrhunderts ein neues Interesse am<br />
S<strong>ch</strong>weizerhaus und dem traditionellen, ländli<strong>ch</strong>en Holzbau. 1853 notierte der<br />
Genfer Ar<strong>ch</strong>itekt Jacques Bro<strong>ch</strong>er in einem Preisauss<strong>ch</strong>reiben der Genfer École<br />
des Beaux-Arts über die s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Ar<strong>ch</strong>itekturges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te:<br />
„Style Helvétique. Il faut le <strong>ch</strong>er<strong>ch</strong>er non dans les Villes, mais au-delà des<br />
Monts, mais dans les hautes Alpes. Chalet. Son fronton qui rappelle le fronton<br />
du temple grec, sans l’avoir copié. Vrai Style. Style complet, construction et<br />
décoration.“ (73)<br />
Bro<strong>ch</strong>er hatte in den S<strong>ch</strong>weizer Alpen die Antike entdeckt und stand mit dieser<br />
pathetis<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>tweise ni<strong>ch</strong>t alleine, wel<strong>ch</strong>e das ländli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>weizerhaus, das<br />
Chalet, zum Vorbild für eine natürli<strong>ch</strong>e Behausung in einer romantis<strong>ch</strong>en<br />
Lands<strong>ch</strong>aft und damit zum Sinnbild einer idealistis<strong>ch</strong>en Ar<strong>ch</strong>itektur stilisierte. Die<br />
Hintergründe dafür liegen in der ideellen Entwicklung des „S<strong>ch</strong>weizerhauses“.<br />
Die Begeisterung für den Alpenraum und das typis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>weizerhaus, womit<br />
meist das Berner Oberländerhaus, das Chalet, gemeint war, war bereits im 18.<br />
Jahrhundert dur<strong>ch</strong> die Werke von S<strong>ch</strong>eu<strong>ch</strong>zer, Haller und Rousseau erwa<strong>ch</strong>t,<br />
wel<strong>ch</strong>e den Topos des naturverbundenen, bedürfnislosen Lebens in<br />
unberührter, überwältigender Bergwelt generierten (74). Der Wuns<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong><br />
ländli<strong>ch</strong>er Idylle manifestierte si<strong>ch</strong> im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts in den<br />
Lands<strong>ch</strong>aftsgärten europäis<strong>ch</strong>er Fürstenhöfe, wo „Chalets“, „Va<strong>ch</strong>eries“ oder<br />
„Sennereien“ na<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>em, besonders au<strong>ch</strong> bernis<strong>ch</strong>em Vorbild<br />
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