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Der Spiegel Magazin No 32 vom 04. August 2018

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SPIEGEL TV WISSEN<br />

SONNTAG, 5. 8., 20.15 – 21.00 UHR | SKY UND<br />

BEI ALLEN FÜHRENDEN KABELNETZBETREIBERN<br />

Das E-Auto der Zukunft<br />

Elektrofahrzeuge sind effizient,<br />

benötigen aber bei der Herstellung<br />

viel Energie. Stammt diese über -<br />

wiegend aus Kohle, Öl und Gas,<br />

Ingenieure in Elektrobus<br />

haben E-Au tos nur einen geringen<br />

ökologischen Vorteil gegenüber<br />

Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.<br />

Wissenschaftler suchen daher in -<br />

tensiv nach Rohstof fen aus sauberen<br />

Quellen.<br />

SPIEGEL TV<br />

MONTAG, 6. 8., 23.25 – 0.00 UHR | RTL<br />

Hoch im <strong>No</strong>rden, ganz unten – Alltag<br />

im Problemviertel Kiel-Mettenhof;<br />

Tod durch Unterlassen – Ein Rockermord<br />

wird zum Polizeiskandal.<br />

Hochhäuser in Kiel-Mettenhof<br />

SPIEGEL GESCHICHTE<br />

MITTWOCH, 8. 8., 21.00 – 21.45 UHR | SKY<br />

Die Macht der Technik – Rasante<br />

Geschwindigkeiten, Teil 1<br />

Für viele Menschen ist es ihr liebster<br />

Zeitvertreib, für andere lediglich<br />

ein Fortbewegungsmittel: das Automobil.<br />

Über 45 Mil lionen Exemplare<br />

sind allein in Deutschland zugelassen.<br />

Die Dokumentation beschäftigt<br />

sich mit der Geschichte des Auto -<br />

mobils – von den ersten motorisierten<br />

Gefährten bis hin zur modernen<br />

Luxuskarosse – und zeigt, wie Autos<br />

unser Leben verändert haben.<br />

BAVARIAONE FILM & FERNSEHPROD.<br />

SPIEGEL TV<br />

besetzung für besondere Abteilungstypen<br />

auszuhandeln – von der Kardiologie bis zur<br />

Intensivmedizin. Ein Denkfehler, urteilt<br />

SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach: »Weder<br />

Kliniken noch Kassen haben ein Interesse<br />

an Personaluntergrenzen, weil das für<br />

sie höhere Ausgaben bedeuten würde.«<br />

Nach einem Jahr, 16 offiziellen Verhandlungstagen,<br />

5 großen Runden, 5 Kamingesprächen<br />

und 3 Krisensitzungen im Ministerium<br />

zerstritten sich Kliniken und Kassen<br />

über eine Minimallösung. Die Kliniken gestanden<br />

lediglich zu, dass jene zehn Prozent<br />

der Häuser mit der schlechtesten Ausstattung<br />

ihre Stellen aufstocken müssen.<br />

Die Kassen halten das für zu wenig. Als<br />

die Gespräche Ende Juli scheiterten, dachte<br />

der Minister um. »Jens Spahn macht sich<br />

jetzt die Forderungen der SPD zu eigen«,<br />

frotzelt SPD-Politiker Lauterbach.<br />

Einmal noch wird Spahn die Beteiligten<br />

zum Gespräch bitten. Scheitert es, will er<br />

selbst eine Untergrenze<br />

für die sensiblen Ab -<br />

teilungen festlegen. Neu<br />

aufgenommen in sein<br />

Pflegegesetz hat er den<br />

Passus, dass es ab 2020<br />

auch eine generelle gesetzliche<br />

Untergrenze<br />

geben soll – für alle Abteilungen<br />

mit Betten.<br />

Allerdings steckt in<br />

jeder Untergrenze ein<br />

Dilemma. Sie definiert<br />

nur ein Mindestmaß,<br />

unterhalb dessen »eine<br />

patientengefährdende<br />

Versorgung« in Kauf genommen<br />

wird, wie es in<br />

der Gesetzesbegründung<br />

heißt. Sie legt jedoch keinen<br />

Standard für gute<br />

Pflegekräfte<br />

je Krankenhausbett<br />

Dänemark<br />

USA<br />

Schweiz<br />

Österreich<br />

Frankreich<br />

Deutschland<br />

Ungarn<br />

Pflege fest. Was aber geschieht, wenn bislang<br />

gut ausgestattete Kliniken ihr Personal<br />

nun auf die Untergrenze senken?<br />

Die Ursache für den Pflegenotstand<br />

liegt im System. Die Länder geizen mit<br />

Investitionen, und seit 2003 werden die<br />

