Der Spiegel Magazin No 32 vom 04. August 2018

DENNIS WILLIAMSON / DER SPIEGEL
D
as erste Wort seines Lebens war
»Auto«. Sagt Christian Lindner.
Er steht vor seiner Wohnung in
Düsseldorf, in der rechten Hand
eine Fernbedienung. Vor ihm hebt sich
langsam die Garagentür. »Wir können ja
gleich ein bisschen fahren.«
Man kann sein Auto noch nicht sehen,
aber man weiß über sein Auto schon mehr,
als man je über sein eigenes Auto wusste:
ein Porsche 911 SC, schwarze Karosserie,
schwarze Felgen, schwarze Innenausstattung,
ein »Klassiker des Automobilbaus«,
wie er sagt, Baujahr 1982, 180 PS, sechs Zylinder,
drei Liter Hubraum, sieben Sekunden
von null auf hundert, 225 Stundenkilometer
Höchstgeschwindigkeit, ein Auto wie ein
ganzer Mann. »Ich habe den alten amerikanischen
Meilen- durch einen neuen Kilo -
metertacho ersetzen lassen«, sagt Christian
Lindner, »seitdem bin ich 1289 Kilometer
gefahren.« Er muss nicht nachschauen, er
kennt die Zahl bis auf den Kilometer.
Er lässt den Motor an.
»Gut, ne?«, sagt Christian Lindner.
Er steigt aus. Der Motor läuft weiter.
Lindner öffnet die Heckklappe, damit
man den laufenden Motor sehen kann.
»Luftgekühlt«, sagt er.
Lindner ist jetzt 39 Jahre alt. In ruhigen
Momenten durchforstet er Online-Gebrauchtwagenbörsen
wie Mobile.de oder
Autoscout24.com, um sich »alte Schönheiten«
anzusehen. Er nennt das die Faszination
für das »automobile Kulturgut«, eine
Leidenschaft, die ihn nicht loslässt. Zu
jeder Phase seines Lebens kann er eine
Autogeschichte erzählen.
Als er ein Kleinkind war, bekam er sein
erstes Matchbox-Auto geschenkt.
Als er zur Grundschule ging, spielte er
Auto-Quartett.
Als er Gymnasiast war, las er seine ersten
Autozeitschriften, die »Motor Klassik«, die
»Auto Bild« und natürlich die »Auto Motor
und Sport«, die er bis heute abonniert hat.
Als Jungunternehmer, mit 18, kaufte er
sich sein erstes Auto von seinem ersten
selbst verdienten Geld, einen BMW 318 is.
Und schließlich, mit 20, als Mitglied des
FDP-Landesvorstands, seinen ersten Porsche
911.
Es ist jetzt sein fünfter 911er.
Christian Lindner macht gern Dinge, die
richtige Männer machen. Er besitzt einen
Sportbootführerschein, ein Funkzeugnis
und eine deutsche Rennfahrerlizenz. Vor
wenigen Wochen hat er in Mecklenburg-
Vorpommern einen Jagdschein erworben
und kann jetzt überall auf die Jagd gehen.
Für fast jede Form männlicher Freizeitbeschäftigung
hat er inzwischen eine Lizenz.
In seinem Leben als Politiker kennt man
ihn als einen, der gern Schnellster sein will.
Mit 17 war er Vorstandsmitglied der Jungen
Liberalen in NRW, mit 19 Mitglied des
nordrhein-westfälischen FDP-Landesvor-
DER SPIEGEL Nr. 32 / 4. 8. 2018
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