Klinikleistungen über Fallpauschalen vergütet.<br />

Für jede Hüft-OP beispielsweise<br />

gibt es seither in etwa gleich viel Geld –<br />

egal, wie lange der Patient bleibt und wie<br />

gut er versorgt wird. Es lohnt sich daher,<br />

viele Ärzte zu beschäftigen, die viel operieren.<br />

Es lohnt sich dagegen nicht, viele<br />

Pflegekräfte einzustellen. Sie schmälern<br />

den Gewinn. Vor allem seit es diese Fehlanreize<br />

gibt, klagen Pfleger über Überforderung.<br />

Damit beginnt ein zweiter Teufelskreis:<br />

Weil die Arbeit unattraktiver wird, steigen<br />

Pflegekräfte aus dem Job aus. Umso größer<br />

wird der Druck für die anderen. Auch<br />

im Helios Klinikum Siegburg stecken die<br />

Beschäftigten in dieser Spirale: »Die verbleibenden<br />

Pflegefachkräfte müssen das<br />

3,2<br />

2,3<br />

1,5<br />

0,9<br />

0,9<br />

0,6<br />

0,5<br />

gewollt steigende Patientenaufkommen<br />

trotzdem irgendwie bewältigen«, sagt Betriebsratschef<br />

Georg Rakel. Er nennt es<br />

»Geschäftsmodell zur Gewinnmaximierung<br />

für alle Krankenhausbetreiber«.<br />

Das Helios Klinikum erklärt, es bedauere<br />

»den personellen Engpass im Februar<br />

<strong>2018</strong>«. Man habe »vollstes Verständnis«<br />

für die Kollegin, die sich mit der »Ausnahmesituation«<br />

überfordert gesehen habe.<br />

Wegen der Grippewelle seien viele Mit -<br />

arbeiter ausgefallen, gleichzeitig wurden<br />

<strong>No</strong>tfallpatienten eingeliefert, die »aufgrund<br />

der angespannten Versorgungslage«<br />

nicht an andere Kliniken verlegt werden<br />

konnten. Helios bedauere auch, den eigenen<br />

Ansprüchen »in dieser Nacht« nicht<br />

genügt zu haben, Sterbenden ein »würdevolles<br />

Umfeld« zu ermöglichen. Allerdings<br />

habe man die Tote nicht in eine Abstellkammer<br />

geschoben, sondern in einen »stationsnahen<br />

Behandlungsraum«.<br />

Auch das Klinikum in<br />

Siegburg könnte bald<br />

Quelle: OECD;<br />

2015, Vollzeitäquivalent<br />

mehr Geld für die Pflege<br />

erhalten. Die Bundesregierung<br />

will das System<br />

der Fallpauschalen nun<br />

reformieren. Von 2020<br />

an bekommen die Kliniken<br />

den Einsatz von<br />

Krankenpflegern wieder<br />

gesondert bezahlt.<br />

Allerdings bleibt ein<br />

Problem, das sich so<br />

schnell nicht lösen lässt:<br />

<strong>Der</strong> Arbeitsmarkt ist leer<br />

gefegt. Nach Statistiken<br />

der Bundesagentur für<br />

Arbeit sind 11 000 Krankenpflegestellen<br />

unbesetzt.<br />

Wie aber sollen Kliniken<br />

Abteilungen aufstocken,<br />

wenn sie kein Personal finden?<br />

Im schlimmsten Fall müssen Abteilungen<br />

geschlossen werden. Das könnte die unausweichliche<br />

Konsequenz der Personaluntergrenzen<br />

sein. Man muss darüber<br />

nicht traurig sein. In Deutschland herrscht<br />

ein Überangebot an Klinikbetten, und<br />

nicht jedes Krankenhaus versorgt seine<br />

Patienten gut genug. Wenn nur die besten<br />

Kliniken überleben, hätte ein dirigistisches<br />

Gesetz am Ende paradoxerweise doch die<br />

Marktkräfte gestärkt.<br />

Am Morgen nach ihrem Dienst findet<br />

die Schwester in Siegburg keinen Schlaf.<br />

Sie ist aufgewühlt, weil sie Sterbende »gezwungenermaßen«<br />

allein lassen musste,<br />

wie sie in ihrem Bericht schreibt. »Ich wurde<br />

mir immer unsicherer, ob ich zumindest<br />

alles <strong>No</strong>twendige getan habe, um eine<br />

Schädigung von Patienten zu vermeiden.«<br />

Die Pflegerin hat Konsequenzen aus<br />

dieser Nacht gezogen. Sie hat gekündigt.<br />

Cornelia Schmergal<br />

30 DER SPIEGEL Nr. <strong>32</strong> / 4. 8. <strong>2018</strong>

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